Geliebte Teufelin
sich die verloren gegangenen Sympathien der Zuschauer zurückerobern.
Als erstes entschuldigte sie sich bei Eddy und seiner Familie für ihre geschmacklose Parodie. Die Einschaltquoten besserten sich langsam und damit auch die Werbeei n nahmen. Luzia ging voll und ganz in ihrer Rolle auf, war viel kreativer als die echte Nora Mae und wurde bald der absolute Fernsehstar. Sie war überglücklich, lebte und fühlte immer mehr wie ein echter Mensch und vergaß völlig, für wen sie eigentlich arbeitete. Sie erhielt bergeweise Fanpost und ihr absoluter Karrierehöhepunkt war erreicht, als sie drei Auszeichnungen für die beste Fernsehshow, die bestangezogene Moderatorin und die höchste n Einschaltquoten der letzten zehn Jahre bekam. Als sie nach der After-Show-Party um 4 Uhr morgens nach Hause kam, verspürte sie das dringende Bedürfnis, ein Bad zu nehmen. Sie ließ die Wanne volllaufen, schüttete ihren Lieblings-Badezusatz mit Lavendelöl hinein und öffnete eine Flasche Cha m pagner. Nachdem sie eine CD mit ihrer Lieblingsmusik eingelegt hatte, legte sie sich in das heiße Wasser und schloss die Augen. Wie schön doch das Leben als Mensch sein konnte. Hoffentlich ließ man sie noch möglichst lange… Ein leises Plätschern am Fußende der Wanne ließ sie plötzlich aufhorchen, gleichzeitig spürte sie deutlich die Anw e senheit einer Person. Als sie gerade die Augen öffnen wollte, wurde ihr Kopf unter Wasser gedrückt. Sie verschluckte sich, bekam eine Panikattacke, ruderte mit den Beinen und schlug mit den Armen wild um sich. Im nächsten Moment jedoch fasste ihr jemand unter die Arme und zog sie hoch. Sie hustete und spuckte in einem hohen Bogen Badewasser aus. Bah, pfui, schmeckt das Zeug scheußlich, dachte sie und rieb sich die geröteten Augen.
„Herzlichen Glückwunsch, bekomme ich auch einen Schluck?“ Auf dem Wanne n rand saß ihr Chef Adrian Stone und grinste sie an. Er besaß eine etwas seltsame Art von Humor, liebte dramatische Auftritte und war nach Luzias Einschätzung sensibel wie ein Mähdrescher.
„Was fällt dir ein, willst du mich umbringen? Außerdem schleicht man sich nicht unangemeldet in das Badezimmer einer Dame. Auch nicht, wenn man ihr Chef ist. Oder wolltest du unbedingt mal Nora Mae nackt sehen?“ Langsam kehrten ihr H u mor und ihre Schlagfertigkeit zurück.
„Ich wollte dir nur ungestört zu deinen Preisen gratulieren. Was ist, bekomme ich jetzt einen Schluck? Ich meine Champagner, dein Badewasser kannst du alleine tri n ken.“ Er lachte laut los und griff, ohne die Antwort abzuwarten, zu der Flasche, die in einem Sektkühler neben der Wanne stand. Als er den Flaschenhals an den Mund setzen wollte, fauchte ihn Nora an: „Du hast ein Benehmen wie eine Wildsau, nimm dir gefälligst ein Glas. Seit wann trinkt man Champagner aus der Flasche?“
Er sah sich um und runzelte die Stirn.
„Nebenan in der Vitrine… und bring mir auch eins mit. Bei deiner netten Begrüßung muss mein Glas in der Wanne gelandet sein.“
Adrian kam mit zwei Gläsern aus dem Nebenzimmer, schüttete beide halbvoll und reichte eins Nora, wobei er eine Verbeugung andeutete und versuchte, nett zu l ä cheln.
Was ist denn jetzt los, irgendetwas führt der doch im Schilde, warum grinst er mich so merkwürdig an. Wenigstens weiß er, dass man Champagnergläser nicht ganz vollmacht.
Luzia ließ heißes Wasser nachlaufen, prostete ihm zu und nippte nur leicht an ihrem Getränk. Sie wartete auf eine Erklärung, nur zum Spaß war er bestimmt nicht g e kommen. Ein Nora Mae-Fan war auch nicht, was also wollte er?
A ls er ihren fragenden Gesichtsausdruck sah, begann er etwas zögerlich: „Du kannst dir ja wohl denken, dass ich nicht nur gekommen bin, um mit dir zu plantschen und Schampus zu trinken. Der wahre Grund ist… es kam von oben, aus der Chefetage , Kritik an der Art, wie du Noras Rolle spielst. Man sieht keinen Sinn darin, die Sache so weiter laufen zu lassen, es sei denn, du änderst einiges.“
„Und was?“ , entgegnete sie, langsam aber sicher verflog ihre gute Laune. Adrian trank sein Glas in einem Zug leer. „Du bist ihnen zu lieb und nett, im Gegensatz zu der echten Nora. Ich soll dich fragen, ob du vergessen hast, wer du eigentlich bist und welche Aufgabe du hast. Kurz und gut: Du spielst entweder in Zukunft nach unseren Regeln oder die Sendung ist gestorben, beziehungsweise Nora Mae ist en d gültig tot.“
„Und wie sehen diese Regeln aus, bekomme ich in Zukunft jedes Wort vorgeschri e
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