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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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konnte den Schmerz, durch so viele Lügen und Geheimnisse von Simon getrennt zu sein, aufwiegen. „Ich will es versuchen“, sagte sie. „Für Grafton.“
    Simon sah sie einen langen Moment an, und sein Blick spiegelte ihre verwirrten Gefühle wider. „Dann muss mir das reichen“, sagte er und küsste sie noch einmal, aber diesmal lag Trauer in seiner Berührung, und sie spürte seinen Schmerz. Er vermischte sich mit ihren Tränen. Als er ging, sah er nicht zu ihr zurück.

9. KAPITEL
    Am Morgen des Hochzeitstages lag dichter kalter Nebel über den Wiesen. Anne zitterte, als Muna und Edwina ihr in das Kleid aus Silberbrokat halfen, in dem schon ihre Mutter geheiratet hatte. Es war altmodisch, aber es schien ihr irgendwie passend. Anne konnte nicht in ihrer schwarzen Trauerkleidung vor den Altar treten, aber sie wollte auch nicht eines ihrer Alltagskleider tragen. Die fließenden Ärmel des Gewands waren scharlachrot gesäumt, und es gab eine passende rote Borte am Rocksaum und am Halsausschnitt.
    „Oh, Madam“, klagte Edwina, als sie versuchte, etwas Farbe in Annes Wangen zu kneifen, „Ihr seid blass und bleich wie eine Statue!“
    „Ich weiß.“ Annes Zähne klapperten vor Aufregung und Kälte.
    Verstohlen wischte Edwina sich eine Träne aus dem Auge. „So sollte es nicht sein, Madam, dass Ihr nun in Krieg und Blutvergießen heiratet. Ich erinnere mich noch, als wir Euch vor Jahren für Eure Verlobung mit Lord Greville angekleidet haben …“
    „Nicht“, sagte Anne. Sie konnte es nicht ertragen, daran zu denken, wie es früher zwischen ihr und Simon gewesen war. Sie wollte jenes Glück greifen und für immer festhalten, aber sie wusste, dass es verloren war. Ihre Stimme brach. „Bitte nicht, Edwina.“
    „Oh, Nan!“ Muna schloss sie fest in ihre Arme und trat dann zurück. „Deine Eskorte ist hier, Nan. Sie wollen dich zur Kirche begleiten.“
    Anne sah zur Tür hinüber, wo Will Jackson in der schwarzscharlachroten Uniform der Grevilles stand. Sie wusste, dass er hier war, um sie zu beschützen, und nicht, um sie vor den Altar zu zwingen, aber auch so war er eine schmerzvolle Erinnerung daran, wie die Dinge standen.
    Edwinas Züge wurden weich. „Ihr seht wunderschön aus, Madam. Euer Vater wäre sehr stolz auf Euch. Erinnert Euch. Er wollte, dass Ihr Lord Greville heiratet.“
    Anne versuchte, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken.
    „Ich weiß, Edwina. Ich tue dies für ihn und für die Zukunft Graftons.“
    Der Nebel hob sich, als Anne auf ihrem Zelter durch das Tor des Gutshauses und auf die Straße hinunter zum Dorf ritt. Simon hatte entschieden, dass sie in der Dorfkirche und nicht hinter den dicken Mauern der Burg heiraten sollten. Anne wusste, dass es eine öffentliche Demonstration war, ein Zeichen, dass Lord Greville mit Lady Anne auch ganz Grafton in Besitz nahm.
    Eine bleiche Sonne brach durch die Wolken und wärmte die Menge. Anne blickte die alte gepflasterte Straße hinunter, an deren anderen Ende Simon sie an der Kirchentür erwartete. Sie konnte ihn schon aus großer Entfernung sehen. Aufrecht und ruhig stand er da und ließ sie keinen Moment aus den Augen. Anne fühlte eine tiefe Traurigkeit. Sie war dabei, diesen Mann zu ihrem Ehegatten und zum Herrn über all ihren Besitz zu machen. Einst war das ihr größter Wunsch gewesen. Nun fühlte sich alles zwischen ihnen verdreht und falsch an.
    Simon hob sie mit festen und sicheren Händen aus dem Sattel und stellte sie auf die Füße. Für einen Moment sah sie in sein Gesicht. Er sah ernst aus und nachdenklich, aber seine Augen strahlten hell. Er nahm ihre Hand und führte sie zu Pater Michael, der schon auf sie wartete. Anne nahm einen tiefen Atemzug. Ihre Entscheidung war gefallen. Für Grafton und für ihren Vater würde sie mit all der Anmut und Würde Lady Greville werden, die ihre Hochzeit vor vier Jahren begleitet hätten. Was allerdings fehlen würde, war die Freude.
    Das Hochzeitsbankett begann nach dem Gottesdienst und würde den ganzen Tag und die halbe Nacht andauern. Alle Einwohner Graftons waren anwesend, vom ältesten Großmütterlein bis zum kleinsten Kind. Die Große Halle war bis zum Bersten gefüllt mit Leuten, und als es zu voll wurde, strömten die Menschen in den Burghof und feierten dort zwischen Feuerschalen und Alefässern weiter.
    Es gab Musik, Maskenspiele und Artisten, denn eine Truppe von reisenden Schaustellern hatte zufällig von der Hochzeit gehört und war gekommen, um ihre Dienste anzubieten.

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