Geliebter Feind
sie nennen?“
„Lady. Sie ist so elegant. Hast du etwas dagegen, wenn ich sie heute Abend mit zu dir bringe? Ich möchte sie nicht an ihrem ersten Abend allein lassen. Hast du sie ausgesucht?“
„Ja. Als sie mich angefaucht und gekratzt hat, da wusste ich, das ist die Richtige!“ Er lächelte vor sich hin und konnte nur hoffen, dass sie nie herausfinden würde, wie viel ihn dieses winzige Fellknäuel von einem der bekanntesten Züchter gekostet hatte. Ein Kätzchen akzeptierte Abbey als Geschenk, weil sie damit wohl keine Geldgier assoziierte.
Abbey wählte ein grünes Cocktailkleid aus all den Kleidern, die in ihrem Schlafzimmer ausgebreitet und aufgehängt waren. Während sie in hochhackige Sandaletten schlüpfte, fragte sie sich, ob sie Drew wohl die zehntausend Pfund anbieten sollte, die sie auf ihrem Sparbuch angespart hatte. Aber vielleicht lagen ja noch schlimmere Notfälle vor ihnen, möglicherweise auch Liquiditätsprobleme in der Firma. Sie beschloss, ihre Ersparnisse vorerst zu behalten, und versuchte, nicht an die enormen Summen zu denken, die ihr Bruder verspielt hatte. Das Geld war weg, und alles Wünschen dieser Welt würde nichts daran ändern.
9. KAPITEL
„Was machen wir nur wegen Drews Schulden?“ Caroline war am Boden zerstört, ihre Stimme klang heiser, weil sie schon seit Tagen weinte.
„Ich weiß es nicht“, sagte Abbey ehrlich. „Ich habe mir die Bücher angesehen. Zumindest bringt das Geschäft genügend Geld herein, um die laufenden Kosten zu decken. Euer Zuhause ist sicher.“
„Selbst wenn wir es verkaufen, reicht das nicht. Wir schulden mehr, als das Haus wert ist.“ Caroline schluchzte auf. „Ich kann so nicht leben.“
„Ich weiß, du hast das Gefühl, dass Drew dich im Stich gelassen hat …“
„Drew hat viel durchgemacht.“ Caroline sah vielsagend an sich herunter. „Ich bin nicht mehr die Frau, die er einmal geliebt und geheiratet hat. Aber er hat sich nicht ein einziges Mal beklagt. Vielleicht ist das Glücksspiel seine Art, um dem Druck des Zusammenlebens mit mir zu entfliehen.“
Abbey schwieg. Sie hatte keine Ahnung, wie das alles hatte passieren können, sie würde auch keine Vermutungen anstellen. Drew war immer ruhig und vernünftig gewesen. Riskante Unternehmungen wie Glücksspiel waren überhaupt nicht sein Stil. Aber Abbey musste sich ja nur selbst ansehen. In den letzten Wochen erkannte sie sich selbst nicht mehr. Wie sollte sie schließlich diese seltsame Obsession mit Nikolai erklären? War es nur eine momentane Verirrung, die wieder abklingen würde?
„Du könntest Nikolai Arlov um einen Kredit bitten.“
Abbey blickte ihre Freundin empört an. „An so etwas will ich nicht einmal denken.“
Doch Caroline war so blass, und ihre Augen hafteten flehentlich auf Abbey. „Die Bank wird uns nicht einmal einen Termin geben, so wie es um uns steht, aber Nikolai würde es vielleicht als Gefallen für dich tun.“
Abbey wurde ärgerlich, dass Caroline das Thema überhaupt aufgebracht hatte. „So, wie es um uns steht, würde es unser ganzes Leben dauern, bis wir es wieder zurückgezahlt haben! Wenn ich ihn um Geld bitte, wäre das gerade so, als würde ich mich an ihn verkaufen.“ Sie presste die Lippen zusammen und schauderte. Eigentlich hatte sie schon selbst daran gedacht, Nikolai um Hilfe zu bitten, aber sie konnte beim besten Willen keinen Grund finden, warum er Drews Spielschulden begleichen sollte. Sie war stolz darauf, dass sie Nikolai niemals als denjenigen mit dem dicken Portemonnaie gesehen hatte. Sie war nicht geldgierig wie seine vorherigen Freundinnen, und sie wusste, dass er diese Tatsache schätzte.
„Das ist doch übertrieben“, hielt die Schwägerin dagegen. „Nikolai scheint es Spaß zu machen, Geld für dich auszugeben. Er überhäuft dich mit teuren Geschenken, und du lebst ja schon praktisch mit ihm zusammen. Jeder glaubt, dass er sehr viel mehr in dir sieht als nur eine flüchtige Affäre.“
Jeder?! Abbey nicht. Sie schaute hinaus in den Garten, wo Alice und Benjamin spielten. Immer wieder warfen die Zwillinge einen unsicheren Blick zum Haus zurück, ein Zeichen, dass sie über die Spannung in ihrem Elternhaus Bescheid wussten. Abbey taten die beiden unendlich leid. In den letzten beiden Wochen mussten sie wohl viel von der angespannten Stimmung zwischen ihren Eltern mitbekommen haben. Sie wünschte, sie hätte einen Zauberstab, den sie nur zu schwingen brauchte, um alles wieder rückgängig zu machen. Aber den hatte
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