Geliebte Feindin
einen Anstandsbesuch zu machen«, sagte Sara. »Wenn Ihr erfahrt, weshalb ich hier bin, werdet Ihr mich aus Eurem Haus werfen lassen.«
»Schämt Euch, daß Ihr unsere Gastfreundschaft so gering schätzt«, erwiderte er. »Wir sind jetzt eine Familie, Sara. Bitte nennt mich Caine.«
»Wir werden nicht mehr lange zu einer Familie gehören«, flüsterte Sara.
»Bitte fangt nicht wieder an zu weinen. So schlimm kann die Sache doch gar nicht sein. Seid Ihr gekommen, um über Nathan zu sprechen? Was hat er getan?«
»Er hat überhaupt nichts getan«, schluchzte Sara. »Außerdem würde ich mich nie über meinen Mann beschweren – das wäre doch fast so etwas wie Verrat.«
»Ist denn Treue etwas so Wichtiges für Euch?« fragte Caine.
Sie nickte, und ihre Stirn umwölkte sich. »Man sollte auch Vertrauen zu seinem Ehegatten haben«, murmelte sie. »Manche bringen das aber nicht fertig – andere schon.«
Caine war sich nicht im klaren, worüber sie sprach, trotzdem fragte er: »Habt Ihr Vertrauen zu ihm?«
»Nicht mehr, er hat mich eines Besseren belehrt.«
Caine hatte immer noch keine Ahnung, was sie damit ausdrücken wollte, als sie erklärte: »Ich bin nicht hier, um über Nathan zu sprechen. Unsere Ehe wird ohnehin bald gelöst, das werdet Ihr verstehen, wenn ich Euch alles erklärt habe.«
Caine mußte sich anstrengen, um ein Lächeln zu verbergen, diese Frau sprach wirklich in Rätseln. Um ihr weiterzuhelfen, sagte er: »Nathan kann sehr schwierig sein.«
»Das kann er, Caine«, rief eine Frauenstimme.
Caine und Sara drehten sich zu Jade um, die in diesem Moment den Raum betrat.
Sara hatte noch nie eine schönere Frau als Jade gesehen und kam sich in ihrer Gegenwart richtig unscheinbar vor. Jade hatte wundervolles tizianrotes Haar und dieselben lebhaften grünen Augen wie Nathan.
Sara zwang sich dazu, Jade nicht anzustarren und sandte gleichzeitig ein Stoßgebet zum Himmel, daß sie nicht das gleiche aufbrausende Temperament wie ihr Bruder Nathan besaß. »Ich habe entsetzliche Neuigkeiten für Euch«, sprudelte Sara schließlich hervor.
»Wir haben schon erfahren, daß Ihr mit Nathan verheiratet seid«, erwiderte Caine gedehnt. »Es kann nichts Entsetzlicheres für Euch geben als das, und Ihr habt unser ganzes Mitgefühl.«
»Caine, du bist abscheulich«, rief Jade und strahlte ihren Mann an. »Caine mag meinen Bruder sehr«, erklärte sie Sara, »aber er würde es nie zugeben.«
Jade kam näher und küßte Sara auf die Wange. »Ihr seid ganz anders, als ich es erwartet hätte, und das freut mich. Aber wo bleiben nur meine Manieren? Ich bin glücklich, Euch kennenzuleren, Sara. Wo ist Nathan? Will er Euch hier abholen?«
Sara schüttelte den Kopf und ließ sich in den nächststehenden Sessel sinken. »Ich möchte ihn nie wieder sehen«, hauchte sie. »Oh, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
Jade und Caine wechselten einen Blick, und Caines Lippen formten das Wort »Ehekrach«. Jade nickte, bevor sie sich auf das Sofa setzte und mit der Hand auf das Polster neben sich klopfte. Caine kam ihrer Aufforderung sofort nach.
»Was auch immer Nathan getan hat, Sara, ich bin sicher, daß Ihr die Angelegenheit klären könnt«, sagte Caine.
»Mein Mann und ich haben während der ersten Zeit unserer Ehe auch ständig gestritten«, fügte Jade hinzu.
Sara sah sie verständnislos an. »Ich möchte mich ja gar nicht über meine Ehe beklagen und auch nicht über Nathan. Ich bin hergekommen, um Euch zu warnen, damit Ihr Euch auf den bevorstehenden Skandal vorbereiten könnt.«
Caine beugte sich vor. »Auf was für einen Skandal?«
»Ich sollte wohl am besten alles von Anfang an erzählen, damit Ihr mich versteht.« Sara faltete die Hände im Schoß. »Kennt Ihr die Bedingungen, die in dem Ehevertrag, der Nathan und mich aneinander bindet, festgelegt sind?«
Als Jade und Caine verneinten, seufzte Sara und begann zu erzählen: »König George, Gott schütze seinen umnachteten Geist, hatte sich entschlossen, die Fehde zwischen den St. James und den Winchesters zu beenden. Deshalb befahl er, daß Nathan und ich heiraten sollten, und als Anreiz hat er uns ein Vermögen und Ländereien versprochen, die genau zwischen den Besitztümern der St. James und der Winchesters liegen. Das Land ist sehr fruchtbar und wird von Quellen bewässert, die auch den verfeindeten Familien zur Verfügung stehen. Das heißt, daß jeder, der das Land besitzt, die anderen in den Ruin treiben könnte, wenn er die Wasserzufuhr
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