Geliebte Korsarin
probeweise anspringen und fuhr einige Runden im Hafenbecken.
Rainherrs Yacht war zwar in der Ausstattung mit der ALTUN HA ohne weiteres vergleichbar – was die Salons und vor allem die Küche betraf, lag sie sogar noch eine Klasse höher –, aber sie war ihr in Schnelligkeit und Wendigkeit unterlegen, wie es bisher jedes Boot gewesen war. Sogar die sogenannten Schnellboote der Marine, auf die man so stolz war, fielen ab, wenn die ALTUN HA äußerste Kraft entfaltete und über die See flog.
Das einzige, was ihr gefährlich werden konnte, waren die amerikanischen Tragflügelboote der US-Navy in Florida …
Aber in dieses Gebiet war man wohlweislich nie eingedrungen, um dort Yachten zu kapern.
Und als ein solches Tragflügelboot der Küstenwache auf den Bahamas stationiert wurde, hatte man die Inselgruppe sofort aufgegeben und nur noch die südlichen Ausläufer, die Turks- und Caicos-Islands, ›besucht‹. Aber auch das nur ›im Notfall‹, wenn Luis de Vegas keine lohnendere Objekte bei den Jungfern-Inseln oder den Kleinen Antillen meldete.
»Ein lahmer Kahn!« brummte McDonald deshalb auch, als sie wieder am Kai anlegten. »Aber immerhin, wir haben etwas Schwimmbares unter uns.«
Die Ausrüstung der ANNETTE I war rasch beendet. In den Lagerhäusern lag ja genug Material herum, das als Kunstgegenstände deklariert und von den Zollbeamten, die eine offene Hand immer bereithielten, auch schon plombiert worden war. Womit alle weiteren Kontrollen ausgeschaltet wurden!
Ein amtliches Siegel ist tabu … das ist überall so auf der Welt.
Dr. Casillas überwachte persönlich die Auswahl der Ladung … Er strich auf Listen ab und kontrollierte peinlich genau. Da hieß es beispielsweise: 200 Schnitzereien der Mapra-Indianer (Masken, Tanzfiguren, Götterbilder). Die Kiste enthielt aber Maschinenpistolen einschließlich gefüllter Ersatzmagazine. Oder: 100 Schildkrötenpanzer, Größe III. – Wirklicher Inhalt: Handgranaten, ein kleiner Minenwerfer. Die Geschoßminen dazu lagen in einer anderen Kiste, auf der in großen schwarzen Buchstaben stand: Schlangenhäute und Krokodilrücken, Größe I. Das waren große, lange Brocken … oder 50 Werferminen.
»Das genügt!« rief McDonald, der das Kommando übernommen hatte. »Wenn der Chef drei Luft-Wasser-Raketen durch den Himmel schaukelt, brauchen wir das alles nicht mehr. Wir wollen ja keine Seeschlacht führen …«
»Bei Miss Tolkins ist alles möglich«, antwortete Dr. Casillas ahnungsvoll. »Oder glaubst du, Jim, sie ergibt sich ohne Gegenwehr?«
»Bei Raketen aus der Luft?«
»Und dieser Dr. Rainherr ist auch noch da.«
»Sie haben doch keine Chance …«
»Wenn Fernando sie allein auf See erwischt! Sind sie aber so raffiniert und fahren im Windschatten von Frachtern auf internationalen Wasserstraßen, kann Dalques gar nichts machen! Er kann doch nicht einen Angriff auf einen Frachterzug fliegen! Wir leben doch nicht im Krieg.«
»O verflucht, daran habe ich nicht gedacht!« McDonald zerwühlte seinen roten Haarwald. »Hat der Chef auch daran gedacht?«
»Nein! Ich habe es ihm erst vor zehn Minuten per Funk gesagt.«
»Und was hat er geantwortet?«
»Wenn ich sie erst ausgemacht habe, habe ich Zeit. Einmal werden sie allein sein. Sie können sich nicht hundert Jahre hinter andere Schiffe kleben!«
»Verdammt! Muß der eine Sauwut haben!« meinte Jim dumpf. »Da geht es nicht nur um Geld.«
»Nein. Er hat Miss Tolkins immer haben wollen, aber sie hat um sich gebissen, wenn er nur davon anfing. Und plötzlich kommt so ein Dr. Rainherr, und Mary-Anne benimmt sich so dämlich wie ein Schulmädchen!«
Dr. Casillas steckte die Listen ein und schob seinen Strohhut tiefer in die Stirn. Die Nachmittagssonne brannte noch einmal mit aller Kraft, bis sie rotgolden werden und im Meer versinken würde.
»Was war Miss Tolkins für eine herrliche, tollkühne Piratin! Sie hat nie verloren …« Ein Seufzer Casillas' begleitete diese Worte.
»Nie!« beteuerte McDonald stolz.
»Und auf einmal kapituliert sie vor diesem Deutschen! Es ist schon etwas dran, daß man diese Kerle nirgendwo mag! Überall bringen sie Unruhe, wo sie auch nur auftauchen!«
»Wir laufen gleich aus.« Jim McDonald betrat die Gangway und gab Dr. Casillas die Hand. »Also Richtung Kolumbien? Verrückt!«
»Don Fernando sucht an der Küste von Honduras und bis zu den Bahías. Weiter können sie noch nicht sein.«
»Auf der Handelsstraße also …«, sagte Jim sauer. »Wie angenommen.«
»Um so
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