Geliebter Feind
reagierte nicht auf die Zurufe und Fragen nach ihrem Namen, sie wollte auch nicht, dass irgendjemand ein klares Foto von ihrem Gesicht schießen konnte.
„Die folgen uns jetzt bis zu deiner Wohnung, damit sie herausfinden können, wer du bist“, sagte Nikolai voraus.
„Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ Aber als sie durch die Rückscheibe blickte, sah sie zwei Männer sich hastig auf ihre Motorräder schwingen. Sie stöhnte auf. „Machst du das etwa ständig durch?“
„Ich hasse es“, stieß er inbrünstig aus. „Morgen früh wird sich mindestens eine Zeitung bei dir melden und dir eine ansehnliche Summe anbieten, damit du ihnen die Details über den Abend mit mir verrätst.“
„Das werde ich ganz bestimmt nicht tun. Keine Angst, von mir wird niemand das Muster deiner Esszimmertapete erfahren. Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab.“
Man folgte ihnen tatsächlich bis zu Abbeys Adresse. Da Abbey mehrere Reporter über den Rasen der Wohnlage hatte laufen sehen, protestierte sie nicht, als Nikolai darauf bestand, sie, einen Arm beschützend um ihre Taille geschlungen, bis ins Foyer des Hauses zu bringen.
„Du brauchst nicht bis nach oben mitzukommen“, sagte sie jedoch, als die Türen des gerufenen Aufzugs aufglitten.
„Wenn schon, denn schon. Und keine Sorge: Ich werde mein Willkommen schon nicht ausnutzen.“
Nikolai trat hinter ihr in die Diele. Das Erste, was er sah, war das Puppenhaus. „Das Modell eines Schlosses“, rief er erstaunt und ging darauf zu.
„Es ist ein Puppenhaus. Als Kind wollte ich immer eines haben, doch ich musste warten, bis ich erwachsen war und mir selbst eines kaufen konnte.“
Nikolai hatte in Sekundenschnelle die kühle moderne Einrichtung der Wohnung wahrgenommen. Deshalb war die Einrichtung des Märchenschlosses eine umso größere Offenbarung. Eine kleine rothaarige Puppe in einem weißen Spitzennachthemd kletterte in ein riesiges Himmelbett. Neben dem flackernden offenen Kamin hatten sich zwei siamesische Katzen zusammengerollt. Jeder Zentimeter des Puppenhauses war mit antiken Möbeln eingerichtet, und jede Stellfläche angefüllt mit Büchern, Kunstgegenständen und kunterbunt zusammengewürfeltem Krimskrams. Im obersten Stockwerk standen mehrere Bettchen mit winzigen, zugedeckten Püppchen. Es handelte sich also um eine kinderreiche Familie – allerdings gab es keine männliche Puppe in dem Szenario. Nikolai fragte sich, ob Abbey überhaupt klar war, wie viel diese gemütliche häusliche Szene von ihrem wahren Wesen preisgab.
„Interessant“, murmelte er.
Abbey stand noch immer abwartend und unsicher an derselben Stelle. Sie wünschte, er würde sie noch einmal küssen, und verabscheute sich gleichzeitig für ihre Schwäche. Sie hätte sich nicht rühren können, und wenn ihr Leben davon abhinge. Wie von allein befeuchtete ihre Zungenspitze ihre Lippen, und Nikolai verfolgte die Bewegung gebannt. Sie wiederholte die Geste, dieses Mal ganz bewusst, um ihn zu reizen, und war entsetzt über ihr Benehmen. Er sagte etwas in seiner Sprache, dann riss er sie an sich, legte seine Hände auf ihr Hinterteil und presste sie an sich. Sein Kuss und seine harte Männlichkeit an ihrem Schoß ließen lodernde Flammen in ihr aufschießen, ihre Knie wollten nachgeben. Sie bebte am ganzen Körper. Nie hätte sie geahnt, dass man so machtvoll nach einem Mann verlangen konnte, und sie hatte auch nicht gewusst, dass Verlangen so schmerzhaft sein konnte.
Nikolai strich mit dem Daumen über ihre volle Unterlippe. Er konnte und wollte nicht glauben, dass sie ihn wegschicken würde. Ihre Augen waren verhangen, ihr Atem ging stoßweise. Sie wollte ihn so sehr, wie er sie wollte. „Du machst mich verrückt“, gestand er leise. „Wann kann ich dich wiedersehen?“
„Das war eine einmalige Angelegenheit“, brachte sie heraus.
„Das meinst du nicht ernst.“
Sie versteifte sich und trat von ihm zurück, auch wenn ihr Körper laut protestierte. „Es ist sogar mein voller Ernst.“ Er versuchte, ihren ausweichenden Blick einzufangen. „Lass mich bleiben.“
„Nein.“ Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als ihre Fantasie ihr erotische Bilder vorgaukelte – er und sie zusammen, eng umschlungen auf zerwühlten Laken. Sie hatte sich in eine Frau verwandelt, die sie nicht kannte. Selbstbeherrschung war nie ein Problem für sie gewesen, und auch wenn sie so etwas wie Bedauern verspürte, dass ihre Ehe nie vollzogen worden war, so hätte sie doch nie vermutet, dass Sex
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