Geliebte des Blitzes
bisschen beleidigt, weil sie nicht in das große Geheimnis eingeweiht worden war. Doch sie überwand ihren Ärger sehr schnell. Immerhin arbeitete sie lange genug in der Branche, um zu wissen, dass bei einem Spionagedienst nichts grundlos geschah. Und Dev würde sicher keinen Mist bauen, nur so zum Spaß.
»Was braucht er?«
Dev erklärte ihr die Situation. Danach verstand sie, warum Geheimhaltung notwendig war.
»Also tappe ich da im Grunde völlig blind hinein in die Sache?«
»Tut mir leid, aber Wyatt hat noch nicht herausgefunden, wer es auf die Grundplatine für die Wettermaschine abgesehen hat oder wo der Austausch stattfinden wird. Vorher weiß ich nur, dass du nach Dublin fliegen musst. Nach deiner Ankunft dort dürfte ich etwas mehr Informationen haben. Jedenfalls musst du im Hintergrund agieren, niemand darf dich erwischen. Du musst die Agentin herbringen, mit der Wyatt zusammen ist. Wenn er’s nicht schafft.«
»Was heißt das? Wenn er’s nicht schafft ?«
»Vielleicht ist er ein bisschen zu sehr engagiert – emotional. «
»Was, Wyatt?« Annika verdrehte die Augen. »Niemals. «
»So oder so, mach dich auf alles gefasst. Und greif nur ein, wenn’s nötig ist. Alles klar?«
»Völlig klar. Wie viel Zeit bleibt mir noch? Ich muss was mit Creed besprechen.«
»Wie viel Zeit brauchst du?«
Schweren Herzens gestand sie sich die Angst ein, die Dinge könnten sich diesmal nicht zum Guten wenden. Schon vorher war ihr Widerstreben, eine engere Bindung mit Creed einzugehen, ein strittiger Punkt und ihre Freundschaft mit Dev stets ein heikles Thema gewesen. Und jetzt wuchs das Problem mit jedem Mal, wenn nur sein Name erwähnt wurde.
Nun war Creed einfach weggelaufen, und das konnte nur eins bedeuten – das Problem hatte ein solches Ausmaß erreicht, dass sie es nicht länger ignorieren durfte.
Creed war an seine Grenzen gekommen. Noch schlimmere Qualen würde er nicht verkraften.
Die Augen voller Tränen, schluckte sie mühsam. »Ich – ich glaube, ich brauche keine Zeit. Lass das Flugzeug bereitstellen. «
»Du musst eine Entscheidung treffen, nicht wahr?«
Weil ihre enge Kehle keinen Laut hervorbrachte, nickte sie nur.
»Wenn du abreist, ohne mit Creed zu reden, bedeutet das, dass du sie wahrscheinlich bereits getroffen hast. Richtig?« Die Hände auf ihren Schultern, schaute Dev ihr in die Augen. »Du brauchst ihn.«
»Dich auch«, wisperte sie.
»Ich gehe nirgendwohin«, versicherte er. »Aber vielleicht solltest du dich in Zukunft eher auf Creed verlassen. « Er wandte sich ab. Auf die Theke gestützt, starrte er durch das Küchenfenster. »O Gott, das hätte ich schon längst tun müssen«, murmelte er so leise, dass sie die Worte kaum verstand. »Erinnerst du dich? Vor ein paar Monaten ließ ich meine Türschlösser auswechseln – nicht weil ich dich vor den Ereignissen in meinem
Leben schützen wollte, sondern weil ich es nicht mehr ertragen habe, dass du nach Belieben ein- und ausgegangen bist.«
»Blödsinn.«
Er seufzte. »Für alles, was du für ACRO und mich getan hast, bin ich dankbar. Aber ich brauche meinen Freiraum, Annika. Du kannst nicht ständig hier auftauchen oder in mein Büro stürmen. Von jetzt an wirst du Termine vereinbaren. So wie alle anderen.«
So wie alle anderen.
Unfähig zu begreifen, was er da sagte, starrte sie ihn an. Aus einem ersten Impuls heraus wollte sie ihm in den Hintern treten. Stattdessen erinnerte sie sich an alles, was sie mit Dev und Creed erlebt hatte. Dev hatte sie gewaltsam von ihrem früheren Leben befreit – einem Leben voller Zorn und Rachsucht, in dem sie wenig mehr gewesen war als ein wildes Tier. Er hatte große Geduld bewiesen, sie niemals aufgegeben, bis sie schließlich die Kurve kriegte. Dev war es, der ihr die Chance auf ein richtiges Leben verschafft hatte.
Auch Creed hatte endlose Geduld bewiesen. Langsam und geduldig hatte er einen Platz in ihrem Herzen erobert. Ein Leben ohne ihn konnte sie sich nicht mehr vorstellen. Er hatte ihr gezeigt, was Liebe ist. Nachdem sie dazu erzogen worden war, gar nichts zu empfinden.
Mit Devs Hilfe hatte sie ein annähernd echtes Leben kennengelernt. Und Creed hatte es vervollständigt.
Damit gewann sie eine beklemmende Erkenntnis. So sehr sie Dev auch liebte – Creed war die Liebe ihres Lebens. Und sie hatte ihn auf dem Abstellgleis schmoren
lassen. So schrecklich hatte sie alles vermasselt. Und das konnte sie diesmal nicht ihrer mangelnden Beziehungserfahrung anlasten. Auch weder
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