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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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sie. Er lehnte sich an die Beifahrertür und sah sie ohne Scheu an, sog ihren Körper, ihr Gesicht und zugleich jeden Augenblick in sich auf, als wären diese Minuten etwas Wundervolles, Heiliges und für sein Überleben notwendig; als wären es wesentliche Ingredienzien der Luft, die er atmete.
    Und so war es auch, obwohl ihm sein Herz immer noch wehtat, sein Kopf wie verrückt pochte und seine Augen ihm Streiche spielten. Nein, sie war nicht hier ... doch, sie war es ... nein, sie war es nicht, doch ja, natürlich. Obwohl er ihr so nah war, sie berührt und gerochen hatte, ihren Atem an seinem Mund gespürt hatte, konnte er es nicht glauben.
    Miri lebte. Sie war hier.
    Und sie wird gejagt, rief er sich ins Gedächtnis. Ihr beide werdet gejagt.
    Was ihm seltsam angemessen vorkam angesichts der Höhen und Tiefen dieses Tages, der so extrem brutal gewesen war, so unglaublich bizarr. Natürlich musste sich da das einzige Mädchen, das er jemals geliebt hatte, gerade in dem Augenblick, in dem er es wiederfand, durch einen absolut verrückten Voodoo-Zauber in höchster Gefahr befinden. Das passte doch so richtig zu seinem Glück.
    Aber diesmal nicht. Was es auch kostet, ich werde sie nicht noch einmal verlieren. Denn auch wenn es ihm immer noch mehr wie ein Traum denn als Realität erschien, Miri neben sich zu sehen, so war es immerhin ein Traum, für den zu sterben es sich lohnte. Normalerweise neigte er nicht zu Melodramen, aber das hier ... das war etwas anderes.
    »Würdest du bitte aufhören, mich anzustarren!«, sagte Miri plötzlich. »Du machst mich nervös.«
    »Entschuldige.« Dean rieb sich die Handflächen an seiner Jeans ab. »Ich versuche immer noch, mich daran zu gewöhnen, dass du am Leben bist. Ich kann einfach nicht fassen, wie dumm ich war.«
    »Du hattest deine Gründe«, erwiderte Miri. »Die dir damals vermutlich ganz plausibel erschienen.«
    »Ja. Aber sie waren eben falsch, wie sich herausgestellt hat. So hat mich deine Großmutter nicht erzogen.«
    Miri lächelte. »Weißt du noch, wie du ihr zum ersten Mal begegnet bist?«
    »Es war auch das erste Mal, dass ich dich sah. Ich war acht Jahre alt, allein und hungrig. Und in Ni-Nis Geschäft gab es die besten Schweinefleischklöße von Chinatown. Ich konnte ihre Gerichte auf eine Meile Entfernung riechen. Ich bin einfach nur meiner Nase gefolgt.«
    Bis zu Ni-Nis kleinem Eckladen mit seiner altmodischen  Fassade, eingerahmt zwischen einem Lebensmittelladen und einer chinesischen Drogerie. Er war durch die Straßen geschlendert, als wüsste er genau, was er wollte, und hatte die ganze Zeit über gedacht, dass große Abenteuer an exotischen Orten ganz und gar nicht so toll waren, wie man immer behauptete. Er würde die Nacht auf der Straße verbringen müssen, wäre für immer verloren ... und in seinem Elend überlegte er, dass es das Beste wäre, nach Hause zurückzukehren, zu seinem Onkel Pete, der ständig Verabredungen mit Jack Daniel’s und einer Dose Miller und Gott weiß wem noch hatte. Vielleicht einem Schlauch in einem Benzintank. Das war bestimmt nicht schlimmer, als den Inhalt all dieser Flaschen und Dosen in sich hineinzuschütten, um einen weiteren harten Tag im Stahlwerk zu überstehen. Auch wenn all das nur die Summe eines Lebens aus falschen Entscheidungen und verpassten Gelegenheiten war.
    Dean hatte schon in diesem Alter nicht so werden wollen wie sein Onkel. Seine Eltern, die auch im Stahlwerk gearbeitet hatten, waren bessere Vorbilder gewesen, nur waren sie eben bedauerlicherweise tot. Und das war wirklich schlimm.
    »Ich habe auf dem Boden gespielt.« Miris leise Stimme lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sie. »Wo ich ein Fort aus Kisten gebaut habe. Dann blickte ich hoch und sah dich in der Tür stehen. Du wirktest so erbärmlich, dass ich dich einfach mögen musste.«
    »Vielen Dank«, gab er trocken zurück. »Ich nehme an, Ni-Ni empfand dasselbe?«
    »Du weißt, was sie empfand.« Um Miris Lippen spielte der Hauch eines Lächelns. »Immerhin warst du das einzige andere Kind, das sie jemals aufgenommen hat.«
    Dean lehnte den Kopf gegen die Scheibe. »Ich habe acht  Jahre lang mit euch gelebt, in der Wohnung über dem Laden.«
    »Geben und nehmen. Vor allem als du älter wurdest. Damals waren nicht so viele Menschen auf der Seite deines Onkels.«
    »Wenn man in dieser Stadt in die Pubertät kam, war man ein Mann«, erwiderte Dean. »Mist. Weißt du, dass die Freunde meines Onkels ihrem Baby Wodka einflößten, damit es

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