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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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lang glaubte sie, dass sie tatsächlich ein wenig rasten könnte. Sie stiegen in ein rotes Taxi und fuhren zu einem Hotel, einem Wolkenkratzer am Rand des Victoria-Hafens, in dem ein willkürliches Chaos von bunten Hausbooten schaukelte, auf denen Hunde kläfften, nackte Kinder spielten und sich Satellitenschüsseln und Metallschornsteine drängten. Rechts daneben bildete ein Gebäude mit klaren, geraden Linien aus Glas und Stahl einen bemerkenswerten Kontrast. Auf den Bürgersteigen wimmelte es von jungen Menschen, von denen die meisten stachlig gegeltes, blond gefärbtes Haar hatten, perfekt geformte, schlanke Körper, die in der neuesten Mode gekleidet waren. Ihre Haltung schien so, dass sie bei jeder Nonne sofort eine flammende Rede über Buße und Demut ausgelöst hätte. Neben ihnen kam sich Miri wie eine alte, verknöcherte Matrone vor.
    »Gibt es kein sicheres Haus hier?«, erkundigte sie sich, als sie das Taxi verließen. Über ihnen kreisten Seevögel. Sie schwebten mühelos durch einen Himmel, der von perlmuttfarbenen Wolken überzogen war, die vom Sonn enlicht in einen silbrig durchscheinenden Glanz getaucht wurden.
    »Wir haben in Hongkong keins mehr«, antwortete Dean. »Die Kommunistische Partei Chinas ist so unberechenbar, dass selbst Bestechungsgelder keine Sicherheit mehr bieten. Wenigstens kann man in Taiwan noch Häuser kaufen.«
    »China hat Hongkong in Ruhe gelassen, seit sie es von den Briten zurückbekommen haben«, erwiderte Miri. »Jedenfalls so ziemlich. Und jede Menge Ausländer kaufen Gebäude und Wohnungen auf dem Festland, und auch Land. Die Olympischen Spiele haben den Geschäftssinn der Leute richtig angestachelt.«
    »Möglich.« Dean sah sich auf der Straße um. »Aber wie du schon sagtest, Dirk & Steele ist eine Organisation, das bedeutet, wir haben andere Maßstäbe. Man kann nicht an jedem beliebigen Ort Waffen schmuggeln oder Hightechkammern einbauen.«
    Miri erwartete, dass sie in das Hotel vor ihnen gingen, doch stattdessen nahm Dean ihre Hand und überquerte die Straße zur Hafenpromenade. Koni folgte dicht hinter ihnen. Er hatte die Lippen zu einer Grimasse verzogen; vielleicht war es auch ein Lächeln.
    Ein schmaler Pfad führte von der Straße zu dem vollgemüllten Strand; dort zweigte ein anderer zu einer Mole mit etwas schöneren Hausbooten ab. Miri vermutete, dass die Leute für dieses Privileg zahlen mussten. Sie kam sich so vor, als würde sie sehr verdächtig wirken; Frauen, die ihre Kleidung auf den Hausbooten wuschen, hielten inne und starrten sie an, ebenso die Kinder und die Männer, ja sogar die Hunde. Sie hörte Fetzen einer Unterhaltung, die vom Wasser zu ihnen herüberhallte, ein paar Rufe in schlechtem Englisch, die klangen wie »Bootsfahrt«, »Hafenrundfahrt« und »sehr billig«. Einige andere Worte waren offenbar kantonesisch. Diese Sprache verstand sie nicht, Koni dagegen schon, und er rief etwas zurück. Es war ein langer und etwas nasal klingender Satz, der bei den Männern ein Grinsen auslöste und die Frauen erröten ließ.
    Miri und Dean sahen ihn an. Koni zuckte nur mit den Schultern, aber seine Unschuldsmiene wirkte nicht sonderlich überzeugend.
    Dean führte sie bis ans Ende der Mole und blieb vor einem Boot stehen, das wie eine schmierige, gräuliche Schaumstoffkiste im Wasser dümpelte. Ein sehr schlanker, gut aussehender Mann saß an Deck, die Beine auf eine Kiste gelegt. Er trug kein Hemd, was ganz okay war, denn er hatte einen sehr attraktiven Körper mit bronzefarbener Haut. Sein schwarzes Haar war kurz geschoren, die hohen Wangenknochen wirkten rund, und als er lächelte, blitzten weiße Zähne in seinem Mund auf. Er war sehr charmant.
    »Dean«, sagte er. »Ist lange her, und es war richtig ruhig, Mann!«
    »Ren, schön, dich zu sehen«, erwiderte Dean. »Ich möchte dir Koni vorstellen, von dem du vermutlich schon gehört hast, und Mirabelle Lee, eine alte Freundin von mir. Sie hat etwas mit dem Fall zu tun, an dem wir gerade arbeiten. Leute, das ist Ren Li, ein ziemlich außergewöhnlicher Agent.«
    »Du bist zu freundlich.« Ren stand auf und reckte sich. Er war groß, eindeutig ein Nordchinese, obwohl er unverkennbar mit einem amerikanischen Akzent sprach. Er schob eine schmale Planke auf die Mole und hielt sie fest, während Koni, Miri und Dean hinübergingen.
    »Hat Roland dich angerufen?«, erkundigte sich Dean.
    »Na klar. Er hat mir das Nötigste gesagt.« Ren sah Miri neugierig an. Sein Blick war überraschend süß. »Soweit

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