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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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nicht los. Er bückte sich, und während sie schrie und nach seinem Gesicht schlug, blockte er den Schlag ab und schob die Mündung der Waffe in ihren Mund. Miri verstummte und rührte sich nicht.
    »Danke«, sagte der Mann. »Und jetzt versuchen wir es noch einmal.«
    Er zwang sie aufzustehen, ohne die Waffe aus ihrem Mund zu nehmen. Das Metall schmeckte so unangenehm, als wäre es gerade frisch geölt worden. Miri starrte ihn an; sie konnte seine Augen nicht erkennen, aber sein Mund bildete eine feste, gerade Linie.
    Er drängte sie zurück, ohne sie zu berühren, dirigierte sie einfach nur mit der Waffe. Miri machte sich nicht die Mühe, ihre Blöße zu bedecken. Kleider würden sie nicht weniger verletzlich machen. Nicht bei diesem Kerl. Sie konnte nur versuchen, sich zusammenzunehmen, ruhig zu bleiben, konzentriert, klar im Kopf, hart und zum Kampf bereit.
    Wie in alten Zeiten, dachte sie, während sie um die Waffe herumatmete. Ihre Kniekehlen stießen gegen das Bett. Miri fiel auf die Matratze, die Waffe glitt aus ihrem Mund. Das Metall strich über ihre Wange.
    »Schreien Sie nur, wenn Sie wollen«, sagte der Mann. Seine Stimme kam ihr plötzlich ganz bekannt vor. »Es wird Sie niemand hören. Mein Auftraggeber hat das gesamte Stockwerk gemietet, und sowohl die Zimmerdecke als auch der Boden verfügen über den modernsten Schallschutz. Sie können also gern gegen mich ankämpfen, wenn Sie das wollen, aber ich glaube, Sie kennen die Folgen, wenn Sie das tun.« Er fuhr mit dem Lauf der Waffe über ihre Lippen. Miri schloss kurz die Augen.
    Er trat zurück, bückte sich, hob die Decke vom Boden auf und warf sie ihr zu. Er wartete, bis sie sich bedeckt hatte, bevor er die Nachttischlampe anschaltete. Sie blinzelte in die Helligkeit, aber sie schlug nicht die Hände vor die Augen. Sie blinzelte gegen das Licht und starrte den Mann an.
    Helle Augen. Das war das Erste, was sie wahrnahm. Es waren die hellsten Augen, die sie jemals gesehen hatte, ein Grün, das fast weiß war. Und diese Augen kamen ihr ebenso bekannt vor wie die Stimme, das rote Haar und die silberne Kette um seinen Hals.
    Robert. Der Mann aus der Konditorei.
    Du hast es gewusst!, sagte sie sich, doch das Wissen hatte nicht ausgereicht, und jetzt war es zu spät. Miri presste die Lippen zusammen, und der Mann schwieg ebenfalls, ohne zu blinzeln, abwägend; er schien sie einzuschätzen, wie einen Gegenstand, den er ins Licht einer Lampe hielt, und sie dann zu beurteilen. Das Schweigen hielt an; es wurde immer intensiver, bis sich jede Sekunde wie eine Waffe anfühlte, wie eine Kugel, die ihr Herz und ihren Verstand durchbohrte. Sie brauchte Geräusche. Sie brauchte Ermunterung. Sie musste mehr sein als nur ein Objekt, und wenn sie gegen eine Waffe auch nicht ankam, so konnte sie doch wenigstens reden.
    Reden, während sie noch das Metall in ihrem Mund schmeckte?
    Schließlich seufzte Robert; es war ein langer Seufzer, fast ein gesprochenes Wort, eine Stellungnahme, während er den Mund verzog, eine ironische, fast verbitterte Geste, und als er redete, klang es wie ein Murmeln, bei dem jede Silbe klar und deutlich artikuliert wurde, eine Farbe bekam, einen Geschmack.
    »Dr. Lee. Die werte, entzückende Mirabelle Lee, Professorin der Archäologie, überhäuft mit zahllosen Auszeichnungen. Die weltbeste Expertin für das alte China, folgt gleich auf Dr. Owen Wills. Mit dem sie angeblich eine Affäre hat, was ich jedoch, nachdem ich sie jetzt kennengelernt habe, wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen möchte.«
    Miri grub die Finger in die Decke, hielt sie fest, verkrampfte sich, biss sich so stark auf die Zunge, dass sie Blut schmeckte.
    »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht!«, stieß sie hervor, während sie gegen den Drang zu schreien ankämpfte. »Sie wissen also, wer ich bin. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was Ihnen das bringt.«
    »Ich muss das tun«, erwiderte er. »Es ist mein Job.«
    »Was für ein Job soll das denn sein?«
    »Ich erledige alles, was notwendig ist«, erklärte er. »Außerdem bin ich ein überzeugter Anhänger der motivierenden Macht der Notwendigkeit.«
    »Schön für Sie.« Miri suchte verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit, nach etwas in ihrer Reichweite, das sie als Waffe einsetzen könnte. Die Lampe auf dem Nachttisch hinter ihr, die schweren Whiskygläser auf der Minibar, das Parfüm im Badezimmer, das sie ihm in die Augen sprühen könnte ...
    Robert lächelte. »Ich weiß Ihre

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