Geliebte Feindin
an.
»Bitte bleib, Kind.« Nora stand auf und machte sich auf den Weg ins Haus. »Dein Sonnenbrand ist noch nicht ganz verheilt, du solltest dich noch ein wenig schonen. Leiste inzwischen Matthew Gesellschaft, ich komme gleich wieder.«
Sobald sich die Tür hinter Nora geschlossen hatte, bekannte Matthew leise: »Sie ist zu gut für mich, Sara, aber ich werde mich durch nichts mehr abhalten lassen. Sobald ich meine Angelegenheiten in England geregelt habe, komme ich hierher, um an der Seite Eurer Tante meinen Lebensabend zu genießen. Wie denkt Ihr darüber?«
Sara klatschte in die Hände. »O Matthew, das sind ja wundervolle Neuigkeiten. Wir müssen die Hochzeit planen, bevor wir nach England abreisen. Ich möchte auf jeden Fall bei der Feier dabeisein.«
Ein Schatten huschte über Matthews Gesicht. »Sara, eigentlich habe ich nicht daran gedacht zu heiraten.«
Sara sprang auf die Füße. »Ihr solltet aber besser daran denken, Matthew, sonst werdet Ihr niemals hierher zurückkommen. Eine leidenschaftliche Nacht ist eine Sache, aber ein Leben in Sünde ist etwas ganz anderes. Ihr solltet an Noras Ruf denken.«
Der Seemann erhob sich langsam und starrte über das Meer. »Ich denke ja an Noras Ruf. Sie kann mich nicht heiraten, weil sie etwas Besseres als mich verdient. Ich bin ihrer nicht wert.«
»Ihr seid der Beste für Nora, und wagt ja nicht, Euch selbst so zu erniedrigen.«
»Sara, ich habe ein … bewegtes Leben geführt«, stammelte Matthew.
Sara tat das mit einem Schulterzucken ab. »Noras erster Mann war ein Pferdeknecht, und sie war sehr glücklich mit ihrem Johnny. Sie hat mir anvertraut, daß Ihr ein sehr gutherziger Mann seid, Matthew, und ich weiß, daß Ihr sie liebt. Wenn Ihr Nora heiratet, würde das eine Menge Probleme lösen. Onkel Henry würde ihr nicht mehr wegen der Erbschaft nachstellen, wenn er wüßte, daß sie einen Beschützer hat, und ich wäre sehr stolz, Euch Onkel nennen zu können.«
Matthew war gerührt und seufzte. Nach einer Weile des Nachdenkens meinte er: »Also gut, ich frage Nora. Aber Ihr müßt mir versprechen, daß Ihr es ohne weitere Diskussion akzeptiert, wenn Nora nein sagt.«
Sara umarmte Matthew und drückte ihn an sich. »Sie wird bestimmt nicht nein sagen.«
»Sara, was zur Hölle tust du da? Matthew, nimm sofort die Hände von meiner Frau!«
Weder Sara noch Matthew kümmerten sich um Nathans Aufforderung. Erst nachdem Sara einen Kuß auf Matthews Wange plaziert hatte, löste sie die Umarmung und ging auf ihren Mann zu.
»Nathan, wir sollten besser hinaufgehen, Matthew möchte bestimmt mit Nora allein sein.«
Sie drängte ihn ins Haus und die Treppe hinauf.
»Ich erkläre dir alles, wenn wir in unserem Zimmer sind.«
Am nächsten Morgen erfuhren sie, daß Nora eingewilligt hatte, Matthews Frau zu werden und daß die Hochzeit vor Matthews Abreise nach England stattfinden sollte. Er wollte nicht, daß Nora ihn begleitete, da er befürchtete, daß Henry Winchester wieder eine Gemeinheit planen könnte.
Die Trauung fand am folgenden Samstag statt, und Sara segnete die schlichte Zeremonie mit einer Tränenflut. Nathan war hauptsächlich damit beschäftigt, ihre Wangen zu trocknen, und staunte über seine gefühlvolle Frau.
Er hörte, wie sie Matthew von Herzen wünschte, daß seine Ehe ebenso glücklich werden möge wie ihre eigene.
Nathan lachte – seine Frau war wirklich eine hoffnungslose Träumerin … lächerlich romantisch … weichherzig … unschuldig und … perfekt.
12
Mehr als eine Schlange wartete darauf, in Saras Paradies dringen zu können.
Die Schiffsreise nach London verlief ereignislos. Iwan nahm Sara unter seine Fittiche und versuchte, ihr die Grundlagen der Kochkunst beizubringen, aber Sara war gänzlich unbegabt. Die Männer lobten zwar ihre Erzeugnisse, aber im Grunde war so gut wie alles ungenießbar, und das meiste endete als Fischfutter – in aller Heimlichkeit natürlich, da niemand Sara kränken wollte. Chester wurde Saras glühendster Bewunderer und verteidigte sie gegen alle Unbilden.
Nathan beobachtete jede Bewegung seiner Frau, und in kürzester Zeit mußte er sich eingestehen, wie angenehm und erfreulich ihre Gesellschaft war und wie sehr er ihr Lachen mochte.
Als sie in London ankamen, brachte er Sara sofort in das Büro der Emerald Shipping Company, um sie mit Colin bekanntzumachen.
Es war ein wunderschöner sonniger Vormittag, als sie sich durch die Menschenmenge im Hafen drängten. Nathan bat Sara, seinen
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