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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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simplen Diebstahl an, man entführt keine Archäologen wegen eines Steinbrockens, und nach deiner Miene zu urteilen, zerstört man auch keine Mumien, wie es die Typen da draußen tun, außer man fährt total auf solche Verrücktheiten ab.« Dean zögerte. »Mein Chinesisch ist vielleicht etwas eingerostet, aber ich könnte schwören, dass ich das
    Wort Instruktionen gehört habe. Sie haben ein Zeitlimit. Und sie arbeiten für jemanden.«
    »Was tun sie jetzt, Dean?«
    Er zögerte. »Wir sollten gehen, Miri. In dem Labor befindet sich nur noch die Frau.«
    »Und was verschweigst du mir?«
    Er schüttelte lediglich den Kopf und sagte, statt auf ihre Frage zu antworten: »Du wirst doch jetzt keinen Mist machen, oder? Ich weiß, dass du wegen dieser Sauerei wütend bist, die diese Kerle da veranstalten.«
    »Kevin ist ein Waschlappen. Ich kann ihm auf dem Weg nach draußen im Vorbeigehen in den Arsch treten.«
    »Super Timing. Versuch, dieses Bedürfnis möglichst noch eine Weile zu unterdrücken.«
    »Spielverderber.«
    »Miss Gung Ho. Ich dachte, du wärst eine Intellektuelle geworden.«
    »In deiner Nähe spiele ich immer verrückt.«
    »Wow!« Er griff unter sein Hemd, wobei er einen netten, festen Bauch entblößte, der weit muskulöser schien als der aus ihrer Erinnerung. Er war nicht mehr sechzehn und schmächtig, so viel stand fest.
    »Jetzt ist nicht der richtige Moment, dir einen runterzuholen«, erklärte sie.
    »Vielleicht ist das ja meine letzte Chance«, erwiderte er, während er aus dem Halfter unter seinem Hemd eine Pistole zog. Er schob sie auf dem Rücken in seinen Hosenbund, neben Roberts gestohlene Waffe. Miri sah ihn staunend an. So viele Waffen. Es bereitete ihr Unbehagen, und das nicht nur, weil auf sie geschossen worden war. In Taiwan mit einer Waffe erwischt zu werden war ein ebenso schweres Verbrechen wie Drogenbesitz und bedeutete normalerweise Gefängnis oder sogar die Todesstrafe.
    Schlimmer jedoch war, dass sie sich das Leben nicht vorstellen konnte, das Dean führte und das ihn zwang, stets so viel Feuerkraft zur Hand zu haben.
    Er ist nicht mehr der Junge, den du kanntest, erinnerte sie sich. Vielleicht zeichneten sich auf ihrer Miene ihre Zweifel, ihre Fragen ab. Dean legte seine warme Hand auf ihren Nacken. Miri hielt den Atem an, als sich ihr ganzes Wesen auf das Gefühl konzentrierte, seine Haut auf ihrer Haut zu spüren, auf die Kraft in seinen Fingern, als er damit sanft durch ihr Haar fuhr.
    »Ich bin kein Krimineller«, sagte er leise. »Ich habe Glück gehabt, Miri.«
    »Wirklich?«, hauchte sie. Es fiel ihr schwer zu sprechen. »Was ist dir passiert, Dean?«
    Er zögerte. »Eine Menge.«
    Seine Hand lag immer noch auf ihrem Hals. Miri berührte sie, hielt sie, wurde gehalten; sie versuchte ein Erschauern zu unterdrücken, als er mit den Fingern von ihrem Hals zu ihrem Handgelenk glitt und über ihre Handfläche strich.
    »Dean«, flüsterte sie. Sie konnte ihre Hand nicht wegziehen, doch sie hatte Angst vor dem, was geschehen könnte, wenn sie es nicht tat. In seinen Augen flammte einen Moment lang ein so tiefer Schmerz auf, dass sie ihm glaubte, dass er sie vermisst hatte und die letzten zwanzig Jahre genauso schwer für ihn gewesen waren wie für sie selbst.
    »Diesmal verschwinde ich nirgendwohin«, sagte er leise. »Du wirst mich nicht los, Miri. Nenn mich Psycho, Stalker oder was du willst. Ich bleibe bei dir.«
    »Ich glaube dir nicht«, behauptete sie. »Du hast mich schon einmal verlassen. Du bist gestorben.«
    »Du auch.«
    »Außerdem ist es schon zu lange her. Es sind zwanzig Jahre, Dean.«
    »Das ist nicht lange genug, um seinen besten Freund zu vergessen, Miri. Manche Dinge verblassen nicht.«
    »Vielleicht nicht«, erwiderte sie. »Aber sie verändern sich.«
    Er ließ sie los und grinste. Die Grimasse veränderte sein Gesicht, und er wirkte plötzlich reumütig und wundervoll jungenhaft. »Damit kann ich leben«, sagte er, beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. »Komm, Baby, stürzen wir uns in Schwierigkeiten.«
    Mit diesen Worten öffnete er die Tür und schob Miri hindurch.

5
    Tote umzubetten war immer eine heikle Angelegenheit, erst recht aber, wenn sie bereits vor viertausend Jahren verschieden waren. In diesem Alter verfielen Leichen ziemlich schnell, und zwar in einem Tempo, das sehr genau berechnet werden konnte - vor allem dann, wenn sich diejenigen, die diese Leichen transportierten, besonders ungeschickt anstellten. Oder aber, wenn sie

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