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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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knurrte ihr der Magen, und ihre Füße brannten. Schlimmer noch, sie fühlte sich unbehaglich. Es war eine merkwürdige Empfindung, als würde sie beobachtet.
    Big Brother, sagte sie sich. Wahrscheinlich nimmst du die Sicherheitskameras wahr. Sie flößen dir Angst ein.
    Gut möglich. Aber die Empfindung war stärker, primitiver. Miri ignorierte das Prickeln zwischen ihren Schulterblättern und ging auf die schmale, verglaste Passage zu, die das Einkaufszentrum mit dem Hotel verband. Vor ihrem Treffen mit Owen und Wendy hatte sie noch einiges zu erledigen. Wie sie ihren Mentor kannte, würde sie morgen früh in Yushan landen. Bei solchen Funden spielte die Zeit eine entscheidende Rolle. Viertausend Jahre alte Mumien waren bedeutend genug, um die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zu ziehen, aber wenn erst die Mitteilung von dem Fund des roten Jadesteins durchsickerte, vor allem seine Lage in der Leiche ...
    Es waren gefährliche Zeiten. Massenhaft Geld für bedeutende Artefakte brachte manche Leute dazu, schreckliche Dinge zu tun. Bis morgen, vielleicht sogar schon heute Nacht, würde man an der Ausgrabungsstätte in Yushan zusätzliche Sicherheitskräfte benötigen. Und auch an der Universität. Owen würde zweifellos den roten Jadestein im Safe der Abteilung deponieren, aber die Leichen blieben damit immer noch zugänglich. Den Schlössern an den Türen zum Untergeschoss konnte man nicht trauen.
    Miris Unbehagen wich nicht, als sie durch das Hotelfoyer ging. Sie beobachtete die Gesichter um sich herum, prägte sie sich ein und analysierte sie. Niemand schien sonderliches Interesse an ihr zu zeigen. Keinerlei bad vibrations. Nur ein Blumenhändler, der die Schlingpflanzen an dem riesigen, von Orchideen übersäten Blumenbukett in der Nähe des Eingangs stutzte, Arbeiter, die mit Besen und Wischmopp herumliefen, Pagen, die sich mit riesigen Gepäckstücken abmühten. Sie kam an der Konditorei am Rand des Foyers vorbei und sah hinter dem Glastresen ein Regal mit kunstvollen Schokoladenfiguren: meistens Tiere, die chinesische Tierkreiszeichen repräsentierten. Pferde, Tiger, Hähne, Drachen ...
    Wendys Nachname ist Long. Das heißt Drache. Vielleicht macht ihr das ja Spaß. Wenn ich Owen vor dem Treffen mit Wendy erwische, kann er ihr die Schokoladenfigur selbst geben ...
    Das war ein guter Plan. Owen brauchte dringend Hilfe.
    Als Miri am Tresen wartete, um die Figur zu kaufen, fühlte sie eine sanfte Berührung an ihrer Schulter. Ein Mann stand hinter ihr. Er lächelte sie an, als sie zu ihm hochblickte. Seine Augen waren bemerkenswert, von einem erstaunlich blassen Grün. Miri wusste nicht, was sie von seinem Blick halten sollte, obwohl er freundlich war. Aber er hatte eine kühle Unterströmung, eine Distanz, die ihr Unbehagen bereitete. Er hatte dunkles rotes Haar und trug ein grünes Leinenhemd über einer hellbraunen Hose. Sehr entspannt. Um seinen Hals hing ein kleines silbernes Medaillon an einer Kette.
    »Verzeihen Sie«, sagte er. »Ich habe mich nur gefragt, ob Sie mir vielleicht helfen können. Ich suche ein Geschenk für meine Mutter.«
    Er hatte einen leichten Akzent, irgendwie britisch. Miri wartete. »Ich hatte gehofft«, fuhr er fort, »dass Sie mir vielleicht etwas empfehlen könnten.«
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Aber ich würde sagen, dass Schokolade die beste Empfehlung ist, wenn Sie damit noch irgendwo hinreisen wollen. Sie hält sich besser.«
    Das war nun allerdings ziemlich offensichtlich — und daher überflüssig, sie danach zu fragen. Also suchte er wahrscheinlich nur einen Vorwand, um sie anzusprechen.
    Er hält dich wohl für süß, dachte sie, aber das war kein Trost. Der Mann bereitete ihr Unbehagen. Seine Augen waren eiskalt.
    »Sind Sie geschäftlich hier?« Er trat an den Tresen. »Ihr amerikanischer Akzent ist unüberhörbar.«
    »Ich sehe mir nur mit ein paar Freunden die Stadt an«, log sie. »Wir wollen uns hier treffen. Und Sie?«
    »Ich bin Journalist.« Er streckte die Hand aus. »Ich heiße Robert.«
    Miri zwang sich, nicht zu zögern. Sie schüttelte seine Hand, prüfte seinen Griff. Fest, aber nicht schmerzhaft. »Ich heiße Maxine.« Noch eine Lüge, eine von vielen. Aber sie wollte diesem Mann nicht die Wahrheit erzählen.
    »Sehr hübsch.« Miri wusste gleich, dass er ebenfalls log. Sein Blick wich keine Sekunde von ihrem Gesicht. Sie zuckte nicht mit der Wimper. Er lächelte und betrachtete dann gewollt aufmerksam die Schokoladenfiguren hinter dem

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