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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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seiner Macht, seiner Coolness und seiner Kontrolle den Männern, die für ihn arbeiteten, nicht traute. Genauer gesagt: Er traute ihnen bis zu einem gewissen Punkt, aber nicht dann, wenn es hart auf hart kam. Er vertraute ihnen nicht sein Leben an. Er hatte vermutlich keine wirkliche Macht über sie, außer durch das Geld, das er ihnen zahlte.
    Und Geld genügte nicht immer. Dean und Miri dagegen ...
    »Warum sollten wir Ihnen helfen?«, fragte Dean. »Warum sollten wir dort hinuntergehen und unser Leben riskieren?«
    »Weil Sie die Jade wollen und weil Sie die Wahrheit herausfinden wollen«, erwiderte Robert gelassen. »Sie wollen das genauso sehr, wie ich das jetzt will. Aber wenn Sie versuchen sollten, ohne mich da hinabzugehen, werde ich Sie erschießen. Und selbst wenn Sie, Mr. Campbell, gegen meine Kugeln immun sein mögen, Dr. Lee ist das ohne Zweifel nicht. Jedenfalls nicht, wenn ich Ihrem Krankenbericht Glauben schenken darf.«
    »Und Sie zu erschießen wäre reine Zeitverschwendung«, sagte Miri. »Obwohl es keine völlige Verschwendung wäre.«
    »Sie sind wirklich außergewöhnlich ... temperamentvoll«, meinte Robert. »Also gut, wollen wir?«
    Dean sah Miri an. Sie erwiderte seinen Blick scharf und nickte nach einem kurzen Moment des Nachdenkens.
    »Entzückend. Die Männer werden hierbleiben und die Lage im Auge behalten. Sie können sich vorstellen, was passiert, wenn Sie beide ohne mich wieder auftauchen.«
    »Ihre Männer werden uns danken?«, fragte Dean. Das ist der Ansatzpunkt, dachte er. Deshalb vertraut er uns mehr als seinen Leuten. Weil wir etwas zu verlieren haben.
    »Vielleicht«, sagte Robert und warf einen nachdenklichen Blick in die Richtung der beiden. »Aber zum Glück werden sie dafür bezahlt, den meisten meiner Befehle zu gehorchen.«
    »Und Sie?«
    Er lächelte. »Mein lieber Mr. Campbell. Ich folge nur meinem Herzen.«
    Runter in den Kaninchenbau. Alice kroch durch den Spiegel in uralte Tunnel, maß die Zeit unter funkelnden Städten, umringt von Cheshire-Katzen und verrückten Hutmachern, von Rittern und Königinnen, und hier ... hier war nur Dunkelheit.
    Das Wasser lief lediglich über eine Seite des Lochs, zum Glück, und zwar nicht über die Seite, in der sich die Mulden befanden, in denen man beim Hinabsteigen Halt fand. Miri sah sie erst, als sie an den Rand des Lochs getreten war und mit der Lampe hinunterleuchtete.
    »Sie machen wohl Witze«, murmelte sie und bückte sich, um zu überprüfen, wie tief die Mulden waren. Nicht sehr tief. Zum Glück waren die Abstände dazwischen für kleinere Menschen entworfen worden, also mussten sie sich nicht allzu weit strecken, um sie zu erreichen. Jedenfalls nicht, soweit sie sehen konnte. Und wenn dieses Ding auch noch Fallen hatte ...
    Wir werden sterben.
    Fast hätte sie es laut ausgesprochen, hätte sie nicht plötzlich das Gefühl gehabt, dass solche Sätze, wenn man sie aussprach, gerade deshalb Wirklichkeit werden würden. Also dachte sie nur an ihre Furcht und begrub sie dann rasch. Denn noch waren sie nicht tot, und im Augenblick hatte sie keine andere Wahl, als hinabzuklettern. Vielleicht würden die Männer sie zurücklassen, wenn sie protestierte, obwohl Robert ihr nicht besonders ritterlich vorkam. Aber sie musste an Dean denken, und sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, ihn mit Robert allein zu lassen. Dean war für den anderen Mann nicht wirklich von Wert, kein Unterpfand, das er eintauschen konnte. Wie sie selbst.
    Ebenso wenig konnte sie den Gedanken ertragen, nicht die Wahrheit zu erfahren. Nicht, nachdem sie zwanzig Jahre in diesem zwielichtigen Zustand verbracht hatte, an Dean festgehalten und gleichzeitig versucht hatte, ihn loszuwerden. Sie hatte ihn geliebt und gehasst und sich gegrämt. Sie hatte ihn wieder. Es war ein Wunder. Und das würde sie nicht einfach loslassen.
    Dean ging als Erster. Er holte tief Luft, warf Miri einen Blick zu, der vermutlich beruhigend wirken sollte, bei dem sich jedoch ihr Magen zusammenkrampfte, und schwang sich über den Rand des Lochs. Langsam begann er mit dem senkrechten Abstieg. Miri stand am Rand und blickte hinab. Ihr schwindelte, aber sie biss die Zähne zusammen und leuchtete mit der Lampe in das Loch, um möglicherweise den Boden zu sehen. Irgendwo da unten bewegte sich etwas; Wasser vielleicht, denn es plätscherte. Sie stellte sich vor, wie es wohl war zu ertrinken.
    Robert sah sie an. »Ich nehme an, Sie hassen mich.«
    Miri hob die Brauen. »Nein. Ich hasse Sie

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