Geliebte Rebellin
ungläubiger Bestürzung an. »Haben Sie den Verstand verloren, Sir?«
»Das ist sehr gut möglich.« Baxter fragte sich einen Moment lang, warum ihre Reaktion ihn kränkte und verdross. Weshalb, zum Teufel, hätte sie sich für die Aussicht begeistern sollen, die Rolle seiner Verlobten zu spielen?
Dennoch wäre es in Anbetracht des Umstands, dass er den größten Teil der Nacht in einem kaum nachlassenden Zustand der Erregung verbracht hatte, erfreulich gewesen, wenn er nicht ganz soviel Entsetzen und Bestürzung in ihren Augen gesehen hätte. Schließlich war er nicht der einzige, der letzte Nacht einem Ausbruch von glühender Leidenschaft erlegen war.
»Dieser Vorschlag ist geradezu aberwitzig.« Charlotte strengte sich sichtlich an, ihre Fassung wiederzufinden. »Was hat Sie bloß auf diesen Gedanken gebracht?«
»Ich dachte, das hätte ich bereits deutlich klargestellt.« Er hatte die ganze Geschichte logisch durchdacht. Sie war eine intelligente Frau und hätte eigentlich in der Lage sein sollen, das Problem und seine Lösung ebenso klar zu erkennen wie er. »Wenn wir unsere Nachforschungen weiterhin fortsetzen und sie auf den Bekanntenkreis meiner Tante ausweiten wollen, dann können Sie mich in Zukunft nicht mehr als Ihren Sekretär ausgeben. Das ist einfach nicht machbar. Wir brauchen eine glaubwürdige Erklärung für die engen Beziehungen, die wir miteinander pflegen.«
»Eine glaubwürdige Erklärung«, wiederholte sie tonlos.
»Ja.« Baxter verspürte plötzlich den unbändigen Drang, in dem Büro umherzulaufen. Verärgert zwang er sich dazu, wie angewurzelt auf der Stelle stehenzubleiben. Unruhiges Umherlaufen war ein deutliches Anzeichen dafür, dass man gefühlsmäßig aus dem Gleichgewicht geraten war, doch seine Emotionen gerieten niemals in Aufruhr.
»Und diese Erklärung halten Sie für glaubwürdig?«
»Wenn Ihnen ein besserer Vorwand einfällt, höre ich ihn mir mit Freuden an.«
»Es muss doch einen einleuchtenderen Vorwand geben.« Charlotte trommelte mit den Fingern auf ihre Schreibtischplatte. »Lassen Sie mir einen Moment Zeit zum Nachdenken.«
»Nehmen Sie sich ruhig Zeit.« Das Gefühl der Unruhe verstärkte sich. Um es abzuschütteln, griff Baxter nach dem Buch, das neben ihm auf einem kleinen Tisch lag. Geistesabwesend warf er einen Blick auf die Worte, die auf dem ledernen Einband standen. Als er Byrons Namen sah, fluchte er leise und legte das Buch rasch zur Seite, ganz so, als hätte es sich in seinen Händen in rotglühende Kohlen verwandelt.
»Wir könnten so tun, als seien wir einander durch unser gemeinsames Interesse an der Chemie begegnet«, sagte Charlotte bedächtig. »Wir werden behaupten, wir hätten uns auf einer Tagung eines der wissenschaftlichen Verbände kennengelernt.«
»Damit ließe sich erklären, dass wir einander kennen, und auch ein gelegentliches Gespräch in der Öffentlichkeit wäre somit gerechtfertigt, aber das ist auch schon alles.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
Sie war wirklich versessen darauf, eine Alternative zu finden, dachte er grimmig. Offenbar war ihr der Gedanke an eine Verlobung mit ihm sogar dann ein Gräuel, wenn alles nur vorgetäuscht war. »Und wie sieht diese Möglichkeit aus?«
Sie warf ihm einen kurzen forschenden Seitenblick zu und richtete ihre Augen dann starr auf einen Globus, der in der Nähe des Fensters stand. »Wir könnten dafür sorgen, dass Ihre Tante mitsamt ihrem Freundeskreis davon ausgeht, wir beide unterhielten . . . wir unterhielten romantische Beziehungen zueinander.«
»Ich hätte geglaubt, das sei der Grundgedanke meines Plans.«
»Ich dachte dabei eher an eine gewissermaßen unzulässige Beziehung.« Charlotte errötete, und sie starrte weiterhin unbeirrt den Globus an. »Wir stellen es so hin, als seien wir eine Liaison miteinander eingegangen.«
»Der Teufel soll mich holen. Sie wollen allen Ernstes, dass die Leute glauben, wir hätten eine Affäre ? Das ist der dümmste Vorschlag, den ich je gehört habe.«
Sie reckte das Kinn etwas vor. »Mir scheint dieser Vorschlag durchaus vernünftig zu sein.«
»Nicht in meinem Fall.«
»Was soll das heißen?« Sie wandte den Kopf schnell zu ihm hin. »Ach, du meine Güte. Sie wollen damit doch gewiss nicht etwa andeuten, dass Sie sich in dieser Hinsicht nicht für Frauen interessieren? Ich wusste immer, dass Mr. Marcle keine derartigen Neigungen hatte, aber nach der letzten Nacht hatte ich ganz entschieden den Eindruck, dass Sie, äh, sie
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