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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach vorn. Aus dem Dorf schoß jetzt ein Sportwagen die vereiste Straße hinauf, schleuderte in einer harmlosen Kurve, fing sich wieder und kam schnell näher. »Das muß ein Vollidiot sein! Der rammt uns glatt, wenn er so weiterfährt. Himmel noch mal – wie der die Kurve nimmt! Verzeihung, gnädige Frau, aber ich muß raus … Der haut uns glatt vom Weg, dieser Saukerl!«
    Der Fahrer sprang aus dem Wagen und rannte stolpernd und rutschend den Weg hinunter, dem Sportwagen entgegen. Dabei fuchtelte er mit beiden Armen in der eisigen Luft und schien etwas zu brüllen, denn vor seinem Mund stauten sich weiße Kondenswolken und umwehten seinen Kopf wie winzige Nebelschwaden.
    Kurz vor ihm bremste der Wagen, drehte sich um sich selbst und fand Halt an den hohen Schneeverwehungen am Straßenrand. Der Fahrer Johannes blieb stehen und hob beide Fäuste.
    »Komm her, du Affe!« brüllte er. »Komm heraus aus deiner Angeberkiste, du Schwein! Ich breche dir die Gräten einzeln! Los, komm schon!«
    Die Tür klappte auf, und ein großer Mann stieg aus dem querstehenden Wagen. Er lachte laut und breitete die Arme weit aus.
    »Aber Johannes«, sagte Michael Pohland mit einem Kopfschütteln. »Wo bleibt Ihre Erziehung?«
    »Meine Fresse! Der Chef!«
    Der Fahrer nahm die Mütze ab und verbeugte sich eckig. »Herr Pohland … ich … ich …« Die Verlegenheit gab ihm keine Worte mehr ein. Er stand nur da, hatte einen roten Kopf und dachte bei sich: Was bist du doch für ein armseliger Kerl. Jetzt fliegst du. Und Weihnachten kannste unterm Tannenbaum sitzen und singen: Trüber die Tassen nicht klingen.
    »Fahren Sie meinen Wagen ins Dorf zur ›Sonne‹«, rief Pohland und gab beim Vorübergehen dem Fahrer einen Stoß in die Seite. Es war ein freundschaftlicher Puff, und Johannes atmete auf und rannte, so gut es auf der eisigen Straße ging, zu Pohlands Rennwagen. Er sah sich nicht um, nur beim Anfahren sah er im Rückspiegel, wie sich Gerda und Michael entgegenliefen und mitten auf der Straße in die Arme fielen.
    Kinder, haben die eine Not, dachte er vergnügt und fuhr die Straße hinab in ein Dorf, wie es sonst nur auf Gratulationspostkarten gemalt ist: tiefer Schnee, ringsherum Berge, ein Kirchlein in der Mitte, darum die Kreuze der Gräber, ein Marktplatz und ein Gasthaus mit einem Zunftschild aus Schmiedeeisen.
    Der Wirt der ›Sonne‹ stand vor der Tür, als der Sportwagen hielt. Er machte große Augen, als ein anderer herauskletterte.
    »Jo mei«, sagte er brummend. »Wo kommen Sie daher?«
    »Ich bin der Vorbote des Weihnachtsmannes.« Johannes schlug die Tür des Wagens zu und schob die Mütze in den Nacken. »Herr und Frau Pohland kommen nach. Mir aber hauen Sie erst einmal ein paar Eier in die Pfanne. Und wie ist's mit Bratkartoffeln?«
    »Dös haben's ma auch.«
    »Na, dann los, liebe Sonne!« Er sah die Straße zurück. Der schwere Reisewagen war noch nicht zu sehen. Daß es denen so in der Freiheit nicht zu kalt wird? dachte er. »Und 'nen Korn trinke ich vorweg«, sagte er zufrieden. »Verdammt, ihr habt es kalt hier!«
    Während der Fahrer Johannes in seinem Zimmer unter zwei dicken Federbetten schwitzte und schlief, saßen Gerda und Michael Poh land am Fenster des Zimmers Nr. 3 und sahen hinaus in die ver schneiten Berge. Sie hielten sich an den Händen, und es war ihnen gar nicht bewußt, daß sie so dasaßen wie auf einem kitschigen Bild aus einem noch kitschigeren Film. Sie konnten es gar nicht empfin den, denn für sie war es selbstverständlich, die Hand des anderen zu halten, ihn zu spüren und ihm das Gefühl zu geben, geborgen zu sein und glücklich und zufrieden und voll Vertrauen und rand voll von Erwartung.
    »Warum fragst du nicht, Micha?« sagte Gerda nach langer Schweigsamkeit. Pohland schüttelte langsam den Kopf.
    »Warum fragen? Du wirst mir alles sagen.«
    »Ja, Micha.« Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. »Du hattest kein Vertrauen mehr zu mir, nicht wahr?«
    »Aber Gerda …«
    »Du warst eifersüchtig.«
    »Nein.«
    »Warum gibst du es nicht zu?«
    Pohland senkte den Kopf und nickte leicht. »Ja«, sagte er gepreßt. »Ich habe nie begreifen können, daß Männer aus Eifersucht den Verstand verlieren und Dinge tun, die völlig sinnlos sind. Ich habe dieses Urteil an mir selbst revidieren müssen. Ich wäre imstande gewesen, jeden anderen zu erschießen, wenn es diesen anderen gegeben hätte.«
    »Du hättest damit dein Leben, deine Werke, alles zerstört.«
    »Es hätte mir auch alles

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