Geliebte des Blitzes
umso sturer.« Faiths Energie tastete über seine Aura und drang mühelos durch die zerstörte Barriere ein. Sobald sie sein Gehirn erreichte, wurde er ganz steif.
»Hör auf!«, murrte er. Doch sie ignorierte seine Worte und bahnte sich verschiedene Wege durch seinen Hippocampus.
»Geh zurück zu jener Szene, Wyatt, zu der Stelle, wo dein Dad dir gestand, er habe deine Mom getötet.«
Wyatt verfluchte sie. Aber er schloss die Augen. Unter den gesenkten Lidern bewegten sich die Augäpfel,
als würde er die Ereignisse wie einen Film verfolgen. »Der Hurensohn lachte einfach nur. Und er kam mit dem Mord davon.« Er runzelte die Stirn. »Und er sagte – Scheiße! Er sagte, ich sei ein Unfall, der nicht hätte passieren dürfen. Nur ein einziger seiner Söhne sei was wert gewesen – der bei meiner Geburt starb. Tim.«
»Was hast du getan?«
An seiner Hüfte ballten sich seine Hände zu Fäusten. »Natürlich war ich stinksauer.« Er schluckte und öffnete den Mund, als wäre er von etwas überrascht. »Plötzlich flogen alle möglichen Dinge herum. Mein Dad nahm eine Pistole von seinem Schreibtisch und – oh, verdammt .«
»Was ist geschehen, Wyatt?«
Abrupt öffnete er die Augen und setzte sich auf, so schnell, dass er beinahe vom Bett fiel. »Er begann zu würgen. O Gott, sein Gesicht färbte sich blau, und die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Er griff sich an die Kehle, und ich stand einfach nur da und schaute zu. Dann brach er zusammen. Ich glaube – ich dachte, er wäre tot. In diesem Moment rannte ich weg.« Wyatt strich sich über das Gesicht. »Sonst erinnere ich mich an nichts. O Gott, habe ich ihn am Ende umgebracht? «
In seinen Augen konnte sie Reue, Verwirrung und tiefen Schmerz lesen. Besänftigend nahm sie seine Hand, und er zuckte zusammen, als hätte ihn die Berührung verwirrt. »Schon gut.«
»Gut?«, wiederholte er ungläubig. » Gut? Wie zum Teufel konnte ich das getan haben?«
»Keine Ahnung. Wenn du’s getan hast, würde es deinen Gedächtnisschwund erklären. Eine andere Macht, die sich so nachhaltig manifestiert – wow, es könnte traumatisch gewesen sein.« Und – oje, wenn er zusätzlich zu seiner außergewöhnlich starken Telekinese auch noch biokinetische Fähigkeiten besäße … »Wyatt? Jetzt werde ich dein Großhirn und den Neocortex erforschen, den stammesgeschichtlich jüngsten Teil der Großhirnrinde. Das sind deine spirituellen Zentren, und ich will sehen, was drinsteckt.«
Sein Blick hielt ihren fest. Einen Moment lang glaubte sie, er würde sich weigern. Aber schon im nächsten Augenblick nickte er langsam. Mühelos fand sie sein telekinetisches Zentrum. Dieser Teil des Gehirns glich einer Landkarte, die sie sich vorstellen konnte. Wie Wissenschaftler herausgefunden hatten, nutzten die Menschen nur zehn Prozent ihrer Gehirne und die spirituell begabten zwanzig, speziell talentierte sogar bis zu dreißig. Wyatts Telekinese-Zentrum breitete sich wie ein Feld in seinem Gehirn aus und nahm über dreißig Prozent der Materie ein.
Erstaunlich. Faith suchte den Teil, der seine Sexualität beherbergte und auf die von seinen Eltern geerbten Gene hinweisen könnte. Seltsamerweise fand sie ihn nicht. Sie erweiterte ihr Suchfeld, surfte durch Zellen und Nerven, folgte neuronalen Pfaden – und entdeckte ein Energiefeld, das möglicherweise den sexuellen Output bewirkte. Zunächst erschien es ihr wie eine separate kleine Insel inmitten ungenutzter Gehirnmaterie. Aber bei genauerer Betrachtung stieß sie auf einen Zellenstrang, der mit einem Bereich verbunden war, zu dem ihr der Zugang verwehrt wurde. Ein unsichtbarer Schild
trennte einen Großteil seines Gehirns ab und ließ sich nicht durchdringen.
Die Augen geschlossen, konzentrierte sie sich, ihre mentale Kraft fahndete nach Lücken. Die Energie, die den Schild umgab, kam ihr bekannt vor, vibrierte in einer Frequenz, die ihrer eigenen glich, und ihr Puls ging schneller. Ganz eindeutig, Wyatt war ein ungewöhnlich starker Biokinetiker. O Gott, wenn er diesen Teil seines Gehirns nutzte, würde er über ein fast grenzenloses Potenzial verfügen.
Sie stieß gegen den Wall, der diese Macht abschirmte. Immer energischer – bis Wyatt aufschrie und die Hände an seine Schläfen presste. Sofort zog sie sich zurück.
»Bist du okay?« Sie löste eine seiner bebenden Hände von seinem Kopf. »Tut mir so leid. Wyatt?«
»Was hast du gefunden?«, stöhnte er.
Erleichtert sank sie in sich zusammen. »Da drin ist alles so –
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