Geliebte des Blitzes
»Dieses Kräftemessen hat keinen Zweck.«
»Dann lass mich los.«
»Und dann? Wirst du mir ständig auf Schritt und Tritt folgen, obwohl du ML gesagt hast, seine Männer sollen mich bewachen?« Bloß eine Vermutung, aber an Waytts Stelle hätte sie diese Maßnahme ergriffen. »Ich fühle mich nicht gern wie eine Gefangene.«
»Trotzdem hältst du mich gefangen?«
Achselzuckend ließ sie ihn los. »Was jetzt?«
Sein harter Körper presste sie blitzschnell an die Wand, seine starken Hände packten ihre Schultern. »Mal sehen, wie dir das gefällt.«
»Was?«
»Wenn du dich verletzlich fühlst.«
Lachend schüttelte sie den Kopf. »Ich könnte dich jederzeit …«
»Töten, ja, ja, mit deiner Geisteskraft. Bla, bla, bla.« Eine seiner Hände berührte ihre Kehle, und sie glaubte zunächst, er wollte ihr drohen, sie zu erdrosseln. Stattdessen strich sein Daumen über ihr Halsband. »Sag mir, was du versteckst, Faith.«
»Was ich verstecke?«
Langsam neigte er sich zu ihr, sein Mund streifte ihr Ohr. »Unter dem Halsband.«
Die Schwerkraft zerrte an ihr. Hätte Wyatts Körper sie nicht festgehalten, wäre sie auf die nassen Fliesen hinabgesunken. »Keine Ahnung, wovon du redest.«
»Wie bist du dazu gekommen, Geheimagentin zu werden?« Sein Daumen spielte immer noch mit dem Stoffstreifen, und sie musste sich auf ihren Atem konzentrieren.
»Du lügst nämlich, dass sich die Balken biegen. «
Also log sie, dass sich die Balken biegen … Eine schlimmere Beleidigung gab es wohl kaum. In einer Reihe mit »Du bist eine miserable Schützin«. Oder so was wie: »Du ragst aus jeder Menschenmasse heraus.« Oft genug hing ihr Leben von ihrer Fähigkeit ab, glaubhaft zu lügen. Aber in Wyatts Nähe schien sie zu vergessen, wie man das anfing. Nur selten unterlief ihr sonst ein Fehler. Nicht einmal Sean, der sie besser gekannt hatte als sonst jemand, war imstande gewesen, hinter ihre Fassade zu blicken. Die hatte Wyatt durchbrochen, und nun fühlte sie sich schwach und ausgeliefert.
Ihre zitternde Stimme demütigte sie noch zusätzlich. »Fahr zur Hölle.«
»Dort war ich schon. Erzähl mir, was du verbirgst.«
»Nichts«, murrte sie, zwängte ihre Hände zwischen ihren und seinen Körper und versuchte ihn wegzuschieben.
Doch er rührte sich nicht von der Stelle. »Offenbar muss ich’s auf die harte Tour machen«, sagte er und zerriss das Halsband.
Instinktiv griff sie nach oben, um ihre Kehle zu bedecken, und konnte kaum Luft holen. Wyatt umklammerte ihre Handgelenke.
»Lass mich los!« Verzweifelt wehrte sie sich, stieg auf einen seiner Füße, hob ein Knie und wollte es zwischen seine Schenkel rammen. Aber er presste sich an sie und hinderte sie daran, größeren Schaden anzurichten.
»Hör auf, Faith!«
Das Kinn gesenkt, verbarg sie ihren Hals. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen Wyatt, zu entnervt für einen Versuch, ihre biokinetische Macht einzusetzen. Er hatte sie eines ihrer Schutzschilde beraubt, und sie war verletzlich, genauso, wie er es angekündigt hatte.
»Elender Bastard!«, schrie sie. Immer hektischer und bösartiger bekämpfte sie ihn. Obwohl er ihre Handgelenke eisern umfasste, rammte sie ihm die Faust gegen das Kinn und kratzte seine Wange blutig.
»Verdammt«, keuchte er. »Was stimmt denn nicht mit dir? Autsch!« Dann ging er auf Risiko und löste seine Finger von ihrem linken Arm, packte sie beim Haar und zog ihren Kopf nach hinten, um ihren Hals zu entblößen. Erschrocken riss er die Augen auf. »Oh, mein Gott.«
»Lass mich los!«
Das tat er, dann trat er zurück. Aber was sie abzuwenden versucht hatte, war geschehen. Vorerst konnte sie sich nicht bewegen. Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an, doch sie hob eine Hand und verdeckte ihre Kehle.
»Was ist passiert?«, fragte er leise.
Bis ihr ihre Stimme wieder gehorchte, dauerte es eine Weile. Sie zitterte und fröstelte, trotz des heißen Dampfs in der Duschkabine. Schließlich blickte sie auf und sah einen Mann, der sie voller Sorge beobachtete. Einen Mann, in den sie sich verlieben könnte – einen Mann, der sie töten würde, wenn ACRO ihn dazu aufforderte.
»Ich habe meine Deckung vernachlässigt«, flüsterte sie, »und dem falschen Mann vertraut.«
Und damit rannte sie davon.
FAITH STARRTE DAS KLEIDERBÜNDEL AN, das ML auf ihr Bett gelegt hatte, während sie mit Wyatt in der Duschkabine gewesen war. Immer noch triefnass, schnappte sie mühsam nach Luft. Vor lauter Eile hatte sie ihren Bademantel in Wyatts Zimmer
Weitere Kostenlose Bücher