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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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dass er mit seinem Verstand die einzelnen Stücke und Fragmente der lebendigen Welt um ihn herum aufnahm, bis das Licht vor seinem inneren Auge so hell geworden war, dass es ihn fast blendete.
    Und als es sich immer weiter ausdehnte und schließlich riss, sah er eine andere Brücke vor sich. Er stellte sich darauf, was ein Akt des Vertrauens war, denn es erforderte einen Sprung. Dann konzentrierte er sich mit aller Macht auf die Jade und sprang ...
    ... und ging sofort unter.
    Das Wasser war eiskalt und dunkel. Dean strampelte, wusste nicht, wo oben oder unten war. Aber dann sah er plötzlich ein Licht, das sich unter ihm bewegte, zuckende Energiefäden. Fische. Viele, und über ihm nicht so viele. Er musste raten.
    Er hatte richtig entschieden. Sein Kopf durchbrach die Wasseroberfläche, und er hustete einiges aus, als er versuchte, Luft zu holen. So viel zum Thema Experimente. Das Ufer lag im Dunkeln, er wusste nicht, in welcher Richtung sich Miri befand, und wagte nicht, nach ihr zu rufen.
    Du bist aus einem bestimmten Grund hier gelandet, ermahnte er sich. Die Jade ist hier. Du musst sie finden.
    Wenn er nicht vorher erfror. Der See wurde von den Gletschern gespeist, und entsprechend kalt war das Wasser. Er spürte bereits, wie sich seine Glieder versteiften. Ihm standen bestenfalls einige wenige Minuten zur Verfügung, wenn überhaupt.
    Dean zwang sich, tief Luft zu holen, konzentrierte sich auf die Jade, auf das Licht, schloss die Augen und ließ sich auf dem Rücken treiben. Es war schwierig, sich zu entspannen, aber er versuchte es, und nach einem Augenblick spürte er, wie ihn unmittelbar unter ihm etwas zog, als wäre eine Leine an seinem Rücken befestigt, die an ihm zupfte. Dean holte tief Luft, unterdrückte ein Husten und tauchte.
    Diesmal musste er die Augen nicht öffnen. Nur mit seinem Geist fand er den Weg durch das Wasser, indem er dem Ruf der Jade folgte. Um ihn herum pulsierte es, es donnerte förmlich im Wasser, Energie, die lebendige Energie der Welt, so wunderschön, dass er am liebsten geschrien hätte. Er merkte, wie er sie um sich sammelte, sie wie Essen oder Getränke in seinen Körper sog, bis es ihm plötzlich nicht mehr schwerfiel, zu schwimmen oder die Luft anzuhalten.
    Seine Hände stießen auf etwas, etwas Weiches, Verflochtenes, Gras, Schlamm, jede Menge Abfall, aber darunter ... dort spürte er die vertraute Hitze. Er grub, mühte sich ab, bis er etwas Kleines, Glattes, Hartes berührte.
    Deans Finger schlossen sich um den Jadestein. Er stemmte die Füße gegen den Grund des Sees und stieß sich heftig ab. Er war zu lange unter Wasser gewesen, eigentlich müsste er längst tot sein oder zumindest die Anstrengung fühlen, die es kostete, so lange den Atem angehalten zu haben. Aber er fühlte sich kräftig und stark. Das war unnatürlich.
    Denk nicht darüber nach. Beweg dich einfach. Schwimm und mach, dass du hier wegkommst.
    Schnell. Dean strampelte mit den Beinen und schwamm, ruckte durch das Wasser hinauf. Die Jade in seiner Hand fühlte sich warm an, es war eine Wärme, die durch seinen Körper strömte und sich schwer auf seine Brust legte. Licht erhellte plötzlich die Finsternis, ein Licht, das durch die Haut unter seinem Hemd sickerte. Die Jade schien auf einmal in seinem Kopf zu singen. Er spürte einen Druck in seinem Mund, der wie ein schwaches Flattern Gaumen und Zunge kitzelte.
    Dean wusste, dass etwas nicht in Ordnung war, noch bevor sein Kopf die Wasseroberfläche durchstieß. Seine Lungen brannten, und auch in seinem Magen schien ein Feuer zu lodern. Er dachte an Miri, tastete mit seiner Vision nach ihr, und obwohl sie keine Spur hinterließ, der er hätte folgen können, war die Brücke noch da. Er sah das Feuer in seinem Kopf, ein gewaltiges Inferno, das immer höher loderte, und in diesem Feuer erkannte er ein Gesicht, dessen Mund zu einem lautlosen Schrei aufgerissen war. Während die Person zu Asche verbrannte.
    Miri.

19
    Bis zu dem Moment, in dem Dean verschwand, konnte Miri nicht ganz glauben, dass es tatsächlich geschehen würde. Sie vermutete, dass nach all dem, dessen sie Zeugin geworden war, wenigstens dies gleich bleiben würde und die Realität, die schon einmal zerrissen war, nicht noch einmal zerreißen würde.
    Natürlich lag sie damit falsch.
    Dean verschwand, löste sich in einem Lufthauch auf, der sie sacht streifte, und das Jade-Artefakt fiel zu Boden. Miri starrte auf die leere Stelle und fuhr mit der Hand hindurch. Es überlief sie kalt.
    Auf

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