Geliebte des Feuers
über der Stadt zu schweben. Vor ihm befand sich ein Drache. Und neben dem Drachen ...
Sie müssen sie umbringen. Wenn die Zeit gekommen ist, müssen Sie Mirabelle umbringen.
Dean schüttelte Rictors Stimme ab. Er konnte nicht einmal über diese Möglichkeit nachdenken. Es war entsetzlich, schlicht undenkbar. Dean würde diesem Hundesohn in den Hintern treten, wenn er ihm noch einmal über den Weg lief.
Aber jetzt musste er sich erst einmal um den Drachen kümmern. Den Serienmörder. Dean sah, wie die Kreatur die Klaue hob, Miris Gesicht berührte, sah, wie sie ihn anstarrte, wissend. Er feuerte.
Es war ein guter Schuss. Dean sah, wie die Kugel in den Hals des Gestaltwandlers ein drang. Doch statt tot umzufallen, fuhr der Drache nur herum, so unverletzt, als hätte ihn bloß eine Mücke gestochen.
Dean fluchte und feuerte wieder. Und wieder. Blut spritzte auf den weißen Stein, auf das weiße Fleisch. Ein Schrei brandete auf, schwoll an, rollte wie Donner, bis Deans Herz von diesem Geräusch vibrierte und heftig gegen seine Rippen schlug. Seine Brust war heiß, schien zu brennen, als würde er einen Augenblick lang seine Energie sammeln. Doch dann ebbte der Schmerz wieder ab, als die Augen des Drachen glühten. Und er erneut die Klaue gegen Miri erhob.
Dean lief los, schrie ihr zu, sie solle sich gefälligst in Sicherheit bringen. Sie reagierte, kroch von dem Drachen weg, auf Dean zu. Ihr T-Shirt war zerfetzt, sie hatte die Augen weit aufgerissen, und als sie sich ihm näherte, sah Dean Funken in ihrem Haar, Flammen züngelten. Er packte ihre Handgelenke und zog sie um den Mittelpfeiler des Steindachs, auf dem sie standen. Darin war eine Tür eingelassen, verschlossen. Dean schoss auf das Schloss, trat dagegen. Doch sie gab nicht nach. Sie bestand aus Holz, dicker als eine Metalltür und offenbar für die Ewigkeit gezimmert.
Aber am Tag zuvor war jemand hier oben gewesen. Dean nahm eine Fährte auf, einen wundervollen goldenen Faden, der die Treppe hinter der Tür hinabführte bis hinunter zu dem Rasen ganz tief unter ihnen.
»Dean!«, stieß Miri keuchend hervor. Er reagierte, ohne nachzudenken, ohne Plan. Er umschlang ihre Taille. Ihre Haut fühlte sich glühend heiß an. Er spürte, wie sich Energie um ihn sammelte, die goldenen Fäden wanden sich durch seine brennende Brust, bis er eine andere Brücke fand und Miri daraufstellte.
Sie verschwand. Einen Moment lang hielt sich Dean für einen ausgemachten Trottel. O verdammt, was hab ich da getan? Doch dann hörte er sie schreien. Und zwar von weit unten, vom Fuß des Mausoleums her. Dean lief zum Rand der Plattform und blickte hinab. Miri stand im Gras, hüpfte auf und ab, schwenkte die Arme und schrie seinen Namen.
Dean spürte etwas hinter sich und drehte sich um. Nur mit Mühe konnte er einen Schrei unterdrücken, denn der Mann, der Drache, der vor ihm stand, war ein Gigant, ein Monster, mehr eine Bestie als ein Mensch.
Er besaß keine Beine, sondern balancierte auf seinem riesigen Schwanz, einem langen, spitz zulaufenden, sehr muskulösen Schwanz, der so weiß war wie Schnee. Ein Weiß, das nur von dem Blut befleckt wurde, das von seiner schillernden Brust tropfte. Unter seiner Unterlippe hingen Fleischtentakel, so dick wie Schlingpflanzen, und auf seinem Kopf standen Federn hervor, deren Ränder sehr scharf wirkten.
Aber Miri war in Sicherheit. Jetzt ging es nur noch um Dean. Und mit diesem hier würde er schon fertig werden. Er war bereit.
Von wegen bereit, du Scheißlügner. Du hast dir doch gerade erst fast in die Hose gemacht.
Wovon zum Glück außer ihm selbst niemand jemals erfahren würde.
»Und mir«, flüsterte der Drache. Licht strömte aus seinen Augen, und aus seinen geweiteten Nüstern quoll Rauch. Er schnaubte einmal, wie ein Bulle, und sein Brüllen erfüllte die Luft. Ein Schwall heißer Luft traf Dean und erstickte ihn fast. Er hielt sich die Kehle, fiel zu Boden und stützte sich mit einer Hand ab. Er wollte nach seiner Waffe greifen, aber der Drache packte seinen Arm und hielt ihn fest, mühelos. Fast so, als spiele er mit ihm. Dean kam sich wie ein Küken vor, das darauf wartet, dass man ihm die Flügel ausreißt. Um dann als Mahlzeit zu dienen. O Gott!
»Ich bin niemals der Gejagte«, zischte der Gestaltwandler. Aus der Nähe sah Dean Fleischfetzen zwischen seinen scharfen Zähnen, sah die violette, gegabelte Drachenzunge. Einen Moment lang teilte sich Deans Vision, aber diesmal sah er nicht die Vibration goldener
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