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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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gestillt. Und sie seien ja so arm und so bedauernswürdig und so bemitleidenswert, und sie würden morgen bestimmt nicht aufstehen können, und eine lange Busreise - na, die würden sie schon gar nicht auf sich nehmen können, nein, auf gar keinen Fall; sie seien ja so arm. Ja, und obendrein tue dem Herrn Giftzwerg auch noch die linke Schulter so schrecklich weh - jawohl, die linke Schulter, an der er gestern von einem Stein getroffen worden sei, den einer dieser religiösen Fanatiker ... Na, und so weiter, und so fort.
    Naja. Nachdem ich mir ihr Klagelied lange genug angehört hatte, wünschte ich ihnen trotz allem gute Besserung und suchte rasch das Weite. Und da war's auch schon höchste Zeit fürs Abendessen, und ich war wieder einmal der letzte. Aber siehe da: für mich war schon wieder besetzt worden. Und wer hatte für mich besetzt? Erraten: unsere liebe Lydia! Ich durfte wieder neben ihr sitzen, und diesmal ohne Myriam auf der anderen Seite. Ich war wirklich und wahrhaftig gerührt und begann irgendwie, wie man so schön sagt, Feuer zu fangen. Und wie sie freundlich mit mir redete, und wie sie mich lieb anlächelte! Und da schoß mir plötzlich ein Satz durch den Kopf: Warum bandelst du nicht mit ihr an? Wer hatte das gesagt? Ach ja, die Myriam hatte das gesagt - gerade vorhin! Offenbar ein wohlgemeinter Rat! Und ich begann in aller Heimlichkeit Lydias Körperformen zu taxieren und ihnen meine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Und dabei fiel mir auf, daß sie jetzt wieder ihr Miniröcklein anhatte und daß dieses jetzt, beim Sitzen, ganz besonders mini war; und was es freigab, sah wirklich höchst appetitlich ans: schlank und äußerst wohlgeformt - ließ durchaus Rückschlüsse auf alles übrige zu. Und ich ertappte mich dabei, daß ich damit beschäftigt war, ihre einzelnen Körperteile in Gedanken nacheinander zu entkleiden. Da erteilte ich mir im Geist selber einen Ordnungsruf und versuchte mich, mich auf die sichtbaren Partien ihres Körpers zu konzentrieren, auf ihre wunderschönen brünetten Haare, auf ihren edlen Mund, auf ihre runden Wangen ... Und da mußte ich tatsächlich an einen Vers des Sophokles denken, der mich als Student wahnsinnig beeindruckt hatte. Er lautet: 'Eros, unbesiegt im Kampf, der du in des Mädchens zarten Wangen lauerst ...'
    Eros lauert in des Mädchens zarten Wangen! Warum bandelst du nicht mit ihr an? Sie würde das sehr begrüßen! Sie ist sehr gern in deiner Nähe und spricht sehr gern mit dir! Sie besetzt für dich Sitzplätze und lächelt dich lieb und freundlich an! Nun, ich hatte zwar ursprünglich keinerlei Absichten, aber - so unrecht hat unsere liebe Myriam gar nicht! Seitdem ich meine Maria verloren habe ... Ich bin zwar kein Weiberheld - wirklich nicht! -, aber neben meiner Frau verkümmere ich ja auf die Dauer total! Eigentlich sollte ich mich mit der Zeit wirklich um eine Nachfolgerin für Maria umschauen!

    5. Teil

    Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind
    (GOETHE)

    Während ich mir solche Gedanken durch den Kopf gehen ließ, beteiligte ich mich nur sehr halbherzig an den mehr oder weniger seicht dahinplätschernden Tischgesprächen, bis dann plötzlich der Herr Heuberger, der zufällig schräg vis-à-vis von mir saß, mich persönlich anredete oder genauer über mich eine Bemerkung fallen ließ. 'Na', meinte er etwas anzüglich, 'unser geschätzter Herr Reiseleiter ist heute abend aber sehr wortkarg! Ich werde ihn doch nicht verärgert haben? Ich hab's ja in keiner Weise bös gemeint!'
    Mit dieser Äußerung riß er mich etwas unsanft aus meiner Träumerei, und ich sagte: 'Wie bitte? Wieso verärgert?'
    'Na, weil ich's gewagt habe, unsere charmante Führerin ein wenig zu kritisieren.'
    'Aber gehen Sie, deshalb haben Sie ja nicht mich verärgert!'
    'Naja, weil Sie sich für sie gleich so mächtig ins Zeug geworfen haben!'
    'Mußte ich ja! Wir wollen uns doch weiterhin ihr Wohlwollen erhalten, oder nicht?'
    Zustimmendes Kopfnicken der anderen, und Lydia rief: 'Das ist wahr! Wir sollten froh sein, daß wir jetzt die Myriam haben anstelle dieses Salam, der nur schön war und sonst nichts!'
    'Genau!' rief Götzi und lachte dabei. 'Schön sind wir selber, nicht wahr?'
    Sobald er sich im Beifall und Gelächter der anderen hinreichend gesonnt hatte, meldete ich mich wieder zu Wort und sagte: 'Ja, aber eins haben die zwei gemeinsam: sie sind beide furchtbar empfindlich. Das scheint durchaus eine Eigenheit der Orientalen zu sein. Bei ihnen kann man, glaub' ich, nicht

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