Geliebte Fälscherin (German Edition)
sich jetzt eine Tasse Tee einschenkte.
Schließlich gelang es ihr, das Plätzchen hinunterzuschlucken. „Mrs Routh …“ Sie atmete, als wäre sie ein Wettrennen gelaufen, und wischte sich die Mundwinkel ab. Dabei war sie sich die ganze Zeit Mrs Rouths argwöhnischen Blickes bewusst. „Mrs Acklen hat mich gebeten, zu ihr in ihre Privaträume zu kommen, und ...“ Claire schaute sich um. „Ich habe gerade ihr Zimmer gesucht.“
„Wirklich?“ Mrs Routh kam näher auf sie zu. „Denn es sah so aus, als hätten Sie ein Teeplätzchen verspeist, Miss Laurent.“
Claire setzte instinktiv zu einer Entschuldigung an, unterließ es dann aber. Sie hatte absolut nichts Schlimmes getan. Warum katzbuckelte sie immer vor dieser Frau? Aber sie wusste warum. Weil sie nicht den Mut hatte, sich gegen sie zu behaupten. Doch als würde ein Riegel in ein Schloss geschoben, veränderte sich etwas in ihr.
Sie warf die Schultern zurück und schaute die Haushälterin direkt an. „Mrs Acklen hat mich gebeten , in ihre Privaträume zu kommen, Mrs Routh. Ich habe angeboten, ihr Tee zu bringen, und ja, ich habe gerade ein Teeplätzchen gegessen. Was meines Wissens nicht verboten ist.“ Claire blinzelte und konnte kaum glauben, dass sie das tatsächlich laut gesagt hatte. Und ohne ein einziges Mal zu stottern. Sie war richtig stolz auf sich, versuchte aber, das nicht zu zeigen.
Mrs Routh schaute sie an. Ihre Miene verriet nichts. „Ihre Frechheit, Miss Laurent, überrascht mich zwar nicht im Geringsten, aber sie steht Ihnen absolut nicht zu.“ Sie sagte das leise und ruhig und ohne den geringsten Sarkasmus in der Stimme. „Besonders angesichts Ihrer Stellung hier auf Belmont .“
Als sie dieses eine Wort hörte, verblasste Claires kurz aufgeflackerter Stolz, und die Worte, von denen sie befürchtete, dass sie sie verfolgen würden, solange sie für Mrs Acklen arbeitete, hallten erneut durch ihren Kopf. „Als meine persönliche Privatsekretärin spiegeln Sie jetzt mich wider …“
Sie kam sich vor, als wäre sie auf die Probe gestellt worden und hätte fürchterlich versagt. Sie ließ den Kopf hängen. Sie war dieser angespannten, knappen Wortwechsel mit Belmonts Hausdame müde, und sie wusste, wenn sie es jetzt nicht wagte, würde sie nie den Mut dazu aufbringen. „Mrs Routh, mir ist bewusst, dass Sie seit unserer ersten Begegnung keine besonders gute Meinung von mir haben. Das zeigen Sie mir fast täglich mit einer brutalen Ehrlichkeit. Aber seit ich auf Belmont bin, gebe ich mein Bestes. Ich bin fleißig. Ich arbeite jeden Tag sehr hart. Ich erledige jede Aufgabe, die Mrs Acklen mir aufträgt, und suche Möglichkeiten, ihr noch mehr zu helfen. Aber Sie scheinen fest entschlossen zu sein, nur das Schlimmste von mir zu denken, und …“ Ein verräterisches Brennen trat in ihre Augen. „… ich weiß beim besten Willen nicht, warum.“
Mrs Routh schloss die Augen und seufzte, als sei sie ihrer Auseinandersetzung auch müde. „Mir ist sehr wohl bewusst, welche Arbeit Sie für Mrs Acklen machen. Und auch wenn Sie etwas anderes glauben, Miss Laurent, versuche ich nicht, das Schlechteste von Ihnen zu denken. Ich traue Ihnen einfach nicht.“
Claire hatte das Gefühl, der Boden werde unter ihren Füßen weggezogen. Sie schaute Mrs Routh fragend an. „Aber ich …“ Sie atmete aus. „Warum? Ich verstehe nicht …“
Auf dem Flur hinter ihr ging eine Tür knarrend auf. Leise Schritte waren zu hören.
„Ah, da sind Sie ja, Miss Laurent“, sagte Mrs Acklen. „Ich habe mich schon gefragt, wo Sie bleiben. Ach, wunderbar, Sie bringen meinen Tee. Guten Tag, Mrs Routh.“
Mrs Routh schaute an Claire vorbei. „Guten Tag, Mrs Acklen. Sie sehen erholter aus, Madam. Kann ich Ihnen etwas holen oder etwas tun, das …“
Während die zwei Frauen sprachen, drehte sich Claire um, um das Tablett wieder hochzuheben. Sie spürte in Mrs Rouths Verhalten gegenüber Mrs Acklen eine tiefe Loyalität. Diese Entdeckung warf ein neues Licht auf ihre Konfrontation vor ein paar Minuten. Mrs Routh war wie eine Bärenmutter, die ihr Junges beschützte. Das war zwar einerseits süß, andererseits war es aber auch fast lustig. Adelicia Acklen war gewiss kein hilfloses Junges. Sie war eine selbstsichere, starke Frau von enormer Macht und weitreichendem Einfluss.
Vor was oder vor wem sollte sie Schutz brauchen?
* * *
Die Türschwelle in Mrs Acklens Privaträume zu überqueren war, als betrete man eine andere Welt. Claire stellte das Tablett auf den
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