Geliebte magische Lilie
Morgen
Da ich, wenn ich Maurice jemals wiedersehen will, wohl oder übel mitspielen muss, erscheine ich, natürlich in Lukas Begleitung, pünktlich zum Dienst. Aber noch bevor ich auch nur am Schreibtisch Platz nehmen kann ruft sie uns schon herein. Wie immer thront sie hinter ihrem Schreibtisch, auf dem im Moment einige alte Bücher liegen, und ein Manuskript, das wirkt als ob es gleich zerbröseln würde. Sie deutet auf den Stuhl vor dem Tisch und diesmal nehme ich gehorsam Platz, Lukas ist an der Tür stehen geblieben. „Es ist schön dass du vernünftig geworden bist“, sagt sie nun, noch immer ohne mich anzusehen. Als ich nicht antworte hebt sie dann doch den Blick, sie mustert mich kurz fährt dann aber ohne Kommentar fort: „Heute wirst du die Rituale für die Angelobung als Regentin durchgehen. Ich will, dass dir klar wird, was es bedeutet die Hexen zu führen.“ Das fing ja gut an, ich unterdrücke ein Seufzen und nicke nur. Sie schiebt mir vorsichtig die Rolle zu, aber gerade als ich danach greifen will läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich zucke zurück, meine Großmutter runzelt missbilligend die Stirn, aber dann erstarrt auch sie. Die Luft scheint kälter zu werden und gleichzeitiger drückender. Instinktiv greife ich nach meinem Hals, als Lukas plötzlich schreit: „Vorsicht die Tür.“ Ich springe auf und wirble herum, und erstarre endgültig zu Eis, wabernde Schatten drücken sich durch die Tür.
Sie dringen durch das Schlüsselloch nach innen und kriechen auf uns zu. Ich sollte weglaufen, aber ich bin wie erstarrt, als ich sie erkenne, es sind die Schatten aus meiner Vision. Sie bäumen sich auf und wogen schließlich auf mich zu. Ich kreische auf und werde von Lukas, der zu uns gerannt ist, zu Boden geworfen, sodass die Schatten über uns hinweggleiten. Hinter uns höre ich das Fauchen eines Feuers. Lukas springt wieder auf und gibt mir damit den Blick frei. Meine Großmutter steht aufrecht hinter ihrem Schreibtisch, über dem die Schatten nun schweben, und um sie herum lodert ein Ring aus Feuer. Die Schatten verharren, Lukas hat zwischen uns Stellung bezogen und rezitiert, ich erkenne einen Feuerzauber, und schleudert ihn schließlich auf die Schatten. Die erzittern kurz, verschlucken dann aber das Feuer, nur um noch größer zu werden. „Was zur Hölle ist das?“, schreit Lukas über die Schatten hinweg, der Regentin zu. Die steht mit verzerrtem Gesicht da, die Arme erhoben, und drückt sie nach außen um die Feuerwand aufrechtzuerhalten, aber die Schatten haben sie jetzt umkreist und rücken immer weiter auf sie zu. Ich antworte an ihrer Stelle flüsternd, als ich begreife: „Die Diener des Herrn der Schatten.“ Sein Kopf ruckt zu mir herum, der Blick fragend, aber ich kann ihm auch nicht helfen. Als er das erkennt reißt er seinen magischen Dolch heraus, lässt ihn auflodern und springt auf die Schatten zu. Er sticht nach ihnen, für einen Moment lassen sie von der Regentin ab und werfen sich gegen Lukas. Sein Dolch verlischt zischend und Lukas lässt ihn mit einem Fluch fallen. Als die Schatten wieder zurückweichen, kann ich sehen, dass seine Hand blau und steif vor Kälte ist. Die Schatten umringen nun wieder die Regentin, wo sie das Feuer berühren zischt es, als ob es mit etwas Feuchtem in Berührung kommen würde. Ich taste nach ihnen, versuche Wasser in ihnen zu finden, um meinen Trick aus der Höhle zu wiederholen, aber sie haben überhaupt kein Element in sich, da ist nur Leere. Während Lukas mit halb erfrorenen Fingern versucht einen Zauber zu wirken, erlischt das Feuer von Elisa Mac Evan vollständig. Kaltes Entsetzten kriecht meine Wirbelsäule hoch, als sie sich an sie haften und beginnen sie einzuhüllen. Sie keucht vor Schmerz auf, Lukas brüllt vor Wut, ich schreie: „Sag mir doch was wir tun können?“ Sie bäumt sich auf, lässt noch mal Feuer um sich auflodern, das die Schatten für einen Augenblick zurücktreibt, dann greift sie nach dem Pergament und wirft es mir zu. Instinktiv fange ich es auf, sie krächzt: „Mir könnt ihr nicht mehr helfen. Lukas du musst Lilly schützen, bring sie hier weg. Ihr müsst den Verräter stoppen, sonst sind wir alle verloren.“ Wie immer gehorcht er und hechtet zu mir, während ich sie noch entsetzt anstarre. Die Schatten haben sie nun fast völlig eingehüllt, nur noch ihre Augen, die immer so eisig waren, sind zu sehen, jetzt steht Entsetzen in ihnen. Ich stolpere hinter Lukas her, als er mich
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