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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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begann ihm tatsächlich mechanisch, fast willenlos, zu folgen, und Lydia und ich folgten klarerweise dem Herrn Girgis, schon allein, um ihn vor eventuellen Anfechtungen beschützen zu können; überdies hatte er unsere Fahrkarten bei sich. Und überhaupt: was hätten wir vor diesem ungastlichen Haus noch zu suchen gehabt?
    Ja, aber wohin führte uns unser selbsternannter Führer eigentlich? Ich hab', glaub' ich, schon erwähnt, daß das Haus fast am Stadtrand von Heluan liegt und daß Heluan eine künstliche Oase ist und daß daher gleich am Stadtrand die Wüste anfängt. Nun, Gamal führte uns unter pausenlosem Umdrehen und ständigem geheimnisvollem Grinsen Richtung Stadtrand.
    Das dauerte nicht lang, und sobald wir den erreicht hatten, führte er uns weiter in die Wüste hinein; zuerst bogen wir in eine schräg aus dem Schachbrettsystem der Straßen des Städtchens herausführende Straße ein, die schon sehr bald in eine bloße, von Reifenspuren zerwühlte Wüstenpiste überging, und in der Nähe eines sogenannten Heiligengrabes, eines weißgekalkten, fast kubischen, fensterlosen Baus mit einer kleinen Kuppel drüber bogen wir von besagter Piste ab und begannen einfach querfeldein zu stolpern - jawohl, zu stolpern, denn es handelt sich dort um eine Wüste vom Typ 'Kieswüste', und es war ungefähr so, wie wenn man bei Niederwasser über die steinigen Ufer der Donau stolpert - falls ihr euch daran noch erinnern könnt.
    Besonders der Her Girgis tat sich mit der Zeit echt schwer beim Gehen, zumal es immer steiler bergauf ging; und uns plagte immer stärker die unausgesprochene Frage, wohin uns dieser offensichtlich liebenswerte Narr, aber eben Narr, wohl verschleppen mochte und wie lang das wohl noch dauern mochte und wie lang dieser alte Herr vor uns das wohl noch aushalten mochte. Überdies brannte, wie gesagt, die ägyptische Sonne wieder einmal erbarmungslos vom Himmel herab, und ein Schatten war nirgends in Sicht, und außerdem war schon längst höchste Zeit, unseren krachenden Mägen was Nahrhaftes zuzuführen; und in diesem ungastlichen Haus voller Narren war uns ja überhaupt nichts aufgewartet worden. Kein Wunder, daß es unsere Myriam bei denen nicht ausgehalten hat und mitsamt ihrem süßen Baby abgehauen ist - falls sie wirklich abgehauen ist!
    Solche Gedanken schossen mir durch den Kopf, während ich hinter Lydia, als letzter unserer Minikarawane, dahinstolperte, und unsere Unternehmung wurde mir immer unheimlicher, zumal die ganze Zeit nicht ein Wort gesprochen wurde.
    Aber nun hatten wir eine steinige Anhöhe erreicht, und von der aus hätte man eigentlich eine tolle Aussicht über Heluan und über das ganze grüne Niltal bis hinüber in die westliche Wüste mit der Stufenpyramide und zahlreichen anderen Pyramiden haben müssen, aber unser Führer dachte nicht einmal daran, für seine Schutzbefohlenen hier einen Fotostopp oder so was einzulegen, sondern strebte unaufhaltsam seinem imaginären Ziel zu - falls er überhaupt ein solches hatte; denn mir kamen da mehr und mehr meine Zweifel; und so sehr hatte er uns in seinem Bann, daß sich keiner umdrehte, geschweige denn stehenblieb. Offenbar befürchtete ein jeder, daß es auf Heluan Schwefel und Feuer vom Himmel herabregnen könnte und daß einer, der sich umdrehte, zur Salzsäule erstarren würde.
    Na, wenigstens ging's dahinter wieder bergab, obwohl man da sogar noch mehr auf die Steine aufpassen mußte als bergauf. Die Mulde oder den Talboden, oder wie ich das nennen soll, hatten wir aber bald erreicht, und jetzt drohte ein erneuter Anstieg. Dazu kam's aber nicht mehr.
    In dieser Mulde macht Gamal nämlich mit einemmal halt, und wir atmen alle hörbar auf, denn wir hoffen, daß er jetzt endlich sein Ziel erreicht hat, und sind wohl alle schon aufs höchste gespannt, was er uns hier wohl zu bieten gedenkt. Nun, zunächst einmal bietet er uns gar nichts, sondern grinst uns oder vielmehr den Herrn Girgis die längste Zeit nur komisch und geheimnisvoll an, und je länger ich ihm dabei zuschaue, um so weniger kommt mir sein Grinsen komisch vor und um so mehr unheimlich, gespenstisch.
    Dann senkt er seinen Blick und beginnt seine zernudelte Fotografie, die er immer noch in der Hand hält, zu betrachten; offenbar ist's wieder einmal Zeit, Myriam zu bewundern und zu verehren. Das geht wieder ein paar Minuten so, ohne daß einer irgendeinen Laut von sich gibt, und es ist nichts zu hören außer dem leisen Pfeifen des Windes.
    Aber dann geschieht etwas, was

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