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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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starrte ins Leere und überließ sich den Gedanken und Gefühlen, die über ihn hereinstürzten. Zweifel, Eifersucht, Wut, Enttäuschung, Suchen nach Verständnis und Ringen um Konsequenzen.
    In diesem Stadium traf ihn Dr. Corbeck an und hatte beim Verabschieden den Eindruck, daß Michael Pohland ihm überhaupt nicht zugehört hatte. Wenig später fuhr Pohland dann auch hinaus nach Gut Heidfeld, wo er von der Tragödie bei Petermanns erfuhr.
    »Wenn es nur gutgeht«, weinte die Köchin. »Wenn es nur gut geht …« Pohland nickte in Gedanken.
    »Ja, wenn es nur gutgeht«, sagte er gedehnt.
    Er rief in der Klinik an und erfuhr, daß man jetzt gar nichts sagen könne. Frau Petermann sei noch im OP, aber man habe erfahren, daß es sehr schlecht um sie stehe. Der hohe Blutverlust …
    »Bitte, unterrichten Sie mich sofort, sobald die Operation zu Ende ist«, sagte er und legte seufzend auf. Dann wanderte er unruhig durch die Halle, den Salon, das Eßzimmer, die Bibliothek, blieb an den Fenstern stehen, starrte hinaus in den Park, rauchte hastig eine Zigarette nach der anderen und ging dann in das Zimmer Gerdas, einen runden Raum, den sie sich als Damenzimmerchen eingerichtet hatte. Was er bisher als eine der größten Untugenden immer gehaßt hatte – und was bei zwei Hausgehilfinnen zur fristlosen Entlassung führte –, das tat er nun selbst: Er schnüffelte.
    Systematisch ging er vor: Zuerst die Schränke und die Schubladen, dann den Schreibsekretär; zuletzt suchte er wie ein Kriminalist aus einem billigen Roman, in den Ritzen der Polstermöbel und in den Büchern. Band für Band blätterte er durch in der Hoffnung, versteckte Zettel könnten herausflattern; im Sekretär las er alles, was beschriftet war, sogar alte Rechnungen, die in einer zerschlissenen Mappe lagen und von denen Pohland nach dem Durchlesen nicht wußte, warum sie Gerda überhaupt noch aufhob.
    Fast ganz am Schluß seiner Suche, zwischen alten Briefen ihres Vaters und einiger Freundinnen, mit denen Gerda nicht mehr verkehrte und die noch aus ihrer Jungmädchenzeit stammten, fand Michael Pohland so etwas wie eine sinnlose Aufstellung. Verwundert und ratlos zog er den Zettel aus den Briefen und las ihn noch einmal durch.
    »Viermal DM 800, nach Oberholzen«, las er.
    Und darunter eine Bemerkung.
    »Soll auf DM 850 erhöht werden.«
    Pohland behielt den Zettel, räumte alles wieder säuberlich in den Schreibtisch, schloß ihn ab und ging zurück in die Bibliothek.
    Oberholzen? Was heißt viermal DM 800? Wann war dieser Zettel geschrieben worden? War Oberholzen ein Name, ein Ort?
    Er holte aus dem Bücherregal den großen Atlas und suchte im Stichwortverzeichnis. Einen Ort Oberholzen verzeichneten die Karten nicht. Und doch hatte er das merkwürdige Gefühl, daß dieser dumme Zettel mit den viermal DM 800 ein wichtiger Fund sein mußte. Gerda hätte diese Notiz nicht gemacht, wenn sie völlig unwichtig gewesen wäre. Und die Bemerkung: »Soll auf DM 850 erhöht werden«, konnte als Beweis gelten, daß eine dauernde Verbindung mit diesem Oberholzen bestand.
    Michael Pohland rief Dr. Corbeck an. »Hören Sie, Doktor, ich brauche Ihre Hilfe«, sagte er.
    »Sie haben Sorgen, Herr Pohland?« fragte Dr. Corbeck sofort zurück. Pohland zog die Augenbrauen zusammen.
    »Sorgen? Nein. Wie kommen Sie darauf?«
    »Es schien mir vorhin, als ob Sie etwas bedrückt.«
    »Ach.« Pohland versuchte, seiner Stimme einen gleichgültigen, ja sogar burschikosen Klang zu geben. »Ich habe ein Problem, Doktor, und das wälzt sich durch meine Hirnwindungen. Wenn man älter wird, ist diese Gehirnarbeit eine Schwerarbeit; es liegt soviel Kalk in den Adern.« Er lachte sogar, wenn auch etwas rauh. »Nein, Sorgen … ich bitte Sie. Ich möchte nur, daß Sie feststellen lassen, ob es einen Ort Oberholzen gibt?«
    »Oberholzen? In Deutschland?«
    »Das weiß ich eben nicht. Es kann auch in Österreich sein oder in der Schweiz, in Luxemburg, Liechtenstein, dem Elsaß – was weiß ich? Ein Dorf vielleicht nur. Können Sie das feststellen, Doktor?«
    »Ich werde es versuchen, Herr Pohland. Bis wann brauchen Sie es?«
    »Sofort.«
    »Ich werde mich gleich darum bemühen. Ich rufe Sie dann an, ob positiv oder negativ.«
    »Das wäre schön. Ich danke Ihnen, Doktor.«
    Vier Stunden mußte Pohland warten, bis Dr. Corbeck wieder anrief. Dr. Wehrmann war unterdessen gekommen. Michael Pohland hatte ihn wie einen Retter empfangen; die bedrückende Stille im Haus, das bohrende Mißtrauen, die

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