Geliebte des Feuers
Aber wenn du nichts weißt? Wenn du nicht weißt, wer du bist, nicht weißt, ob du in Schwierigkeiten steckst und Hilfe brauchst? Das ist es, was mir Sorgen macht!«
»Wir können nicht ständig aneinanderkleben«, protestierte sie. »Wir haben beide unser Leben. Ein Leben, zu dem wir trotz allem hoffentlich zurückkehren können.«
»Na klar«, sagte Dean. »Aber ich werde dich nicht wieder verlieren.«
»Und wenn ich nein sage?«
»Sag nein«, erwiderte er. »Sag, was du willst, es kümmert mich nicht. Ich muss mit dir zusammen sein. Ich muss mit dir leben. Ich muss wissen, dass du da bist, morgens und abends, wann immer ich dich sehen will. Himmel, Miri. Wenn ich nicht in deinem Bett schlafen darf, dann werde ich unter deinem Schlafzimmerfenster kampieren.«
»Da stehen Kakteen.«
»Liebe tut schon weh«, erwiderte er. »Die Kakteen machen es dann nur noch ein kleines bisschen schlimmer, das ist alles.«
Sie schloss die Augen. »Wenn du einfach nur irgendein Mann wärst, hätte ich jetzt richtig Angst. Du benimmst dich fast wie ein Stalker.«
»Ich will dir keine Angst machen«, erwiderte er. »Aber ich will auch, dass du in Sicherheit bist.«
Miri legte ihre Hände auf seine Brust und schob ihn von sich, bis er sie losließ. »Auf diese Weise kannst du mich nicht beschützen, Dean. Du kannst die Welt nicht kontrollieren. Eines Tages wird etwas geschehen, und es spielt keine Rolle, ob du darauf gefasst bist und vor mir stehst, um meinen Sturz aufzufangen. Wenn die Zeit reif ist, dann kommt sie auch. Unser Nachruf ist bereits geschrieben. «
Sie müssen sie umbringen. Wenn die Zeit kommt, müssen Sie Mirabelle töten.
Dean schloss die Augen. Er hörte, wie Miri seinen Namen aussprach, aber er winkte ab, und als er die Augen öffnete, war sie verschwunden.
Miri brauchte nicht lange, bis sie alles zusammenhatte, was sie benötigte. Ohne Geld und Handy musste sie entweder stehlen oder war auf die Freundlichkeit von Fremden angewiesen. Außerdem gab es keine offenen Geschäfte in der unmittelbaren Nachbarschaft, also waren ihre Möglichkeiten recht eingeschränkt.
Aber sie hatte Glück. Eine Gruppe älterer Frauen und Männer hatte sich gerade auf einer Wiese versammelt, ein paar hundert Meter von ihr entfernt, und bereitete sich auf ihre morgendlichen Tanz- und Schwertübungen vor. Miri gab mit ihrem zerrissenen T-Shirt und dem zerzausten Haar das perfekte Opfer eines Gewaltverbrechens ab, dem nicht nur sie, wie sie sagte, sondern auch ihr amerikanischer Freund zum Opfer gefallen war und das sie in eine höchst peinliche Situation gebracht hatte.
Fünf Minuten später hatte Dean eine Hose, ein Hemd und mehr Einladungen zum Abendessen, als er wahrnehmen konnte. Er lieh sich auch ein Handy und rief das sichere Haus an. Koni hob nach dem ersten Läuten ab.
In einem Taxi brachte er ihnen Garderobe. Dann fuhren sie zum Flughafen weiter.
Niemand verfolgte sie, und wenn doch, bemerkten sie es nicht. Dean bat den Taxifahrer, Umwege zu fahren und Haken zu schlagen, während Koni den nachfolgenden Verkehr durch die Heckscheibe beobachtete. Miri saß zwischen ihnen und versuchte sich gegen das Gefühl zu wehren, nutzlos zu sein, und bei dem Gedanken an Bai Shen und Lysander und ihr Gerede über die Jade keinen Nervenzusammenbruch zu bekommen. Sie dachte auch an Owen, und nach einer Weile wurde ihr klar, dass seine kleine Glen-Campbell-Statuette in der Hosentasche von Deans Jeans gewesen war, als er gebrannt hatte. Entweder lag sie noch auf dem Dach der Gedächtnishalle, oder sie war im Feuer geschmolzen. In beiden Fällen war sie jedoch verloren, und so verfügte sie über keine weitere Verbindung zu dem alten Mann.
Und du hast ihn vergessen. Sicher, du hattest einen guten Grund, aber du bist frei, und er ist es nicht; außerdem ist er fast siebzig. Er kann nicht mehr so gut mit Stress umgehen wie früher. Wenn du ihn nicht findest...
Sie versagte es sich weiterzudenken. Nein, nein, nein. Sie würde ihn schon finden. Owen war nicht für immer verloren. Sie hoffte nur, dass er ihr verzeihen würde, dass seine Rettung so lange gebraucht hatte.
Die Fahrt zum Chiang-Kai-shek-Flughafen dauerte mehr als vierzig Minuten, was aber nur daran lag, dass Dean den Taxifahrer so viele Umwege fahren ließ. Sobald sie auf den Highway eingebogen waren, kamen sie zügig voran. Miri sah nur einmal aus dem Fenster. Es wurde Morgen.
Dean drückte sie fest an sich. Sie spürte die Anspannung in seinem Körper, seine verkrampften
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