Geliebter Boss
denken, wenn Sie mit leeren Koffern ankommen, noch dazu mit völlig neuen? Da nimmt Sie ja nicht einmal das Hotel auf der Wieden.«
»Sie sind der unverschämteste Bursche, der mir je begegnet ist«, sagt Zanders. Aber er ist ohne jeden Zorn.
»Muß ich mich lassen beschimpfen, weil ich Ihnen gebe Eizes ?« sagt Herr Jacobi und lächelt. »Mein Freund, der Portier auf der Wieden, sagt immer: Wenn einer kommt mit leeren Koffern allein, bleibt verdächtig. Wenn kommt einer mit leeren Koffern und jungem Mädchen, bleibt klar.«
Zanders wendet sich an Birke:
»Was denkst du, Birgit?«
»Worüber, Peter?«
»Sollen wir ihn über das Knie legen, oder nehmen wir die Ziegelsteine?«
»Ich bin dafür, wir nehmen die Ziegelsteine.«
Wer hätte das von Birke gedacht? Sie ist völlig verändert. Seit ihrer Ankunft in Wien lebt sie in einer anderen Welt. Wenn ihr daheim diese unverfrorene Unverschämtheit begegnet wäre, wäre sie davongelaufen. Hier in der Wiener Luft spielt sie mit. Es ist doch nur ein Traum, der bald zu Ende geht. Wenn sie aufwacht, ist alles vorbei. Im Traum macht ihr sogar die Frechheit des Kofferhändlers Spaß, der ihnen für zwanzig Mark Ziegelsteine verkaufen will.
»Kluges Köpfchen!« sagt Herr Jacobi und macht eine Verbeugung zu Birke. »Die junge Frau könnte morgen bei mir als Fräulein anfangen, wenn es einmal schiefgeht in der jungen Ehe!«
Er drückt Birke einen Koffer in die Hand, gibt Zanders den zweiten, den größten.
»Da — nehmen Sie!«
Die beiden letzten Koffer nimmt Herr Jacobi selbst, und sie gehen nach vorn in den Umbau, zu den Ziegelhaufen.
»Wenn Sie nichts haben hineinzutun, sind Ziegel und leere Flaschen immer das Beste!« sagt Herr Jacobi. »Kommen Sie, Herr Generalkonsul! Packen Sie mit an!«
Er schiebt Zanders zur Seite, öffnet den Koffer, bringt einen Stoß alte Wiener Zeitungen, die Presse, den Kurier, die Kronenzeitung und die umfangreiche Wochenausgabe. Er hat sogar einen großen Stapel alter Nummern der Wiener Straßenbahnzeitung »Ring-Rund«, denn Wien ist die einzige Stadt, die es fertigbringt, in ihren Straßenbahnwaggons eine eigene Zeitschrift hängen zu haben, ausgerechnet jene Stadt, in der es sich lohnt, aus dem Fenster zu schauen.
»Jeden Stein wickeln Sie in eine Zeitung ein, damit der Koffer sauber bleibt«, sagt er. »Worauf warten Sie noch, Herr Generalkonsul?«
Zanders kniet nieder und tut, wie ihm geheißen. Er ist recht amüsiert, wohin ihn sein Abenteuer führt. Mit 60 000 Mark in der Tasche, die ihm gehören, und dem Mehrfachen auf der Bank, mit einem Auftrag der Steyr-Werke, morgen den neuen Sportwagen zu testen, kniet er hier in einem Laden auf der Mariahilfer Straße gegenüber dem Flottenkino und packt Ziegelsteine in Zeitungen von gestern.
Herr Jacobi ist ein paar Schritte weitergegangen, zu einem zweiten Ziegelhaufen, wo Birke steht, und füllt ihren Koffer mit Steinen. In die Zwischenräume stopft er Zeitungen, die er zusammenknüllt. Als er aufblickt, springt er wie von einer Tarantel gestochen auf und läuft mit einer Schnelligkeit, die keiner ihm zugetraut hätte, auf Zanders zu, reißt ihm den Koffer aus der Hand und schüttet die in Zeitungen gepackten Ziegelsteine wieder zurück.
»Meschugge? Sind Sie als Verschwender geboren?« ruft er.
»Neue Steine? Dafür genügen doch die kaputten, die zerbrochenen!«
Er setzt die neuen Steine geordnet wieder auf einen Haufen, auf dem sie lagen, und nimmt aus dem Bauschutt halbe Ziegelsteine, abgebröselte und zerbrochene Ziegelsteine, wickelt sie in Zeitungspapier und füllt den Koffer. Zanders steht daneben und schaut zu. Dann wiederholt Herr Jacobi dasselbe mit den restlichen Koffern und stellt seufzend fest, daß er dabei ein Verlustgeschäft macht, denn nie hätte er geglaubt, daß so viele Ziegelsteine...
»Aber es sind doch nur halbe und zerbrochene!«
»Ich habe aber ganze bezahlt!« jammert Herr Jacobi verzweifelt und ist am Ende seiner Nerven. »Was machen Sie mit den Ziegelsteinen im Hotel? Wenn sie Ihnen lästig werden, können Sie sie jederzeit zu mir zurückbringen.«
»Gegen hundertvierzig Schilling?«
»Nein. Jetzt sind sie ja gebraucht und abgenutzt. Wer zahlt für gebrauchte Ziegelsteine?«
Er richtet sich auf, stellt die Koffer nebeneinander und betrachtet sein Werk.
»Jetzt können Sie im besten Hotel der Welt absteigen! Sogar im Imperial!« sagt er. »Wünsche den Herrschaften angenehme Flitterwochen!«
Er nickt ihnen zu, um wieder nach hinten zu
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