Geliebte Myriam, geliebte Lydia
er über Nofretete und Nefertiti sprach oder besser: dozierte; so klang's nämlich.
Und was tat sich sonst? Götzi bearbeitete Lydia; Lydia betrachtete aufmerksam die eben anlegende Fähre und die ganze herrliche Landschaft und schickte mir einmal ein, ich muß schon sagen, überaus süßes Lächeln; Myriam mußte sich von Herrn und Frau Schroll, der Familie Giftzwerg und einer unserer älteren Damen interviewen lassen; und Babsi stand einfach allein herum und beobachtete mit sichtlichem Ingrimm, wie Lydia von Götzi bearbeitet wurde. Dann wandte sie sich brüsk ab, erblickte mich und stürzte sich sofort auf mich; das heißt, gestürzt hat sie sich natürlich nicht, sondern sie schlenderte - ihr wißt schon: wie zufällig - zu mir her, aber wie heißt's bei Wilhelm Busch? Man merkt die Absicht, und so weiter. Naja, geärgert hab' ich mich schon nicht, aber ertappt fühlte ich mich irgendwie, denn sie beklagte sich wortreich, mich die ganze Zeit nicht gesehen zu haben, und wo ich denn gesteckt sei? Und diese Formulierung erinnerte mich an was Bestimmtes, und darüber war ich doch wieder ganz gerührt, und ich verriet ihr nicht nur, wo ich gesteckt war, sondern auch, mit wem ich geplaudert hatte und über was. Und darüber, daß ich ihr das alles erzählte, war wieder sie, so schien's mir, ganz gerührt, und sie versprach mir, davon bestimmt keinen Gebrauch zu machen.
Inzwischen hatte die Fähre angelegt, und wir konnten einsteigen. Babsi hielt sich wacker an meiner Seite, das heißt, sie wartete geduldig neben mir, bis alle anderen eingestiegen waren, und ging dann erst ganz zum Schluß mit mir und Myriam an Bord; diesmal hatte nämlich Myriam den Ehrgeiz, als letzte einzusteigen, und das hatte den ausgesprochenen Vorteil, daß sie gleich beim Einsteigen die bereits vorher gelösten Fahrkarten herzeigen konnte und uns - ich meine: Babsi und mich - nicht mehr verlassen mußte. Ob zwar Babsi darüber genauso froh war wie ich, könnte ich nicht sagen; aber ich war auf jeden Fall sehr froh darüber, erstens sowieso, und zweitens, weil ich ihr dabei gleich die Frage unseres lieben Clemens weitergeben konnte - ich meine natürlich Frage Nummer 1 zum Thema 'Nofretete oder Nefertiti?'
'Ah, das ist eine sehr gute Frage!' sagte sie. 'Wenn du gestattest, werde ich darüber im Bus etwas erzählen, ja?'
'O ja, bitte!' rief und strahlte sie an. Und sie? Sie strahlte zurück, und so strahlten wir uns eine Zeitlang gegenseitig an, und damit die Babsi nicht allzu eifersüchtig würde, strahlte ich sie auch ein bißchen an, und sie strahlte dann ebenfalls zurück, und das war dann die reinste Anstrahlorgie, wenn ich das so nennen darf. Da hörte ich auf einmal Götzis sonore Stimme, und zwar ganz in der Nähe, und er flötete: 'Ja, was geht denn hier vor? Ist's bei euch schon so weit, oder probt ihr erst für den Ernstfall?' Er hatte sich von hinten angeschlichen und lachte uns jetzt in unsere reichlich verdutzten Gesichter; was ich aber als noch viel netter empfand, war der Umstand, daß er unsere Lydia im Schlepptau hatte. 'Darf ich vorstellen?' setzte er grinsend fort, deutete eine Verbeugung an und schob die verlegen schmunzelnde Lydia in unsere Mitte. 'Frau Lydia Dworschak!'
Und jetzt spielten wir zum Gaudium der Umstehenden und auch zu unserem eigenen Vergnügen eine richtige Vorstellungsszene mit Verbeugungen und Händeschütteln durch, und Götzi verstieg sich sogar zu mehreren Handküssen. Natürlich führte von nun an Götzi das große Wort unter uns und schwärmte unter anderem davon, wie herrlich er sich heute schon mit unserer Lydia unterhalten habe; aber dann habe sie ihn aus heiterem Himmel gefragt, ob sie denn nicht uns Gesellschaft leisten könnten, und habe darauf hingewiesen, wie köstlich wir uns doch amüsierten. Lydia selber sagte gar nichts, schenkte mir aber mehrfach ein absolut bezauberndes Lächeln.
Und so erreichten wir schneller als gedacht das andere Ufer, und dort begrüßte uns Machmut vor unserem rollenden Zuhause schon von weitem mit Händewinken und lauten Salam-Rufen. Und was glaubt ihr, wie ich ihn dann ganz speziell begrüßte?“
Giggerle blickt schmunzelnd von Johnny zur Henne und von der Henne wieder zu Johnny. Schließlich greift sich die Henne lachend an den Kopf und ruft aus: „Aha - ich weiß schon: 'Ana ...' Wie geht's weiter?“
„Genau!“ erwidert Giggerle. „'Ana ... bádrab ... áschara!' Und der Erfolg dieser Begrüßung war wieder einmal absolut umwerfend, und diesmal
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