Geliebter Feind
langsam, dann immer schneller, als segelte der Teufel persönlich auf dem unheimlichen Meer des Nebels. War es vielleicht tatsächlich der Teufel?
Schreckerfüllt wollte Kathryn fliehen, doch der Schatten kam immer näher. Gerade als er sie erreicht hatte, zerriß ein Donnerschlag das gespenstische Schweigen. Sie schoß in ihrem Bett in die Höhe.
Groß und grimmig stand der Earl vor ihr. Kein Erbarmen mil-derte seinen stahlharten Blick. Guy erschien wie ein Dämon, der nach Vernichtung trachtete - nach ihrer Vernichtung! Mit einer einzigen Bewegung zog er ihr die Felldecken vom Körper und riß Kathryn hoch und in seine Arme.
Benommen und völlig verängstigt, konnte sie sich nur an seinem Nacken festklammern, während Guy sie eilends den Korridor hinunter in sein eigenes Gemach trug. Dort warf er sie auf sein Bett. Sofort setzte sie sich wieder auf.
Wie ein Tier in einem Käfig lief Guy derweil wütend im Raum auf und ab. „Bei allen Heiligen!" zürnte er. „Ihr stellt meine Geduld auf die härteste Probe! Ihr seid hartnäckig und eigensin-nig, und Ihr erkennt keine Autorität an außer Eurer eigenen. Ihr widersetzt Euch mir, Ihr trotzt mir, wo immer Ihr könnt. Doch dieses war das letzte Mal!" Er blieb vor ihr stehen und starrte sie aufgebracht an.
Unter seinem unbeugsamen Blick hämmerte Kathryns Herz vor Angst. Sie wartete auf den Ausbruch der Gewalt, der ihr jetzt noch bevorstand.
„Ihr vergeßt außerordentlich schnell, Madam", höhnte der Earl. „Ihr tut, als hätte sich nichts verändert, doch jetzt seid Ihr meine Gattin, und meine Gattin hat mein Gemach mit mir zu teilen - und insbesondere mein Bett! Heute und in aller Zukunft!"
Kathryn drückte sich die Zobelpelzdecke an die Brust. „Ihr denkt, ich wollte Euch erzürnen, indem ich mein eigenes Gemach aufsuchte? Guy, ich schwöre, das ist nicht so! Ihr hattet mir doch die Erlaubnis erteilt, mich zurückzuziehen!" Sie zitterte heftig. „Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, anzunehmen, daß Ihr mich in Eurem Gemach vorzufinden wünschtet."
Sein bedrohliches Schweigen war unerträglich. Kathryn kämpfte mit den Tränen. „Ich bitte um Vergebung!" Zu ihrem Entsetzen rollte ihr jetzt eine Träne über die Wange. „Ich bitte um Vergebung!" flehte sie noch einmal. Die nächste Träne folgte, und dann verwirrten sich alle Empfindungen hoffnungslos. Sie ließ den Kopf auf ihre Knie sinken und rang verzweifelt um Beherrschung.
Der Earl blickte auf sie hinab. Ihre Schultern bebten. Stummes Schluchzen schüttelte ihren Körper. Guys Zorn verflog so schnell, wie er ausgebrochen war.
„Kathryn . . . " Er setzte sich neben sie aufs Bett und berührte unbeholfen ihren Arm. Sie zuckte zusammen, erstarrte, und plötzlich warf sie sich blind an seine Brust. Er schlang die Arme um sie, zog ihren zitternden Körper zu sich heran und streichelte über ihr mitternachtsschwarzes Haar.
„Guy. . . "
Er küßte ihr die Tränen fort. „Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen, Kathryn." Er seufzte. „Wir beide haben schon so viele Schlachten ausgefochten, und dieses war leider nur eine weitere."
Ihr Schluchzen traf direkt in sein Herz. „Ich wollte doch gar keine Schlacht mit Euch schlagen. Ich wollte Euch nicht verär-gern. Ich war nur so furchtbar müde . . . "
„Ich weiß ja, Liebste. Es war mein Fehler, und nicht Eurer." Er nahm ihre Finger und drückte einen Kuß in ihre Hand. „Bitte, weint nicht mehr. Wir haben beide eine schwere Zeit hinter uns.
Jetzt jedoch sind wir daheim, und ich schwöre Euch, es wird alles gut."
Sie barg das Gesicht an seiner Schulter. Er war so gütig, so sanft, und seine Zärtlichkeit griff ihr ans Herz.
Guy wiegte Kathryn in seinen Armen, bis sie nicht mehr so sehr zitterte. Dann legte er sie in die Bettpolster zurück und stand auf. Nachdem er sich seiner Kleider entledigt hatte, legte er sich neben ihr nieder. Er steckte die Pelze dicht um ihre Schultern herum fest und nahm Kathryn in die Arme:
Sie schmiegte sich an ihn wie ein Kätzchen auf der Suche nach Wärme und legte die Wange an seine harte Schulter. Wie herrlich war es doch, seinen männlichen Duft wahrzunehmen und sich von seinen starken Armen umschlungen zu fühlen!
Guy liebte es, sie so halten zu können; es war freilich unmöglich, das zu tun, ohne sich ihrer Weiblichkeit bewußt zu werden.
Doch wiewohl sich sein Körper nach befriedigender Erfüllung sehnte, bedachte Guy, daß Kathryns Stolz in den vergangenen Tagen zu sehr gelitten hatte. Sie war im
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