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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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später mal den Schnaps besser vertrug? Aus dem Jungen ist dann ein richtiger Affe geworden. Viel überaktiver als ich.«
    »Aber vermutlich nicht sehr viel«, murmelte sie.
    Dean grinste. »Das tut gut, weißt du? Ich meine: reden.«
    »Du benimmst dich, als hättest du sonst nicht viel Gelegenheit dazu.«
    »Nicht mit Mädchen. Nicht so. Ich meine, he, ich mag Frauen und so, aber das hier ist persönlich.«
    »Und du wirst mit deinen Freundinnen nicht persönlich? Schäm dich, Dean.«
    »So meine ich das nicht, Miri. Mit uns ist es anders, das ist alles. Wir haben eine gemeinsame Geschichte.«
    »Mit einem zwanzig Jahre großen schwarzen Loch.«
    Dean zuckte mit den Schultern. »Du kannst so lange darauf herumhacken, wie du willst, Bao bei, aber am Ende werde ich mich durchsetzen. Zwanzig Jahre? Das ist doch nichts. Oder sieh es einfach positiv: Es hält die Beziehung frisch.«
    »Du bist nicht frisch, sondern frech. Wie kommst du darauf, dass wir eine Beziehung hätten?«
    »Diese Frage werde ich keiner Antwort würdigen.«
    Tropfen benetzten die Windschutzscheibe. Es regnete. Dean ließ das Beifahrerfenster trotzdem ein Stück offen. Er brauchte Luft, auch wenn sie feucht und stickig war und stank. Der Regen überzog die Straße mit einem glatten, reflektierenden Film, in dem sich Licht und Farben spiegelten. So viel Licht, als wären es Glühwürmchen aus Neon, die im Flug gefangen worden waren. Trotz der späten Stunde waren die Lichter nicht weniger geworden. Die Läden waren noch geöffnet. Köche brieten und kochten in den Fenstern von kleinen Restaurants, aus denen Dampf quoll. Die Geschäfte liefen wie gewohnt. Und in einigen Stunden, am Morgen, würde es hier von Menschen nur so wimmeln.
    »Weißt du genau, wohin du willst?«, erkundigte sich Miri.
    »Ich habe die Karte im Kopf.«
    »Und das soll mich beruhigen?«
    »Vertrauen, Darling. Du musst lernen, Vertrauen zu entwickeln. «
    »Oh, halleluja!«
    »Amen.« Er streckte die Hand aus. »Siehst du dieses Schnellrestaurant da drüben? Auf der gegenüberliegenden Seite geht eine Nebenstraße ab. Fahr da hinein.«
    Sie gehorchte. Dean beobachtete in den Rückspiegeln, ob ihnen jemand folgte. Die schmale Straße war vollkommen leer - bis auf einen streunenden Hund, der die Müllsäcke durchsuchte. Dean konnte niemanden sehen, aber er hatte auch den Mann in der Gasse nicht bemerkt, der ihrem Wagen gefolgt war. Obwohl er vielleicht eine Warnung erhalten hatte. Diese Wunde über seinem Herzen hatte gebrannt, bis sie Abstand zwischen sich und die kleine Straße gebracht hatten, einen Abstand zu dem Mann, den Miri an der Universität gesehen hatte. Ob es eine Verbindung zwischen diesem Kerl und seiner Narbe gab? Kein tröstlicher Gedanke.
    Prioritäten! Vergiss die Prioritäten nicht. Erst Miri, dann dieses Voodoo-Mal.
    »Du kannst anhalten«, sagte er. »Stell den Wagen einfach irgendwo ab.«
    Miri warf ihm einen bösen Blick zu, was ihn begeisterte. Selbst wenn sie wütend auf ihn war, war es doch wie ein Wunder - und er liebte es. »Möchtest du mir vielleicht verraten«, fragte sie, »was wir hier tun?«
    »Wir suchen einen sicheren Ort auf.«
    »Ach wirklich?«
    Er spürte ihre Fragen, ihren Argwohn, wusste aber nicht, wie er sie beruhigen konnte. Oder wie er antworten sollte, falls sie weitere Fragen stellte. Was sie jedoch nicht tat. Sie stiegen aus und gingen zu Fuß weiter. Dean führte Miri zwischen geparkten Motorrädern, Rollern und Fahrrädern hindurch zu einem kleinen Weg zwischen zwei Mietshäusern. Es war heiß, kein Lüftchen regte sich. Obwohl es aufgehört hatte zu nieseln, war Dean schweißgebadet und wünschte sich nichts sehnlicher, als sich auszuziehen und kalt zu duschen. Und das nicht nur wegen der Hitze.
    Der Pfad schlängelte sich zwischen Häusern, weg von der lärmenden Hauptstraße, und hüllte sie in Stille. Schließlich erkannte Dean nur noch an dem 101-Gebäude, dass er sich in Taipeh befand, da es das höchste der Welt war. Er sah es, wenn er in den dunklen Ausschnitt des Himmels zwischen den Häusergiebeln blickte. Der Wolkenkratzer erinnerte ihn an einen Haufen aufgestapelter Essenskartons. Wirklich schick. Der Anblick entschädigte ihn für den Gestank; neben dem Pfad roch es wie ein Abwasserkanal: nach verrottendem Müll - das war das Büfett für die streunenden Hunde; kleine Köter mit struppigem weißem Fell und großen, hungrigen Augen, dazwischen ein paar größere Hunde, Mischlinge, deren Rippen sich deutlich unter

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