Geliebte Korsarin
besserer Vergleich einfallen würde.«
Dann schob sie ihn einfach zur Seite und verließ den Raum.
Fernando Dalques riß an seinem Menjoubärtchen, strich sich ein paarmal nervös durch die schwarzen Locken und begab sich dann in den Nebenraum.
Dr. Rainherr stand am Fenster und blickte auf eine Art Frachthof, wo zwei große Trucks beladen wurden. Gabelstapler karrten aus einem Lagerhaus Kisten heran. Sie waren mit Empfangsorten bemalt, rund um die Erde, sogar SYDNEY stand auf einem Kistendeckel.
»Gibt es denn so viele primitive Künstler in Belize?« fragte er, als er Fernando eintreten hörte. Er drehte sich dabei nicht um.
»Das ist Whiskey. Bourbon-Whiskey nach amerikanischer Art. Kein Whisky! Wir können ihn zum halben Preis liefern.«
»Und die Einfuhrzölle der einzelnen Länder?«
Fernando lächelte mitleidig. »Die Ware wird auf hoher See umgeladen. Was dann mit ihr passiert, interessiert uns nicht mehr.«
»Also eine schwimmende Schnapsgroßhandlung! Junge, Sie haben Ideen …« Dr. Rainherr trat vom Fenster zurück. »Na, hat Ihnen meine Unterhaltung mit meiner Tochter gefallen?«
»Sehr.« Fernando verzog sein Gesicht. Der Kerl ist nicht zu fassen! »Warum haben Sie gelogen?«
»Habe ich das? Ich fühle mich wirklich wohl! Und was den Hai betrifft …«
»Ich kriege Sie, Señor«, sagte Fernando böse. »Auch wenn Mary-Anne plötzlich die Amme spielt. Ein weggejagter Hai kommt immer wieder, bis er zuschnappen kann.«
»Was wird aus Pedro Luba?«
»Pedro Luba?« Fernando sah Rainherr erstaunt an. »Wer ist das? Haben Sie einen Pedro Luba kennengelernt? Etwa ein Kollege von Ihnen?«
»Ach so! In Belize gibt es keine Einwohnermeldeämter …«
»Wer will die Menschen im Dschungel und Urwald erfassen, Doktor? Hier kommt ein Mensch, und da geht ein Mensch. Hat es einen Sinn, danach zu fragen?«
Andreas Rainherr nickte stumm. Er hatte verstanden.
Wenn es für ihn ein Überleben gab, lag es ganz in Mary-Annes Hand. Von Fernando Dalques war nichts als die Vernichtung zu erwarten.
Aber zunächst war alles wie im Märchen: Dr. Rainherr bekam in dem weißen Kolonialpalast eine Zimmerflucht zugewiesen – mit eigener Terrasse und einem eigenen kleinen Swimmingpool.
Ein Neger mit der Figur eines Schwergewichtsboxers – er war tatsächlich Boxmeister aller Klassen von Belize gewesen und hatte den Ring nur verlassen, weil ihm ein tüchtiger Manager fehlte – wurde Rainherr als Diener zugewiesen.
Gegen Abend erschien Fernando Dalques, um zu fragen, ob sein Gast mit allem zufrieden sei. »Ich habe gute Nachricht«, sagte er dann, »wir haben uns auf Cayman Brac erkundigt: Sie sind glatte zwei Millionen wert!«
»Und das nennen Sie eine gute Nachricht?«
»Wenn Ihre Tochter diese Summe auf eine noch abzusprechende Art überweist, sind Sie ein freier Mann, Doktor!«
»Sie lügen, Fernando! Ich weiß zuviel.«
»Und Sie werden schweigen, weil Sie Mary-Anne lieben. Diese zwei Millionen … das ist mein Geschäft!«
»Weiß Mary-Anne davon?«
»Selbstverständlich.«
»Und sie macht mit …?«
»Ihr Geschäftsbereich ist das Meer. Jetzt sind Sie an Land, Doktor. Und dafür bin ich zuständig!«
»Wo ist sie jetzt?« – »In ihrem Büro.«
»Sie hat wirklich ein Büro?« rief Rainherr entgeistert. »Und verwaltet ihre Piraterie wie eine Handelsfirma? Wenn man eines Tages alle Unterlagen findet …«
»Wer soll sie finden? Die Justiz von Belize etwa?« Dalques lachte böse. »Erst müßte eine begründete Anzeige eingehen, und dann würde noch niemand hier glauben, daß Miss Tolkins eine Piratin ist. Kommen Sie mit, sehen Sie sich den Betrieb an.«
Es war faszinierend.
Der Handel mit Häuten und primitiver Eingeborenenkunst war ein normales Geschäft … Was aber mit dem geraubten Schmuck und den sonstigen Wertgegenständen, mit Gemälden, Teppichen und den vielen anderen Beutestücken, die von den Millionärsyachten stammten, geschah, das war ein Hehlerbetrieb internationalen Ausmaßes.
Auch den ›Syndikus‹, einen Dr. Emano Casillas, lernte Rainherr kennen. Der ehemalige Rechtsanwalt, ein soignierter weißhaariger Herr mit guten spanischen Manieren, begrüßte Dr. Rainherr etwas zurückhaltend.
Er war bereits darüber informiert, daß Miss Tolkins einen Gast mitgebracht hatte, der sich als eine alles in die Luft sprengende Bombe entwickeln konnte. Der Fehler, den Mary-Anne begangen hatte, war nach Ansicht Dr. Casillas' nicht wieder zu reparieren, es sei denn, man erfahre in Kürze, daß
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