Geliebte Rebellin
mit einem der berüchtigsten Duellanten von ganz London treffen.«
»Oh, nein .« Sie eilte hinter ihm her. »Wie hat sich der arme Norris bloß in eine so schreckliche Situation gebracht? Er scheint doch so umgänglich, freundlich und liebenswürdig zu sein. Er ist überhaupt nicht der Typ, der sich auf ein Duell einlässt«
»Nein, das ist er auch nicht.« Baxter ging zu dem Tischchen, auf dem das Tablett mit dem Cognac stand, und nahm die Karaffe in die Hand. »Er hat Unterstützung bekommen.«
»Was soll das heißen?«
»Du erinnerst dich doch noch an den Magier, der Hamilton und seine Freunde im Grünen Tisch so blendend unterhalten hat?«
»Ja, selbstverständlich. Was hat er damit zu tun?«
»Nachdem wir schon gegangen waren, hat er den Mesmerismus anscheinend dafür eingesetzt, Norris dazu zu bringen, sofort loszuziehen und einen Mann namens Anthony Tiles zum Duell herauszufordern.«
»Das ist ja grässlich«
»Hamilton und die anderen konnten Norris nicht davon abhalten. Und nachdem die Tat vollbracht war, ist es ihnen auch nicht gelungen, ihn dazu zu überreden, dass er sich entschuldigt und die Herausforderung zurückzieht. Sie haben sich bemüht, den Magier aufzutreiben, damit er den Trancezustand aufhebt, aber sie wissen nicht, wo sie ihn finden können.«
»Gütiger Himmel.« Charlotte ließ sich langsam auf einen Stuhl vor dem Kamin sinken. »Und deshalb hat sich Hamilton hilfesuchend an dich gewandt.«
»Ja.« Baxters Augen funkelten sie über den Rand des Cognacschwenkers hinweg kurz an. »Es weist alles darauf hin, dass er mit seinem Latein am Ende war und nicht mehr gewusst hat, an wen er sich sonst noch hätte wenden können. Hamilton hat meine Hilfe bisher noch nie in Anspruch genommen.«
»Was wirst du tun?«
Baxter zuckte die Achseln. »Ich habe mir einen Plan ausgedacht, der, wenn ich Erfolg damit habe, bewirken könnte, dass sich diese ganze Geschichte ohne jedes Blutvergießen aus der Welt schaffen lässt«
»Und was ist, wenn dein Plan sich nicht bewährt?«
»Dann könnte es jemanden das Leben kosten.«
Charlotte faltete die Hände, und ihre Knöchel traten hervor. »Dein Plan wird sich bewähren.«
»Ich danke dir für dein Vertrauen. Hamilton dagegen zweifelt ganz entschieden daran.«
»Worin genau besteht dein Plan, Baxter?«
Er lächelte sarkastisch. »Er ist weder besonders kühn, noch übermäßig aufregend. Er begründet sich auf meine Kenntnisse auf dem Gebiet der Chemie.«
»Wenn das so ist, dann bin ich ganz sicher, dass sich dein Plan als sehr kühn und aufregend erweisen wird. Ich gehe sogar davon aus, dass deine Einfälle geradezu brillant sind.« Sie unterbrach sich. »Es wäre gewiss interessant, die Resultate zu beobachten.«
Er hob eine Hand zu einer Geste, in der sich Warnung und Flehen zugleich ausdrückten. »Du darfst noch nicht einmal die Möglichkeit ins Auge fassen, diesem Duell beizuwohnen. Ich werde auch so schon genug Grund zur Sorge haben.«
»Das ist vermutlich wahr. Was für eine Sorte Mann ist dieser Anthony Tiles ?«
Baxter trank einen Schluck von seinem Cognac. »Er ist ein echter Bastard.«
Sie lächelte lakonisch. »Von seiner Geburt her? Oder hat er sich erst im Lauf der Zeit zu einem echten Mistkerl entwickelt?«
»Beides trifft auf ihn zu. Sein Vater war ein Vicomte, der Erbe des Coltrane-Vermögens. Anthony ist, wie man so schön sagt, auf der falschen Bettseite geboren worden. Er ist das Produkt der Affäre seines Vaters mit der Gouvernante der Familie. Es gibt keine legitimen Nachkommen. Ein Neffe hat den Titel und die Ländereien geerbt. Das Wissen um alles, was ihm entgangen ist, nagt schon seit Jahren an Tony.«
»Das klingt alles ganz so, als seist du persönlich mit ihm bekannt.«
»Wir haben einander in Oxford kennengelernt.«
»Wenn du früher einmal mit ihm befreundet warst, kannst du dann nicht mit ihm reden?«
»Das würde nichts nützen.« Baxter trat ans Fenster und blieb dort stehen. »Tony vertritt einen extremen Ehrenkodex. Er duldet nicht einmal die kleinste Kränkung.«
»Ich verstehe.«
»Er verbringt seine Zeit in Spielhöllen und Bordellen und ist ständig auf Ärger aus. Und den zieht er dann auch mit einer erstaunlichen Häufigkeit an. Er hat mindestens drei Duelle hinter sich gebracht. Wahrscheinlich sind es sogar noch einige mehr.«
»Kein Wunder, dass sich Hamilton schreckliche Sorgen um seinen Freund macht.« Sie verschränkte ihre Finger ineinander. »Dieser Anthony Tiles hat einen ganz
Weitere Kostenlose Bücher