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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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Erwachsenen.
    Naja, jedenfalls hatte Myriam einige Mühe, uns dazu zu bewegen, ihr 'unauffällig zu folgen', wie sie sich wieder ausdrückte. Und wohin führte sie uns? Ganz einfach: in den angeblich besterhaltenen Tempel des Alten Reiches gleich nebenan, den sogenannten Taltempel des Chephren mit eindrucksvollen Granitmauern und Granitpfeilern, und von diesem aus seitlich an der Sphinx entlang und von dort wieder zurück in den Bus. Mit dem Bus fuhren wir anschließend, zwischen der Cheopspyramide und der Chephrenpyramide hindurch, ein Stückchen in die Wüste hinein bis zu einem etwas erhöhten Aussichtspunkt, wo uns nicht nur zwei malerisch kostümierte Kameltreiber mit ihren Kamelen erwarteten, sondern vor allem ein traumhafter Blick auf die von der Abendsonne beleuchteten Pyramiden. Unsere Fotografen flippten jetzt nicht nur aus - sie gerieten buchstäblich aus dem Häuschen, zumal diese wirklich malerischen Kameltreiber einen tollen Vordergrund abgaben; einen anderen Vordergrund gibt's in der Wüste ja nicht, es sei denn, man mißbraucht seine Alte - pardon: seine Herzallerliebste als Vordergrund. Das ist zweifellos ein äußerst beliebtes Motiv, aber zugegebenermaßen nicht halb so malerisch wie besagte Kameltreiber. Ja, aber - so einfach war das offenbar gar nicht. Es erhob sich nämlich augenblicklich ein sagenhaftes Geschrei, denn diese Kameltreiber waren zwar an und für sich sehr gern bereit, sich als Vordergrund und Fotomotiv mißbrauchen zu lassen, aber halt nicht ohne angemessenes Bakschisch, und bis das erstens unsere Leute kapierten ...! Und was zweitens unter einem angemessenen Bakschisch zu verstehen ist ...! Also, wie gesagt, an dieser Frage entzündete sich ein unglaubliches Gezeter, und ich war froh, daß ich nicht fotografiere und mit sowas nichts zu tun habe; und jetzt wußte ich auch, warum man zwar so schön poetisch sagt 'das Schweigen im Walde', nicht aber 'das Schweigen in der Wüste'.
    Naja, das überstanden wir auch, und schließlich stiegen wir wieder ein und ließen uns von unserem lieben Machmut zurückchauffieren, jetzt aber nicht mehr zur Sphinx zurück, sondern direkt zur Cheopspyramide. Nun, wir Menschen sind ja bekanntlich allesamt Sünder, und drum ist es für uns unbedingt notwendig, ab und zu unsere Sünden abzubüßen, nicht? Gut, ein paar läßliche Sünden hatten wir heute ja schon in der kleinen Pyramide mit den Pyramidentexten abgebüßt, und einige unserer Damen, die's offenbar besonders nötig hatten, zusätzlich noch mit dem Wüstenklo und dem darauf folgenden Warten aufs Mittagessen. Aber die richtige Abbüßung, nämlich die Abbüßung der größeren und schöneren Sünden - ja, die stand uns jetzt in der Cheopspyramide bevor, und nachdem diese ja, wie wir gehört haben, die größte unter allen Pyramiden ist und ihre Gänge zwar die allerlängsten, aber trotzdem zum Großteil beklemmend eng und niedrig sind, so daß man die längste Zeit gebückt dahinkriechen und sich aneinander vorbeiwuzeln muß ...; denn wir waren ja doch nicht die einzigen Besucher; ständig kamen uns vollkommen erschöpft dreinschauende Mittouristen entgegen gestolpert und wollten an uns vorbei - wie muß es da erst früher zu Zeiten des Massentourismus zugegangen sein! Und wie stickig muß erst damals die Luft in diesen engen und niedrigen Gängen gewesen sein, wo wir jetzt schon zu ersticken glaubten! Und dazu führte der Weg teilweise steil bergauf - wie bei einer Bergtour!
    Und was war der Lohn des mühevollen Unternehmens? Eine vollkommen leere Grabkammer mit einem vollkommen leeren Sarkophag, ebenso leer wie der in der Grabkammer der kleinen Pyramide vom Vormittag, und ebenso wie dieser ohne Deckel. Aber zum Glück hatten wir ja unsere Myriam mit, und die war nicht nur als solche ein hübscher und trostreicher Anblick, sondern erzählte uns in dieser Grabkammer so viel und so Interessantes, daß wir dabei total vergaßen, daß wir ja eigentlich zum Sündenabbüßen hergekommen waren. Und bei Licht betrachtet war die Sargkammer ja auch ohne Inschriften oder Bilder eine absolute Spitzenleistung - was sag' ich: ein Wunder an Präzision! Die Wände spiegelglatt poliert, die Quadern so fein gefugt, daß man die Fugen kaum findet; und wenn man eine gefunden hat - nicht einmal eine Rasierklinge könnte man in sie einschieben! Und dabei bestehen die Quadern aus Rosengranit von Assuan, und das ist ein irrsinnig hartes Gestein. Übrigens muß man doch nicht ersticken: an zwei gegenüberliegenden

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