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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nichts mehr bedeutet. Ich schäme mich fast, zu sagen, wie sehr ich dich liebe.«
    »Auch nachher noch …?« fragte sie. Es klang kleinlaut und ungewiß. Pohland legte den Arm um ihre Schulter.
    »Was heißt nachher?«
    »Wenn du alles weißt.«
    »Daß du hierhergekommen bist, wischt alles andere aus. Ich weiß, daß irgend etwas in diesem abseits liegenden Winkel der Erde dich festgehalten hat, daß du jeden Monat 800 Mark an irgend jemand überwiesen hast …« Er legte ihr die Hand auf den Mund, als sie etwas sagen wollte. »Ich habe hier gefragt, gesucht, ich bin herumgeirrt, um dieses Geheimnis aus der Anonymität zu reißen – da hast du angerufen. Und nun möchte ich fast sagen: Ich will es gar nicht wissen.«
    »Du lügst schon wieder, Micha«, sagte sie sanft.
    Da nickte er stumm und starrte aus dem Fenster. Eine merkwürdige Situation ist das, dachte er mit einem innerlichen Kopfschütteln. Zwei Tage vor Weihnachten sitzen wir – ein junges Ehepaar und doch schon reife Menschen mit einem prall gefüllten Sack voll Schicksal auf dem Rücken – am Fenster einer einsamen Herberge in einem noch einsameren Ort, eingeschneit und umgeben von Bergen, gefesselt von Mißtrauen, von unbeantworteten und nicht gestellten Fragen und verschwiegenen Erwartungen; wir halten unsere Hände, sind glücklich und doch im gleichen Atem bedauernswert; wir lieben uns und doch verglühen wir einsam in uns … o Gott, welch ein Leben ist das. Zugegeben, es gibt Schlimmeres. Unser Leid, unser persönliches Schicksal, sind ein Klacks gegen die Nöte, die es millionenfach in der Welt gibt. Man würde uns auslachen, wollte man darüber sprechen. Ihr und Not? Millionäre. Die halbe Welt könnt ihr kaufen. Seelische Not? Daß ich nicht kichere. Auch das kann man abkaufen. Ein paar Hundertmarkscheine nur, und im Bett liegen die süßesten Püppchen und trösten dich über alle seelische Qual hinweg. Sind das Probleme, Herr Pohland? Lächerlichkeiten sind das, weiter nichts. Zu gut geht es dir, das ist alles. Hier liegt das Geheimnis, wenn reiche Frauen Migräne bekommen und reiche Männer Katzenjammer. Und Liebe? Mein Gott, was heißt hier Liebe? Wirkliche Liebe empfindet der arme Mann; sie ist das Salz in seiner Lebenssuppe. Die Petermanns, die lieben sich, die Liebe ist ihre Welt geworden, und sie bevölkern sie such mit den Früchten ihrer Liebe – aber ein Pohland? Ein Millionär? Der sich alles kaufen kann … auch die Liebe? Der soll trauern, der soll seelische Probleme haben? Daß man nicht am Lachen erstickt, ihr Leute. Seht, so geht's einem, der nicht weiß, wohin mit den Groschen. Der 14.000 Dukatenmännlein beschäftigt, die in drei Schichten für ihn das Geld kacken. Er hat ein Problem. Und in China hungern drei Millionen Kinder, und in Indien … in Indochina … in Südamerika …
    »Woran denkst du, Micha?«
    Ihre Stimme riß ihn aus den tobenden Gedanken. Er schüttelte sich, als müsse er sich aus unsichtbaren Fesseln befreien. Sein Gesicht war bleich und kantig.
    »Es ist nichts, Gerda«, antwortete er heiser.
    »Sollen wir sofort hinfahren?«
    »Hinfahren? Wohin?«
    »Dorthin, wo ich dir zeigen will …«
    »Dieses … dieses Geheimnis?«
    »Ja.«
    Er hatte den Drang aufzuspringen und laut »Komm! Komm!« zu rufen. Aber er bezwang sich mit zusammengebissenen Zähnen und schüttelte den Kopf.
    »Du wirst von der Reise müde sein. Mein Gott, daß mir das jetzt erst einfällt. Natürlich bist du müde. Du bist die Nacht durchgefahren. Ich bin ein Trottel, Gerda!«
    »Ich habe im Wagen geschlafen, ganz fest. Johannes hat mich erst hinter Füssen geweckt.« Sie stand auf und trat an das Fenster. »Dort ist es!«
    Michael Pohland sprang auf und trat an ihre Seite.
    »Was?«
    »Das Haus.«
    »Ein Haus?«
    »Dort, in der Schlucht. Du kannst es nicht sehen. Mit dem Wagen sind es zehn Minuten.«
    »Ein Haus?« wiederholte er ungläubig.
    Es sollte wie eine harmlose Frage klingen, aber sie hörte den Unterton heraus, das vibrierende Schwingen seiner Stimme, die Trockenheit, die seine Kehle ausdörrte.
    »Wir fahren doch gleich«, sagte sie mit Entschiedenheit. Er nickte, plötzlich wie von einer lähmenden Hilflosigkeit überfallen.
    »Wenn du meinst … wenn du nicht zu müde bist …«
    »Als ob es jetzt darauf ankäme, Micha.«
    »Du hast recht«, sagte er leise und schämte sich, daß er so willenlos war und doch im Innern so gespannt und so angefüllt von giftiger Eifersucht.
    Er half ihr in den Pelz, suchte selbst seinen

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