Geliebte Teufelin
Und hier, meine Damen und Herren, sehen sie die Pistole, mit der Robespierre ve r sucht hat, sich umzubringen. Leider ist es ihm nicht ganz gelungen, er hat sich nur den Kiefer weggeschossen. Hier das Prunkstück der Sammlung, es ist geschätzte 100 Millionen Dollar wert: Das Messer, mit dem sich van Gogh ein Ohr abgeschnitten hat.
Sie wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen.
„Hier entlang !“ Satan öffnete eine dicke eisenbeschlagene Holztür, die in ein benac h bartes Gewölbe führte. Als Luzia das ers te Exponat sah, rief sie laut: „Ich hab’s doch gewusst! “
„Was hast du gewusst?“
„Ich hab irgendwie geahnt, dass du solche Sachen sammelst. Das ist doch bestimmt eine Original-Guillotine aus der französischen Revolution, oder?“
„Natürlich, was denkst du denn. Ich sammle nur Originale. Das hier zum Beispiel ist der erste elektrische Stuhl aus dem Jahre 1889 und daneben die Gaskammer, in der Caryl Chessmann 1960 in San-Quentin hingerichtet wurde.“
Er öffnete die Tür der Kammer und fügte mit einem ironischen Unterton hinzu: „E i ne wirklich tragische Geschichte. Das Gas war bereits ausgeströmt, als die Nachricht eintraf, die Hinrichtung sei aufgeschoben worden. Leider hatte Chessmann schon etwas von dem Gas eingeatmet und der zuständige Gefängnisbeamte weigerte sich deshalb, die Hinrichtung zu unterbrechen. Da sieht man mal wieder, was eine Min u te mehr oder weniger doch ausmachen kann.“
Luzia hatte nur mit einem Ohr zugehört und war bereits weitergegangen. Sie wa n derte an einem Galgen vorbei, an einem großen Holzklotz, in dem ein Scharfrichter-Beil steckte, dann kam sie offensichtlich in die Abteilung mit den mittelalterlichen Foltergeräten. Hier war alles zu finden, was sie jemals in Büchern oder Filmen ges e hen hatte. Neben einer Streckbank stand eine eiserne Jungfrau, über die Satan zu b e richten hatte, dass in ihr genau 543 Eisenspitzen steckten. Ursprünglich waren es noch nicht mal annähernd so viele gewesen, aber er hatte sie „ noch etwas aufpeppen lassen, um sie effektiver zu machen “ . Daneben standen zwei Befragungsstühle, einer aus Holz und der andere weitgehend aus Eisen gefertigt. Beide waren an Sitzfläche, Rückenlehne und im Arm und Beinbereich mit zahlreichen Dornen gespickt. Luzia ging um beide Stühle herum und betrachtete sie von allen Seiten. Dabei berührte sie die Spitzen der Dornen und stellte sich vor, wie es wohl den armen Menschen erga n gen sein musste, die man darauf festgebunden hatte.
„Warum besteht denn der eine Stuhl aus Holz und der andere aus Metall?“ , wollte Luzia wissen. „Ist der aus Eisen später gebaut worden?“
„Erstens ja, der hölzerne ist älter und zweitens, weil man bei dem eisernen darunter ein Feuer machen konnte, sodass der Delinquent nicht nur gepikst, sondern ihm auch ordentlich warm wurde. Manche sollen sich sogar beschwert haben, es würde ihnen langsam zu heiß“, fügte er mit süffisantem Grinsen hinzu.
Einige der Hinrichtungs- und Foltergeräte waren mit täuschend echt aussehenden Figuren dekoriert. Luzia erinnerte sich an einen Besuch bei Madame Tussot in Lo n don, wo es so ähnlich aussah.
„Die Wachsfiguren sind wirklich gut gemacht“, sagte sie und berührte die Wange einer Frau, die rittlings auf einem spanischen Bock saß. Der Bock war ein echtes Kunstwerk, war in ihm doch sehr schön die Form eines Pferdes nachempfunden.
„Was heißt hier Wachsfiguren?“ , erwiderte Satan. „Die sind doch nicht aus Wachs, hier ist alles echt, auch die Figuren .“
Das letzte Wort hatte er extra übertrieben gedehnt ausgesprochen.
„Was du hier siehst, sind die Originalkörper der Menschen, die auf diesen wunde r vollen Meisterwerken mittelalterlicher Handwerkskunst zu Tode gekommen sind.“
„Luzia sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Das sind echte Körper, du meinst so Art Mumien? Die sehen aber gar nicht so aus, irgendwie wirken sie so … lebendig, eben wie echt.“
„Sie sind echt, Luzia, glaube es mir, ich kann ja einen aufschneiden, wenn du willst. Dann siehst du, dass sie echt sind.“
„Luzia sch auderte bei dem Gedanken. „Nein nein, lass mal, nicht nötig, ich glaube dir auch so. Wie hast du es denn geschafft, die Körper so gut zu konservieren. Die si nd doch zum Teil schon mehrere h undert Jahre alt. Damals gab es doch noch ke ine Plastination, oder wie die Methode heißt, mit der die Menschen in dieser Körperwe l ten-Ausstellung präpariert sind.“
„Ich habe
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