Geliebte Rebellin
Zeitlang recht gern gemocht. Sie hat behauptet, dieser Mann besäße Durchhaltevermögen.«
»Durchhaltevermögen?«
Rosalind schien belustigt zu sein. »Drusilla wusste großes Durchhaltevermögen an einem Gentleman zu schätzen. Sie hat es aber auch an einem Lakaien, einem Kutscher oder einem Stallknecht zu würdigen gewusst Um es grob auszudrücken: Drusilla mochte alle Männer, die im Bett mit ihr mithalten konnten.«
»Ich verstehe.« Baxter setzte seine Brille ab und zog ein Taschentuch aus der Tasche. »Das heißt also - vorausgesetzt, einer ihrer Liebhaber hat sie getötet -, dass wir es mit einer sehr langen Liste von potentiellen Mördern zu tun haben könnten.«
»Das möchte ich bezweifeln. Nur wenige ihrer Eroberungen hätten ein Motiv für einen Mord gehabt. Vielleicht könnte ich bei diesen Nachforschungen behilflich sein, Baxter.«
»Ich wollte dich tatsächlich um einen Gefallen bitten.«
»Und der wäre?«
Baxter setzte seine Brille wieder auf. »Mir wäre sehr daran gelegen, wenn du gelegentlich mit meiner Verlobten einkaufen gehen könntest.«
»Einkaufen?«
»Und ihre Schwester nimmst du am besten auch gleich mit. Die Rechnungen kannst du mir schicken.«
Rosalinds Augen glänzten. »Gütiger Gott, Baxter, ich bin fassungslos. Das sieht dir so überhaupt nicht ähnlich. Ich glaube tatsächlich, du legst erstmals eine gewisse Ähnlichkeit mit deinem Vater an den Tag.«
»Vielen Dank für diese Warnung. Ich werde auf der Hut sein.«
Drei Tage später stand Charlotte am Rande eines Ballsaals, in dem sich Menschenmassen drängten. Sie lächelte mit unverhohlenem Vergnügen. »Ich muss schon sagen, Mr. St. Ives, ganz gleich, was bei unserem Unternehmen herauskommen wird, ich werde für immer in der Schuld Ihrer Tante stehen.«
Baxter warf ihr einen Seitenblick zu, während er einen Schluck aus seinem Champagnerglas trank. »In der Schuld meiner Tante ?«
»Lady Trengloss hat meiner Schwester zu spektakulären Erfolgen verholfen. Ich weiß, dass es heute Abend eigentlich nicht darum geht, aber ich freue mich trotzdem schrecklich. Ich schwöre Ihnen, Ariel hat für fast jeden Tanz einen Partner gefunden. Sehen Sie sich nur an, wie sie über die Tanzfläche schwebt. Sie ist ein Diamant erster Güte, finden Sie nicht auch?«
Baxter zog die Stirn in Falten, als er die Tanzfläche nach Ariel absuchte. Es fiel ihm nicht schwer, sie zu finden. Sie war größer als die meisten anderen Tänzerinnen. Er sah, dass ein junger Mann, dessen Gesichtsausdruck eindeutig betört war, sie in einem überschwänglichen Walzer über die Tanzfläche wirbelte.
»Sie scheint sich gut zu amüsieren«, sagte er.
»Ja. Meine Eltern wären so stolz auf sie. Lady Trengloss hat vollkommen recht gehabt mit ihrer Behauptung, Ariel dürfe nur Blau und Gold tragen. Diese Farben sind einfach perfekt für sie.«
Baxter bemerkte erst jetzt, wie gut Charlotte in dem kanariengelben Ballkleid aussah, das sie heute Abend trug. Es betonte die dunklen Flammen in ihrem Haar und hob das Grün ihrer Augen hervor. Das Mieder war tief ausgeschnitten, mit einem geraden Dekolleté, das ihre zarten Schultern freilegte und die sanfte Wölbung ihrer Brüste schicklich andeutete. Ein elegantes und doch forsches kleines Hütchen mit einer gelben Feder thronte auf ihrem Kopf.
Ihm fiel auf, dass er sie zum ersten Mal in etwas anderem als einem hochgeschlossenen, langärmeligen Tageskleid sah. Er war kein großer Experte in Modefragen, aber seiner Meinung nach war sie die attraktivste Frau im ganzen Saal.
Er trank noch einen Schluck Champagner. »Blau und Gold, das mag ja schön und gut sein. Ich persönlich ziehe jedoch Gelb vor.«
»In Gelb würde Ariel abscheulich aussehen.«
Er sah sie eindringlich an. »Ich habe nicht von Ihrer Schwester gesprochen. Ich meinte das Kleid, das Sie tragen.«
»Oh.« Charlotte lächelte ihn strahlend an. »Vielen Dank. Sie sehen in Schwarz und Weiß auch sehr gut aus, Mr. St. Ives. Das steht Ihnen.«
Er wusste nicht, ob das ein Kompliment sein sollte oder nicht. Plötzlich fühlte er sich gezwungen, eine Erklärung für seine begrenzte Auswahl an Abendgarderobe abzugeben. »Wie ich Ihnen bereits sagte, begebe ich mich nicht gerade oft auf solche Gesellschaften.«
»Ja, Sie erwähnten, dass Sie den Umgang mit der feinen Gesellschaft nach Möglichkeit meiden.«
»Wenn man seinen gesellschaftlichen Umgang auf ein Minimum beschränkt, gibt es keinen logischen Grund dafür, viele Fräcke zu bestellen, die
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