Geliebte Rebellin
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»Ja, das erwarte ich allerdings.« Charlotte fing an, sich zu ärgern. »Sie haben sich bereit erklärt, den Posten anzunehmen, und ich zahle Ihnen ein ausgezeichnetes Gehalt, Sir. Dafür erwarte ich von Ihnen, dass Sie Ihre Pflichten als mein Sekretär und Leibwächter erfüllen. Mir erscheint das alles äußerst einfach und unkompliziert.«
»Etwa so einfach und unkompliziert wie die Phlogistontheorie der Verbrennung«, gab Baxter zurück.
»Wie bitte?«
»Schon gut, Miss Arkendale. Ich habe mich nur ganz am Rande auf diesen alten Unsinn bezogen, den sich die Deutschen hinsichtlich des hypothetischen Stoffs Phlogiston ausgedacht haben. Es ist behauptet worden, mit dieser Theorie ließe sich die Verbrennung von Substanzen erklären. Ich bezweifle, dass sie damit vertraut sind.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ganz im Gegenteil, Mr. St. Ives. Ich bin mir durchaus bewusst, dass Lavoisier vor ein paar Jahren etliche außerordentlich kluge Experimente durchgeführt hat, mit denen er die alte Theorie des Phlogiston widerlegen konnte.«
Baxter brauchte einen Moment, um das zu verkraften. »Sie interessieren sich für Chemie, Miss Arkendale?«
»Nein.« Sie schnitt eine Grimasse. »Aber man hat in der Schule von mir verlangt, dass ich Gespräche über die Chemie von Mr. Basil Valentine lese, wie man es von praktisch jedem anderen jungen Menschen in ganz England gefordert hat. Einige der dort enthaltenen Informationen haben sich in meinem Gehirn festgesetzt.«
»Ich verstehe.« Baxter sah sie an, und seine Augen waren unergründlich. »Ich darf doch wohl annehmen, dass Sie Valentines Buch als außerordentlich stumpfsinnig empfunden haben?«
»Chemie zählt nicht gerade zu meinen Lieblingsthemen.« Sie lächelte ihn schüchtern an. »Ich habe andere Interessen.«
»Das glaube ich gern.«
»Vielleicht sollten wir jetzt wieder zu dem Thema der Ermordung von Mrs. Heskett zurückkehren«, sagte Charlotte streng.
»Ja, allerdings. Sagen Sie mir eines, Miss Arkendale: Wie haben Sie sich das überhaupt vorgestellt? Wie wollen Sie es anstellen, den Mörder zu finden?«
»Mrs. Heskett hat im Lauf des vergangenen Monats vier Männer abgewiesen. Einer von ihnen, ein Mr. Charles Dill, ist vor zwei Wochen an einem Herzanfall gestorben, und scheidet daher aus als Verdächtiger. Bei den drei anderen handelt es sich um die Lords Lennox, Randeleigh und Esly. Ich habe die Absicht, mich mit ihnen allen zu unterhalten. Aber vorher müssen wir erst noch eine genauere Untersuchung des Schauplatzes vornehmen, an dem das Verbrechen begangen worden ist.«
Baxter blinzelte wie eine Eule. »Mit einer Untersuchung?« fragte er erstaunt.
»Ich habe vor, Drusilla Hesketts Haus nach Anhaltspunkten zu durchsuchen.«
»Sie haben was vor?«
»Also wirklich, Mr. St. Ives, Sie müssen sich bemühen mir aufmerksamer zuzuhören. Sie können nicht von mir erwarten, dass ich alles, was ich sage, wiederhole. Ich wünsche, mich in Mrs. Hesketts Stadthaus umzusehen und es gründlich zu durchsuchen. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass das Haus leer steht. Sie werden mich begleiten und sich nützlich machen.«
Baxter sah sie an, als sei sie ein Wesen aus einem übernatürlichen Reich. »Der Teufel soll mich holen.«
3
Sie hatte das Buch Gespräche über die Chemie gelesen und war mit der in Verruf geratenen Phlogistontheorie vertraut. Sie konnte den Namen Lavoisier beiläufig in ein Gespräch einwerfen. In ihrem Arbeitszimmer stand eine ganze Reihe ausgezeichneter Bücher über eine Vielfalt von anderen Themen, und vermutlich hatte sie diese Bücher auch gelesen. Na und? sagte sich Baxter. Diese klaren Hinweise auf intellektuelle Neigungen bewiesen noch lange nicht, dass sie keine Erpresserin und Mörderin war.
Eine große Zahl von gebildeten Schurken aus der Oberschicht konnte wissenschaftliche Fakten herunterrasseln, rief er sich ins Gedächtnis. Eine gute Allgemeinbildung lieferte noch lange keinen Hinweis auf ein reines Herz und eine aufrichtige Seele. Morgan Judd, beispielsweise, war einer der intelligentesten und belesensten Männer gewesen, denen er je begegnet war.
Baxter beschlichen böse Vorahnungen, als er sich auf der nebelverhangenen Straße umblickte. Es war eine ruhige und respektable Gegend. Außerordentlich respektabel sogar. Hier standen zwar keine großen Villen, aber die Häuser gehörten offensichtlich Leuten, die sehr gute Einkünfte hatten.
Er konnte noch immer nicht glauben, dass er sich bei so miserablen
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