Geliebte Rebellin
wenig in Erfahrung gebracht. Über die Einzelheiten meines neuen Postens werde ich heute Nachmittag informiert. In weniger als einer Stunde, um es genau zu sagen.«
Baxter setzte sich an den Schreibtisch, den er für seine Aufzeichnungen benützte. Er bemerkte, dass er gerade unbewusst eine Seite voller Beobachtungen zerknüllt hatte, die er kürzlich während eines Experiments festgehalten hatte.
»Verdammt noch mal.« Er nahm das Blatt in die Hand und strich es sorgfältig glatt.
Rosalind warf einen abwertenden Blick auf die arg mitgenommenen Notizen und sah dann Baxter gebannt an. »Mute mir diese unerträgliche Spannung nicht noch länger zu. Was waren deine ersten Eindrücke von dieser Miss Arkendale?«
»Sie erschien mir geradezu . . .« Baxter zögerte und suchte nach dem treffenden Wort. »Ungeheuerlich.«
»Teuflisch gerissen, was meinst du?«
»Schon möglich.«
»Eine hinterlistige, kaltherzige Verbrecherin?«
Baxter zögerte. »Ich muss dich darauf hinweisen, dass du faktisch keinerlei Beweise für deine Anschuldigungen in der Hand hast.«
»Pah. Du wirst schon bald auf das Beweismaterial stoßen, das wir brauchen.«
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Ich kann mir Miss Arkendale in vielen Rollen vorstellen.« Darunter auch in der einer Mätresse. Die Bilder brachen aus heiterem Himmel über ihn herein, sengend und intensiv. Sein Körper reagierte so darauf, als hätte man ihn unversehens in ein zerwühltes Bett geworfen, dem ein Geruch von Leidenschaft und Verlangen anhaftete. Vielleicht war seit seiner letzten Liaison doch etwas zuviel Zeit verstrichen, dachte er verdrossen. »Aber es fällt mir schwer, eine Erpresserin und Mörderin in ihr zu sehen.«
Rosalind funkelte ihn an. »Solltest du etwa Zweifel an diesem Projekt hegen, das wir in Angriff genommen haben?«
»Wir? Mir scheint, diese Bemühungen bleiben ganz allein an mir hängen.«
»Betreibe bloß keine Haarspalterei mit mir. Du weißt ganz genau, was ich meine.«
»Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich Bedenken habe«, sagte Baxter. »Und sogar schwerwiegende Bedenken. Zunächst einmal hast du absolut keinen Beweis dafür, dass Charlotte Arkendale Drusilla Heskett erpresst hat, ganz zu schweigen davon, dass sie sie ermordet haben könnte.«
»Drusilla hat mir eines Abends, nachdem wir eine komplette Flasche Portwein geleert hatten, persönlich anvertraut, sie hätte Miss Arkendale eine ganz beträchtliche Summe bezahlt. Als ich mich genauer danach erkundigt habe, warum sie etwas Derartiges getan hatte, hat sie abrupt das Thema gewechselt. Ich habe mir in dem Moment keine weiteren Gedanken darüber gemacht, sondern erst nach ihrem Tod wieder daran gedacht. Dann ist mir auch wieder eingefallen, wie geheimnisvoll sie dieses Thema behandelt hat. Das kann doch nicht alles nur ein reiner Zufall sein, Baxter.«
»Mrs. Heskett war eng mit dir befreundet. Wenn sie erpresst worden wäre, hätte sie dir doch gewiss etwas davon erzählt«, sagte Baxter.
»Nicht unbedingt. Bei Erpressung handelt es sich zwangsläufig darum, dass jemand an ein extrem intimes und privates Geheimnis rührt. Ein Erpresser muss damit drohen, etwas ans Licht zu bringen, wovon das Opfer nicht will, dass es herauskommt. Es geht doch alles nur darum, dass niemand etwas davon erfahren soll, möglicherweise noch nicht einmal die beste Freundin.«
»Wenn Mrs. Heskett bereitwillig bezahlt hat, weshalb hätte der Erpresser sie dann ermorden sollen? Das wäre doch keineswegs in seinem Sinne, und er hätte sich selbst damit geschadet, meinst du nicht auch?«
»Wer weiß, was im Kopf eines Erpressers vorgeht?« Rosalind erhob sich mit majestätischer Anmut und ging auf die Tür zu.
»Vielleicht hat Drusilla die Zahlungen eingestellt. Ich erwarte von dir, dass du hinter die wahren Umstände ihres Todes kommst, Baxter. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, dafür zu sorgen, dass Gerechtigkeit walten wird. Halte mich auf dem laufenden.«
»Hm.«
»Übrigens, was ich dir noch sagen wollte.« Rosalind blieb an der Tür stehen und senkte die Stimme. »Ich glaube wirklich, du wirst den armen alten Lambert in den Ruhestand versetzen müssen. Inzwischen braucht er eine Ewigkeit, um die Haustür zu öffnen. Ich habe fast zehn Minuten auf den Stufen vor deinem Haus gestanden.«
»In meinen Augen ist die Langsamkeit, mit der er Besuchern die Tür öffnet, einer seiner größten Vorzüge. Die meisten Leute, die an der Tür pochen, geben auf und gehen wieder, ohne
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