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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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so schrecklich gestöhnt hat', sagte sie treuherzig. 'Ich dachte schon, es sei was Schlimmes passiert, und wartete ein wenig, ob sich das Stöhnen wiederholen werde, und es hat sich zum Glück nicht wiederholt, im Gegenteil: sie scheint jetzt zu schlafen, nicht wahr? Aber ein wenig bin ich immer noch beunruhigt.'
    Ui, das war jetzt schön peinlich. Was mußte sie auch so dumm fragen! Ich beschloß, mich möglichst ungeniert zu geben, und sagte: 'Du kannst ganz beruhigt sein, liebste Myriam! Ich hab' sie nur ein bißchen gestreichelt.'
    'Gestreichelt? Und wieso stöhnt sie da?'
    Ich traute meinen Ohren nicht. War sie wirklich so naiv, oder verarschte sie mich nur? Ich wußte jetzt echt nicht, was ich sagen sollte. Schließlich war's sogar denkbar, daß sie sich durch eine ehrliche Antwort von mir ihrerseits verarscht vorkommen und beleidigt fühlen würde - hatte ich schließlich schon erlebt.
    Plötzlich hörte ich sie flüstern: 'Christian? Warum gibst du mir keine Antwort?'
    Jetzt packte ich den Stier bei den Hörnern und sagte: 'Weil ich ganz verlegen bin. Sag, weißt du's wirklich nicht, oder willst du mich nur ... auf den Arm nehmen?'
    'O nein, ich möchte nicht, daß du dich auf meinen Arm drauflegst. Mir tut ja alles weh, ganz besonders der Kopf. Und im übrigen sprichst du in Rätseln.'
    Nun, im folgenden gab ich mir wirklich redliche Mühe, ihr einige der Rätsel, in die sie offensichtlich noch immer nicht eingeweiht war, zu erklären und sie im besonderen über die Frage aufzuklären, wie Streicheln und Stöhnen zusammenhängen. Sie hörte atemlos zu, bedankte sich herzlich, als ich fertig war, und seufzte zuletzt: 'Ach, wie hat es doch die Lydia gut! Ich beneide sie richtig!'
    'Du beneidest sie?' wiederholte ich verwundert. 'Wie meinst du das?'
    'Naja, weil sie sich eben streicheln lassen kann. Du hast sie doch jetzt erst auf dieser Reise kennengelernt, oder nicht?'
    'O ja, aber ...'
    'Na siehst du? Sie kann sich offensichtlich jederzeit in einen Mann verlieben und sich von ihm streicheln lassen!'
    'Ja, theoretisch schon ...'
    'Eben. Und das kann ich nicht.'
    'Und wieso nicht?'
    'Weil eine ägyptische Frau das nur mit ihrem Ehemann tun darf.'
    'Aha, und weil du noch nicht verheiratet bist.'
    'Genau. Und weil sich eine ägyptische Frau, offenbar im Gegensatz zur Europäerin, für ihren Ehemann aufsparen muß.'
    'Das versteh' jetzt ich nicht. Was meinst du damit: sie muß sich für ihren Ehemann aufsparen?'
    'Na, sie muß ihre Jungfräulichkeit für ihren Ehemann aufsparen. Du erinnerst dich sicher, wie ich vor einigen Tagen im Bus von der Wichtigkeit des unberührten Jungfernhäutchens und des blutbefleckten Handtuchs bei der Hochzeit gesprochen habe - das war, als ich durch die empörten Zwischenrufe des einen Ehepaares unterbrochen worden bin ...'
    'Ja, ja, unsere lieben Giftzwerge!' lachte ich und fügte nachdenklich hinzu: 'Was die jetzt in diesem Augenblick wohl gerade machen, sie und die anderen von unserer Großfamilie?'
    Da lachte sie bitter und sagte: 'Ob wir das noch jemals erfahren werden?'

'Na, das hoffe ich doch stark!' rief ich etwas verwundert, aber doch leise aus, um meine Lydia nicht aus ihrem süßen Schlummer zu reißen.
    'Ich weiß, du bist ein unverbesserlicher Optimist', erwiderte sie trocken. 'Aber wovon haben wir denn eigentlich gesprochen?'
    'Davon, daß die Ägypterin ihre Jungfräulichkeit für ihren Ehemann aufsparen muß.'
    'Ja, genau! Und darum darf sie sich eben vor der Hochzeit nicht streicheln lassen.'
    'So?' sagte ich ungläubig, und dann ging mir ein Licht auf. Die Gute glaubte wahrscheinlich, daß beim Streicheln das Jungfernhäutchen genauso zerreißt wie beim Geschlechtsverkehr! Hatte sie sich denn noch nie selber gestreichelt?
    Während ich mir das im stillen überlegte, begann Myriam erneut: 'Siehst du, jetzt verstehst du mich. Aber du wirst mich sicher auch verstehen, wenn ich sage, daß ich die Lydia beneide und daß ich mich immer schon nach einem Menschen gesehnt habe, der ... an den ich mich anlehnen kann und den ich gern haben kann ... Das müßte nicht einmal unbedingt ein Mann sein.'
    'Warum hast du dann nicht schon längst geheiratet? Hast du nicht selber davon gesprochen, daß die Mädchen oft schon mit 12, 13 oder 14 verheiratet werden?'
    'Ja, die meisten sogar. Mein Vater wollte mich ja genauso schon als junges Mädchen verheiraten, allerdings erst mit 16 Jahren; das ist nämlich das vom Gesetz vorgeschriebene Mindestalter. Aber ich sträubte mich damals

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