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Geliebte Diebin

Geliebte Diebin

Titel: Geliebte Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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entschied Payton, als er das zerfallene Gebäude betrachtete, das von Büschen und jungen Bäumen umgeben war. Er warf seine Geisel, den Sohn des Barons von Black Thorn, über die Schulter und der Junge stöhnte auf. Bald würde er aufwachen und Payton wollte, dass er bis dahin stramm gefesselt war.
    Während der Junge noch einmal aufstöhnte, ging Payton schnell mit ihm einen überwucherten Pfad entlang, auf das Gebäude zu, das einmal, zu besseren Zeiten, ein Gasthof gewesen war. Das war schon lange her, ehe die Brücke, die den Fluss überspannt hatte, bei einer Flut weggerissen und der Weg zu einem der reicheren Dörfer verlegt worden war. Ein halbes Jahrhundert lang hatte man das Gebäude nicht mehr genutzt und nur wenige Menschen erinnerten sich noch daran, dass es überhaupt existierte.
    Paytons Mutter hatte ihm vor langer Zeit davon erzählt. Für seine jetzigen Zwecke hatte er es passend gefunden, weil dies genau der Ort gewesen war, an dem sie von dem Vater des Biests von Black Thorn vergewaltigt und geschwängert worden war. Dieser Ort würde also nun zum Gefängnis für dessen Enkel werden.
    Er malmte mit dem Unterkiefer. Er war in dem Wissen aufgewachsen, ungewollt zu sein, das Produkt einer Vergewaltigung, ignoriert von dem Lord, der ihn gezeugt hatte, toleriert von dem Baron, der ihn großgezogen hatte, Lord Regis, einem Mann, der nie in der Lage gewesen war, einen Sohn zu zeugen. Aprylls Vater.
    Selbst jetzt noch klang der Spott seiner Kindheit in seinen Ohren. Payton der Bastard. Payton der Ungewollte. Payton der Abkömmling des Teufels. Er hatte diesen Spott gehört, hatte ihn ertragen, hatte mehr als einmal seine Hand gebrochen oder andere Verletzungen davongetragen, weil er sich mit einem anderen Jungen geprügelt hatte. Doch es war das Flüstern, das am schlimmsten gewesen war, der wispernde Klatsch, der ihm und seiner Mutter überallhin gefolgt war.
    »Armes Ding«, hatten einige der alten Glucken von Serennog getuschelt und hatten seine Mutter voller Mitleid angesehen. »Sie wird immer an dieses schreckliche Ereignis erinnert.«
    »Sie hätte ihn nie zur Welt bringen sollen. Es wäre besser gewesen, wenn sie etwas getrunken hätte ... du weißt schon, um ih n loszuwerden.«
    »Oder wenn sie ihr eigenes Leben beendet hätte. Ich hätte das getan. Ich hätte niemals einen so elenden Samen ausgetragen.«
    Paytons Ohren hatten vor Scham gebrannt, denn er hatte diese Bemerkungen wieder und wieder gehört. Er hatte unter den mitleidigen Blicken gelitten, die seiner Mutter gegolten hatten und hatte begriffen, dass viele im Schloss glaubten, wegen der Vergewaltigung und der Schwangerschaft seiner Mutter würde ein Fluch auf Serennog liegen, und dass all die Schwierigkeiten, die das Schloss seit beinahe zwei Jahrzehnten heimsuchten, sein Fehler waren.
    Und jetzt würde er endlich Rache üben können.
    Der Junge in seinen Armen stöhnte erneut, als sich Payton unter den abgesackten Türrahmen duckte, in dem die Tür, die nur noch aus ein paar verrotteten Balken bestand, schief in rostigen Angeln hing. Die Wände waren trüb grau und von den Jahren verwittert, die Fensterläden waren von den Fenstern gefallen und die Äste junger Bäume hatten sich einen Weg ins Innere des Gebäudes gesucht. Das Haus erinnerte Payton an ein sterbendes Tier, das gebrochene Rückgrat lag offen, wo das Stroh des Daches weggeweht war und die Balken wie Rippen hervorstanden.
    Im Inneren stahl sich schwaches Sonnenlicht durch die Löcher in den Wänden, als Payton den Jungen auf einen vermoderten Stapel Stroh ablud.
    »Oooh«, jammerte das Kind, öffnete ein Auge und rieb sich den Kopf. Schwarzes, zerzaustes Haar fiel ihm in die Stirn, Sommersprossen zeigten sich auf seinem Nasenrücken und als er sein zweites Auge öffnete, fragte er verdutzt: »Wer zur Hölle seid Ihr?«, und zeigte dabei keinerlei Anflug von Furcht. »Wo bin ich?«
    »Du kannst mich Sire nennen«, erklärte Payton und genoss diesen Moment.
    Der Junge blinzelte heftig, als wolle er die Spinnweben aus seinem Kopf vertreiben, dann musterte er ihn verächtlich. »Ihr seid nicht Longshanks.«
    »Wohl kaum.«
    »Warum sollte ich Euch dann Sire nennen? Seid Ihr ein König?«
    »Noch nicht«, antwortete Payton und lächelte fein.
    Der Junge stützte sich auf einen Ellbogen und sah sich in dem schäbigen alten Gasthaus um. Der Boden war gestampfte Erde, ein zerbrochener Kamin war an einer Seite eines einmal großen, offenen Raumes zu erkennen, und Vorräte, die vor

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