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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Nachdruck zu verleihen, legte ich das Schießeisen auf den Boden, faßte sie an den Ellbogen an und half mit mehr oder weniger sanfter Gewalt beim Aufstehen nach. Also bequemten sie sich, sich von ihrem Allerwertesten zu erheben und sich so weit nach hinten zu begeben, wo man noch aufrecht sitzen konnte, konkret: nahe der Stelle, wo wir unsere nächtliche Grabungstätigkeit beendet hatten. So weit drängte ich sie nämlich mit, wie gesagt, mehr oder weniger sanfter Gewalt zurück. Dann drehte ich mich wortlos um, marschierte schnurstracks zurück, hob das Schießeisen auf und entsicherte es, wie ich das vom Fernsehen kannte, stellte mich unmittelbar an den Fuß des Steingebirges, leuchtete mit der Taschenlampe in der linken Hand zum Schmalen Loch hinauf, hob die rechte Hand mit dem Schießeisen, versuchte in dieses, nämlich ins Schmale Loch, hineinzuzielen und merkte gleichzeitig, wie die Hand zitterte und wie überhaupt mein ganzer Körper zitterte - schließlich hatte ich sowas noch nie gemacht -, versuchte mich zu konzentrieren und nicht zu zittern, beschloß, den Unsinn sein zu lassen, und senkte sie, geriet über mich selbst in Wut, hob sie wieder, zielte wieder, konzentrierte mich wieder, nahm meinen ganzen Mut zusammen – und drückte ab.
    Es krachte, daß die Ohren zu platzen drohten, und ich stürzte sofort davon und warf mich über meine zwei Süßen, und ich fiel ausgesprochen weich und hörte noch, wie sie beide aufjaulten - ich weiß nicht, ob vor Lust, vor Schmerz oder vor Schreck. Aber dann hörte ich nur mehr ein höchst bedrohlich anmutendes dumpfes Grollen, das sich sehr rasch zu einem ohrenbetäubenden, schaurigen Gepolter steigerte, und dazu vibrierte, ja, bebte der Boden und der ganze Berg rund um uns; und zu allem Überfluß wurden wir von einer derart dichten Staubwolke eingehüllt, daß wir echt zu ersticken glaubten. Na, da wurde mir ganz anders, und ich war überzeugt, daß jetzt unser letztes Stündlein geschlagen hatte; und wie sich meine zwei armen Süßen dabei fühlen mußten, daran will ich gar nicht denken.
    Nun, es verging eine kleine Ewigkeit, und dann nahm das fürchterliche Gepolter wieder ab, und das beängstigende Vibrieren hörte auf. Und dann herrschte auf einmal wieder Ruhe, und es verbreitete sich eine unheimliche Stille, und ich spürte nur mehr, wie Lydia und Myriam, über denen ich immer noch halb drüber lag, zitterten, und auch der dichte Staub - der machte uns immer noch das Atmen fast unmöglich und brannte unerträglich in den Augen und bescherte mir speziell einen sagenhaften Niesanfall. Aber nachdem ich lang genug so gelegen war und geniest hatte und es mir bewußt geworden war, wo und über wem ich da lag, begann ich mich langsam aufzurappeln und merkte dabei, was ich in meiner rechten Hand hielt. Da fuhr mir noch einmal der Schrecken in die Knochen, und ich sprang entsetzt auf - völlig unnötigerweise natürlich -, nur, um das Schießeisen aus der Nähe meiner zwei armen Süßen fortzuschaffen, und krachte dabei mit dem Kopf gegen die Gangdecke; ich hatte nämlich ganz vergessen, daß man ja an dieser Stelle nicht mehr aufrecht stehen kann. Das tat einen Moment lang höllisch weh, und ich mußte mich hinsetzen und war ein Weilchen richtig betäubt. Aber dann faßte ich mich wieder, erhob mich vorsichtig und schlich gebückt und übrigens immer noch unentwegt niesend bis zu der Stelle, wo man wieder aufrecht stehen kann. Hier machte ich halt, griff mir an meinen immer noch arg schmerzenden Kopf und merkte, daß ich eine prachtvolle Beule hatte. Und im selben Augenblick fiel mir schlagartig ein, was sich in den letzten paar Sekunden - viel länger hatte der ganze Zauber garantiert nicht gedauert - abgespielt hatte. Und da begann ich bewußt zu schauen, was es im Lichtkegel meiner umgehängten Taschenlampe zu sehen gab, und sah zuerst nur Staub und noch einmal Staub. Und dann machte ich ein paar Schritte vorwärts und stolperte dabei über einen großen Stein, der vorher bestimmt nicht hier gelegen war, und schaute dann genauer und erkannte zu meinem Entsetzen und meiner grenzenlosen Enttäuschung, daß sich hier vor mir gar nichts verändert hatte, daß dieses verdammte Steingebirge noch immer dastand und uns den Weg nach draußen versperrte. Und ich knurrte verärgert oder stieß einen wilden Schrei aus - so genau könnte ich das jetzt nicht mehr sagen - und warf diesem saublöden, unnützen Schießeisen in meiner Hand einen mißvergnügten Blick zu, drehte

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