Geliebte Rebellin
Augen, als sie in einer weiteren Woge von Empfindungen versank. Sie schien in eine köstliche Trance verfallen zu sein. Das musste Mesmerismus sein. Vielleicht fühlte man sich so, wenn man sich einer Hypnose unterzog.
Sie steckte ihre Hände unter Baxters Mantel, da sie ihn unbedingt berühren wollte, und das, was sie spürte, begeisterte sie. Durch den Stoff seines Leinenhemdes konnte sie seine kräftige, geschmeidige Brustmuskulatur ertasten. Seine Glut und sein Geruch waren berauschend. Sie wollte mehr, soviel mehr.
Er hob ihre Röcke und die fließenden Falten ihres Umhangs hoch und schob sie bis über ihre Knie hinauf. Charlotte erschauerte, als er die Innenseite ihrer Oberschenkel berührte. Er streichelte sanft ihre nackte Haut unter dem sorgsam geschnürten Strumpfgürtel. Ein Schock durchzuckte sie.
Die Kutsche fuhr langsamer und kam zum Stehen. Charlotte erstarrte. Die Realität brach schlagartig wieder über sie herein.
»Verdammter Mist.« Baxter richtete sich eilig auf. Er beugte sich über Charlotte und ergriff seine Brille, die auf dem Sitzpolster lag. Dann zog er einen der Vorhänge zur Seite. »Wir stehen vor deinem Haus. Wie, zum Teufel, sind wir so schnell hierhergekommen? Dabei wollte ich dir heute Abend noch so einiges sagen.«
»Und ich wollte noch über alles mögliche mit dir diskutieren.« Charlotte rang um Fassung. Sie fühlte sich hilflos und aus dem Gleichgewicht gebracht. Aber sie fühlte sich auch erhitzt und atemlos und von einer Art seltsamer Vorfreude erfüllt. »Wir haben noch nicht einmal damit begonnen, die Ereignisse dieses Abends zu erörtern.«
»Das stimmt.« Er beobachtete mit grimmig zusammengekniffenen Augen, wie sie auf den gegenüberliegenden Sitz zurücksank und ihre Fassung wiedergewann. »Ich werde mich morgen bei Ihnen melden.«
Seine schroffe Art versetzte ihrer Laune einen Dämpfer. Dieser Mann hatte sie gerade eben mit großer Leidenschaft geküsst, sagte sie sich, und jetzt redete er mit ihr, als ob sie ihn beleidigt hätte. Dann begriff sie schlagartig, dass ihn die Gefühle, die sie einen Moment lang beide überwältigt hatten, zweifellos zutiefst erschüttert hatten.
In Wahrheit sah es so aus, als ob die stürmische Umarmung sie ebenso sehr aufgewühlt hatte wie ihn. Aber schließlich war sie Baxters Arbeitgeberin, und daher oblag es ihrer Verantwortung, die Situation in die Hand zu nehmen. Baxter machte sich zweifellos heftige Vorhaltungen, weil er den leidenschaftlichen Elementen seiner Natur nachgegeben hatte.
Sie beugte sich vor, um seine Hand zu berühren, so dass es hoffentlich tröstlich und begütigend auf ihn wirkte. »Machen Sie sich bitte keine Sorgen, Sir. Sie tragen keine Schuld an dem, was gerade vorgefallen ist. Emotionen von dieser Intensität werden häufig durch Aufregung und Gefahr heraufbeschworen. Unsere Begegnung mit diesem grässlichen Mann vor Mrs. Hesketts Haus war die Ursache für unsere Gefühle.«
Baxter sah sie mit einem ruhigen, festen Blick an. »Glauben Sie das wirklich?«
»Ja, selbstverständlich. Es ist die einzig denkbare Erklärung. Jede Androhung von Gewalttätigkeit kann Fluten intensiver Leidenschaft die Schleusentore öffnen.«
»Sie haben wohl schon eine ganze Menge Erfahrungen in diesen Dingen gesammelt?«
»Nun, nein, nicht direkt«, gab sie zu. »Aber ich habe genug Texte von Byron gelesen, um zu wissen, dass das, was uns gerade zugestoßen ist, keineswegs ungewöhnlich ist. Wenn wir einer Gefahr ins Gesicht sehen, sind all unsere Sinne geschärft und angeregt. Die Gefahr stimuliert sie.«
»Gütiger Himmel. Sie ziehen Ihre Schlussfolgerungen aus dem Werk eines verdammten Dichters?«
Seine Geringschätzung verletzte sie ein wenig. »Byron schreibt sehr überzeugend über die finsteren Leidenschaften. Er scheint eine klare Vorstellung von ihren Auswirkungen zu haben. Ich habe das Gefühl, dass ich aus seinen Werken und auch aus den Werken anderer Dichter der Romantik sehr viel lernen kann.«
»Wenn es nicht ganz so grotesk wäre, wäre es zum Lachen.«
»Ich bemühe mich, Ihnen eine logische Erklärung für einen Vorfall zu geben, der Sie ganz entschieden bedrückt hat, Mr. St. Ives.«
Er schaute auf ihre Hand, die immer noch auf seiner lag. Als er wieder aufblickte, lag ein gefährlicher Schimmer in seinen Augen. »Ich danke Ihnen, Miss Arkendale, aber ich glaube fest daran, dass ich diese Erfahrung auch überleben werde, ohne Zuflucht bei Ihrer eigenwilligen Logik zu nehmen. Der Tag, an dem ich
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