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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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ringend, ließ sie ihre Hand wieder sinken. „Leb wohl, Mark.“
    Er nickte ihr kurz zu, wandte sich um, nahm Hut und Handschuhe vom Tisch und eilte zur Tür hinaus. Er ging davon, als sei es eben kein Abschied für immer gewesen. Und dann war er fort, in der Abenddämmerung verschwunden.
    Erst da, als er längst ihrem Blick entschwunden und es zu spät war, ihn zurückzurufen, merkte sie, dass sie noch immer seinen Ring in der Hand hielt.

15. KAPITEL
    R egen rann Mark in Strömen das Gesicht hinab. Er zog seinen Mantel fester um sich, rückte die ausgebeulte Ledertasche zurecht, die sich warm an seine Seite schmiegte, und klopfte an die Tür.
    Dunkel lagen die Straßen von Bristol da. Die Straßenlaterne an der Ecke war noch nicht angezündet worden, und der Mond schien nur schwach hinter düsteren Wolken hervor. Die Tasche rührte sich kurz an seiner Seite, gab jedoch Ruhe, als die Tür geöffnet wurde.
    „Mark.“
    Natürlich machte Smite selbst auf. Verwundert betrachtete ihn sein älterer Bruder, ehe er schließlich beiseitetrat. „Komm rein.“ Und setzte mit einem Blick auf Marks durchnässte Gestalt hinzu: „Bei diesem Wetter hatte ich dich nicht erwartet. Genau genommen hatte ich überhaupt nicht mit dir gerechnet.“
    Vor vierundzwanzig Stunden hatte Mark noch voller Zuversicht und Hoffnung der Zukunft entgegengeblickt. Nun suchte er bei seinem Bruder Zuflucht und stand nass bis auf die Haut vor dessen Tür. Er hatte nicht gewusst, wohin sonst er hätte gehen, wohin er sich hätte wenden sollen. Auf dem Weg nach Bristol – die erste Etappe zu Pferde, die zweite mit der Eisenbahn – hatte Mark im Geiste seinem Bruder die Geschichte schon unzählige Male erzählt. Manchmal hatte er getobt vor Wut, meist war er einfach nur durcheinander gewesen. Nun jedoch mochte er gar nicht mehr berichten, was geschehen war. Unter anderem, weil alles viel zu demütigend war.
    Mark legte seine nassen Überkleider ab und setzte die Ledertasche vorsichtig auf den Boden. Darin war es ruhig, was ein gutes Zeichen war.
    „Lass einfach alles hier liegen. Du siehst aus, als könntest du einen ordentlichen Schluck vertragen“, meinte sein Bruder. „Sag bloß nicht, sie hat Nein gesagt.“
    Warum, oh warum nur, hatte Mark seine törichten Hoffnungen in Briefe gefasst? Und warum hatte er sie abgeschickt, noch ehe er von ihr eine Zusage hatte?
    „Könnten wir … bitte nicht darüber sprechen?“
    Seiner Miene musste deutlich anzusehen sein, dass die Dinge nicht zum Besten standen, denn statt zu spotten, wie er es für gewöhnlich tat, zuckte Smite nur die Schultern. „Ganz wie du möchtest.“
    Manch einem mochte diese Erwiderung kühl und gleichgültig in den Ohren klingen. Aber Mark kannte seinen Bruder. Er war zu ihm gekommen, weil er wusste, dass Smite ihn verstehen würde, ohne dass er ein Wort über die Sache verlieren müsste. So war es immer gewesen.
    Er war schon oft bei Smite zu Gast gewesen und wusste, was ihn erwartete. Jeder andere Mann in seiner finanziellen Position würde in entsprechendem Stil leben, hätte scharenweise Bedienstete, die all seinen Wünschen nachkämen. Nicht so Smite. Seine Mutter musste ihn auf eine Weise verletzt haben, die Mark bis heute nur ansatzweise nachvollziehen konnte. Smite war zu stolz, seine Probleme vor anderen einzugestehen. Lieber verzichtete er auf allen Luxus und lebte ganz für sich allein.
    Sie stellten keine Ansprüche aneinander. Vielleicht war das der Grund, warum Mark bereit wäre, alles für seinen Bruder zu geben.
    „Deine Tasche bewegt sich“, stellte Smite fest.
    „Ah ja, gut. Das heißt, dass dein Geschenk aufgewacht ist.“
    „Mein Geschenk?“ Sein Bruder wich zurück, mit einem Mal argwöhnisch.
    Mark fühlte jähe Zuneigung. Nur Smite konnte so vor einem Geschenk zurückschrecken. „Ja, ein Geschenk“, sagte er. „Ein ziemlich hervorragendes sogar.“ Er kniete neben der Tasche nieder und öffnete die Schnallen. Die Tasche war aus schwerem, geöltem Leder, und er hatte sie unterwegs so gut es ging unter seinem Mantel geborgen, weshalb das Innere trocken geblieben war. Und doch streifte etwas Feuchtes seine Hand, als er nun hineingriff.
    „Hier.“ Er holte das kleine, zappelnde Bündel hervor und reichte es seinem Bruder.
    „Gütiger Gott.“ Smite starrte ihn entgeistert an. „Was ist das denn?“
    „Wenn du gründlich in den Tiefen deines unermesslichen Gedächtnisses forschst, dürftest du dich erinnern, ähnlichen Geschöpfen schon einmal

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