Geliebte Feindin
St. James, Ihr schuldet mir eine Hochzeitsnacht.«
3
Sie fiel nicht in Ohnmacht – sie begann gellend zu schreien. Nathan versuchte gar nicht erst, sie zum Schweigen zu bringen, und als er den Lärm nicht mehr ertragen konnte, zerrte er sie einfach in das Büro der Emerald Shipping Company und ließ sie in der Obhut ihrer Tante zurück. Als er die Tür hinter sich schloß, brach er in Gelächter aus. Ihre Reaktion auf seine Eröffnung erheiterte ihn grenzenlos. Lady Sara war wirklich leicht durchschaubar, und er zweifelte daran, daß er sich jemals fragen mußte, was in ihr vorging. Er war in seinem Leben schon so viel Falschheit und Tücke begegnet, daß er ihre Geradlinigkeit herzerfrischend fand. Laut, fügte er hinzu, aber herzerfrischend.
Nachdem er die Angelegenheiten, die vor seiner Abreise noch erledigt werden mußten, geregelt hatte, gesellte er sich zu seiner Mannschaft, die schon an Bord war. Jimbo und Matthew erwarteten ihn an Deck mit finsteren Mienen. Nathan hatte sie damit beauftragt, die beiden Damen in die Kajüten zu bringen.
»Hat sie endlich aufgehört zu kreischen?« fragte Nathan.
»Erst als ich ihr angedroht habe, ihren Mund mit einem Knebel zuzustopfen«, entgegnete Jimbo. Der riesige Mann runzelte die Stirn und fügte hinzu: »Daraufhin hat sie auf mich eingeschlagen.«
»Ich vermute, daß sich ihre Angst inzwischen gelegt hat«, meinte er ungerührt.
»Ich glaube nicht, daß sie Angst hatte«, warf Matthew ein und grinste von einem Ohr zum andern. »Hast du nicht bemerkt, daß ihre Augen Funken gesprüht haben, als du sie ins Büro geschleppt hast? Auf mich hat sie eher den Eindruck gemacht, als ob sie vor Zorn rasen würde.«
Jimbo nickte widerstrebend. »Als du dich davongemacht hast, hat sich die Situation noch zugespitzt. Nicht einmal ihre sanftmütige Tante konnte sie beruhigen. Als sie endlich ihren hysterischen Ausbruch überwunden zu haben schien, fragte sie, ob sie nicht jemand zwicken könnte, damit sie aus dem Alptraum aufwacht.«
Matthew grinste. »Der gute Felix hat das wörtlich genommen, aber er war ja noch nie besonders helle.«
»Felix hat sie angefaßt?« fragte Nathan mehr fassungslos als ärgerlich.
»Nein, natürlich nicht«, versicherte Jimbo schnell. »Er hat nur versucht, sie zu zwicken, das ist alles. Er wollte ihr einen Gefallen tun, du weißt ja, wie hilfsbereit der Junge immer ist. Aber deine kleine Braut hat sich augenblicklich in eine Wildkatze verwandelt, als er in ihre Nähe kam. Ich wette, daß Felix in Zukunft sehr vorsichtig sein wird, wenn sie ihn um etwas bittet.«
Nathan schüttelte verdrossen den Kopf und wollte sich ohne ein weiteres Wort davonmachen, als Matthew meinte: »Vielleicht fühlt sich Sara besser, wenn sie in der Kajüte ihrer Tante untergebracht wird.«
»Nein.«
Nathan bemerkte erst, als die beiden Männer lachten, wie schroff sein Tonfall gewesen war, und setzte freundlicher hinzu: »Sie bleibt in meiner Kajüte.«
Matthew rieb sich das Kinn. »Also gut, Junge, aber das könnte Probleme geben. Sie hat keine Ahnung, daß es deine Kajüte ist.«
Nathan zeigte sich nicht allzu bekümmert über diese Feststellung. Er runzelte aus einem anderen Grund die Stirn – der alte Seemann hatte ihn »Junge« genannt. Beide, Jimbo und Matthew, benutzten diesen Namen nur, wenn sie allein mit ihm waren. Offensichtlich waren sie der Meinung, daß er die Bezeichnung »Captain« nicht verdient hatte. Er hatte die Männer angeheuert, als er das Schiff übernommen hatte, und sie waren in kürzester Zeit unentbehrlich für ihn geworden. Sie wußten alles über die Seefahrt und kannten jeden Piratentrick. Er hatte viel von ihnen gelernt, und sie behaupteten, daß sie auf ihn aufpassen müßten – Gott allein wußte, wie oft er das schon gehört hatte. Aber er mußte zugeben, daß sie schon unzählige Male ihr Leben riskiert hatten, um das seine zu retten. Ihre unbedingte Treue überwog bei weitem ihre schlechte Angewohnheit, ihn »Junge« zu nennen.
Nathan musterte ihre erwartungsvollen Mienen und sagte: »Sie wird noch früh genug erfahren, in wessen Kajüte sie ist.«
»Die Tante ist in einer jämmerlichen Verfassung«, erzählte Matthew. »Ich wette, daß ein paar ihrer Rippen gebrochen sind.«
»Dieses Werk können nur die Winchesters vollbracht haben, stimmt’s?« fragte Jimbo.
Nathan nickte.
»Welcher Bruder von dieser Höllenbrut war das?« wollte Matthew wissen.
»Offensichtlich steckt Henry hinter der ganzen Sache, aber es
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