Geliebte Diebin
...«
»Nein!«, schrie Geneva. »Nein, nein, nein! Oh, Payton ... oh ... das Baby, das Baby ... mein kostbares Baby Nein! Bitte. Hört auf!« Sie weinte und zitterte und als Vater Benjamin versuchte, sie in den Arm zu nehmen, wehrte sie sich. »Bastarde. Entsetzliche Monster! Ich verfluche euch, euch alle!«
»Psst. Ich bin hier, Geneva, und der Herr ist bei dir. Psst, sei still...« Aber er verstand ihre Worte und er fühlte, wie sie vor Furcht und Zorn bebte. Dass sie ihm erlaubte, sie zu berühren, war ein Wunder, denn auch wenn seine Augen blind waren, so begriff er doch, dass diese Frau vergewaltigt worden war und dass sie bei diesem entsetzlichen Vorgang ihr Kind verloren hatte.
»Geh in das Gasthaus. Sieh, ob jemand drinnen ist«, befahl Benjamin Henry
Der Junge rannte los, seine Schritte und sein Atem waren schon bald nicht mehr zu hören, während der Priester seine ganze Aufmerksamkeit der zitternden Frau in seinen Armen schenkte. »Also, Geneva, wir müssen dich zurück ins Schloss bringen. Nach Serennog. Du brauchst Hilfe.«
Sie zitterte, ihr Körper war eiskalt, das Haar klebte ihr am Kopf vom Schmutz und vom Regen, ihre Zähne klapperten vor Kälte oder vor dem Grauen, das sie durchlitten hatte.
Was für ein Monster lebte nur in einem Mann, eine Frau derart zu schänden?
In seinem Leben hatte Benjamin oft seine eigene Lust erfahren, er hatte das Verlangen nach einer Frau gespürt. Er hatte die Lust heiß pochend in sich gefühlt. Doch er hatte ihr niemals nachgegeben, hatte niemals zugelassen, dass die Versuchung seinen Schwur in Gefahr gebracht hatte. Er hatte Stunden auf den Knien auf dem kalten Steinboden der Kapelle verbracht, hatte zu Gott gebetet, um ihm seine Lust» seine fleischlichen Gedanken zu vergeben. Und Gott hatte ihm geholfen, er hatte ihm Kraft gegeben und ihm den Weg gezeigt. Zu viele Männer gaben der Sünde ihres Körpers nach - zu wenige von ihnen verbrachten ihre Stunden mit Gebeten.
Und diese arme Frau, die gutherzige Geneva, hatte einen schrecklichen Preis für die mörderische Wollust von Männern bezahlt, genau wie das unschuldige Wesen, das in ihr herangewachsen war. Er betete für die Seele des Babys, denn auch wenn es nicht im Sakrament der Ehe gezeugt worden war, so war es dennoch ein Mensch, ein Kind Gottes, ein reines kleines Wesen, das nicht für die Sünden seiner Eltern bestraft werden durfte.
Die Welt war manchmal sehr dunkel. »Beruhige dich«, sagte er und strich über Genevas Wange. »Wir werden schon einen Weg finden, dich nach Hause zu bringen.«
»Aaaaahhhhhh!« Der Junge stieß einen Schrei aus, der das
Blut stocken ließ. Auch Geneva schrie auf. Vater Benjamin zuckte gepeinigt zusammen. Er kam gerade auf die Beine, als er Henrys schnelle Schritte hörte.
Der Junge atmete heftig, er stotterte, und was er sagte, ergab keinen Sinn.
»Was ist los?«, fuhr Vater Benjamin ihn an, denn obwohl Henry ein guter Junge war, mit einem ehrlichen Herzen, so war er doch eher vorsichtig, um nicht zu sagen, ein kleiner Feigling, und neigte zu hoher Dramatik.
»Es ist Sir Payton«, röchelte der Junge.
»Hol ihn.«
»Nein, das kann ich nicht. Er ist tot. Man hat ihn erdolcht.«
Benjamins alte Schultern senkten sich. Traurigkeit und Verzweiflung überkamen ihn. »Bist du sicher?«, fragte er und begriff jetzt Genevas Klagen.
»Aye. Oh, aye.«
Geneva stieß ein schmerzliches Jammern aus. »Mörder«, schluchzte sie. »Mörder. Black Thorn. Mögen die Götter eure Seelen verfluchen ... oh, oh ... Payton ...«
»Psst, Kind, es ist Zeit, dass wir für Paytons Seele beten«, sagte Vater Benjamin. Er bekreuzigte sich und ignorierte die Tatsache, dass Geneva die Lehren der Kirche verleugnete und auf die dunklen Künste vertraute. Vielleicht war das Gottes Art, sie zu bestrafen, denn er war ein rachsüchtiger Gott, aber auch ein liebender Vater.
»Bete mit ihr.« Benjamin schloss die blinden Augen. »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes ...«
Das Schloss ragte vor ihr auf, ein richtiges Gebäude aus grauen Steintürmen und dicken Mauern, hoch auf einem Hügel, eine Furcht erregende Festung aus glatten, beeindruckenden Steinen. Auf dem höchsten Turm wehte die schwarze und goldene Fahne von Black Thorn im Winterwind. Aprylls Herz sank, während sie das stolze Banner betrachtete. Ihre Finger, mit denen sie sich am Sattelknauf ihres müden Pferdes festhielt, waren eisig. Die Riemen um ihre Handgelenke waren fest, der Winterwind blies rau in ihr
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