Geliebte Diebin
ihrer Armee zu überwältigen?«, fragte Miranda spöttisch.
»Falls er sie verfolgt hat.« Collin stand unvermittelt auf. Er war das Warten leid, das Nichtstun, die Ungewissheit. »Dennis ist gestern zurückgekommen«, erklärte er den Männern. »Er hat mir ausgerichtet, wir sollten einen Armee von Männern, Pferden und Waffen nach Serennog schicken. Aber ehe wir sie auswählen konnten, seid Ihr gekommen und erzählt mir ... was? Dass Devlynn Euch zurückgelassen hat und mit einer Frau verschwunden ist, die dabei geholfen hat, ihn zu betrügen? Eine Frau, die seinen Sohn entführt hat? Ist es das, was ich Euch glauben soll?«
»Das ist es, was geschehen ist.« Lloyd wischte sich mit dem Ärmel die Nase ab und stierte voller Verlangen auf den Krug Wein auf dem Tisch neben Collins Becher.
»Wo sind die anderen?«, wollte Miranda wissen. »Si*Rudyard? Wo ist der Kapitän der Wache? Und Sir Nathan? Sir Spencer?«
Ah, da war es wieder, ihr Interesse an Spencer. Obwohl sie ihre Sorge um Spencer verbarg, indem sie auch nach den anderen fragte, durchschaute Collin sie. Sie machte sich aus keinem etwas, nur aus dem Ritter mit dem breiten Oberkörper, mit der gebrochenen Adlernase und den Augen, die so dunkel waren wie Obsidian.
Miranda ist völlig anders, als sie sich gibt, überlegte Collin nicht zum ersten Mal. Es gab etwas, das sie verbarg, ein Geheimnis, das sie für sich behielt. Er musste es wissen, nachdem auch er seine Geheimnisse hatte.
»Wir müssen sie finden«, erklärte sie ungeduldig, während sie aufstand und die Hände rang. »Sie alle.«
»Aber wie?« Collin beobachtete, wie Sorgenfalten Mirandas Gesicht furchten.
»Wir müssen ihnen natürlich folgen.«
»Nach Serennog?«
»Wohin sonst?« Voller Erwartung betrachtete sie die müden Soldaten. »Wir werden die Wälder durchsuchen, die Felder, und wir werden in den Städten nach ihnen fragen. Sicher hat sie jemand gesehen und die Farben von Black Thorn erkannt.«
»Obwohl Devlynn uns befohlen hat, hier zu bleiben?«, fragte Collin und genoss es, zu sehen, wie sich Mirandas Wangen röteten. Miranda war auf eine herbe Art wunderschön. Doch sie verließ sich eher auf ihren Verstand als auf ihre Schönheit, wenn es etwas gab, das sie wollte.
»Hat Devlynn nicht Dennis geschickt und durch ihn um neue Männer und Waffen gebeten?«, fragte sie und kam auf Collin zu. Mit leuchtenden, entschlossenen Augen schaute sie ihn an. »Was ist los mit dir, Bruder? Bist du ein Feigling? Würdest du lieber hier bleiben, versteckt hinter den dicken Schlossmauern? Lieber, als durch die eisigen Nächte und kalten Tage zu reiten, um nach deinem Bruder zu suchen?«
»Ich tue das, was für Black Thorn am besten ist.«
»Und wer entscheidet das?«, fragte sie, wobei eine solch massive Welle des Zorns von ihr ausging, dass Rearden rasch einen Schritt rückwärts machte, damit er nicht zum Ziel ihrer Wut wurde. »Ich bin die Erstgeborene, nicht wahr?«
»Das habe ich schon mal gehört.«
»Und du wirst es noch viele Male hören. Nur weil ich ohne einen Schwanz geboren wurde, wurde ich von Vater übergangen. Ich wurde als Handelsobjekt angesehen, das man an den Höchstbietenden verheiratet oder um das beste Bündnis zu schließen, während Devlynn, nur weil er ein Junge war, zum Lord gemacht wurde und du ... du bist der Ersatz für ihn. Sollte Devlynn etwas zustoßen, wirst du der Lord sein. Es stört niemanden, dass du egoistisch bist, unfähig, ein Schloss zu führen und hedonistisch dazu. Du bist ja ein Mann.«
»Während du tapfer und tugendsam bist, willst du das damit sagen?« Er sah sich die Männer im Raum an. Einige waren belustigt, andere empört, doch keiner von ihnen zeigte Verwunderung oder Furcht.
»Ich will damit sagen, dass du nicht die Fähigkeit hast, über Black Thorn zu herrschen, egal ob du nun Eier hast oder nicht.«
»Devlynn hat mich gebeten, das Schloss zu bewachen.«
»Dann war er kurzsichtig. Es wäre das Gleiche, wenn ich einen Dieb bitten würde, den Schmuck zu bewachen.«
Collin hatte es satt, sich vor allen mit ihr zu streiten. »Ich tue das, was ich für Black Thorn als das Beste ansehe«, wiederholte er.
Sie zog eine dunkle Augenbraue hoch und warf einem verächtlichen Blick auf den Becher, den er gerade leer getrunken hatte. »Indem du auf deinem Hintern sitzt und Wein trinkst?«
Er fühlte, wie sich sein Mundwinkel hochzog. »Das ist es, was ich am besten kann.«
»Dann muss ich meine Meinung über dich wohl ändern, Bruder. Ich
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