Geliebter Feind
aus der Mönchszelle zu holen.
Hugh wandte sich an den Earl. „Wollt Ihr nach Ashbury zu-rückkehren?" erkundigte er sich. Er lachte. „Dann könntet Ihr mich gleich in Ausübung meiner ersten Diensthandlung als neuer Burgherr begutachten - nämlich beim Ausrichten Eurer Hochzeitsfeier."
Die Versuchung war groß. Guy hätte nichts lieber getan, als vor Sir Roderick mit seinem gelungenen Schachzug zu prahlen.
Trotzdem kam er zu der Einsicht, daß es Kathryn höchstwahrscheinlich nicht gerade recht wäre, als Kriegsbeute vorgeführt zu werden.
Er legte die Hand auf Hughs Schulter. „Ich danke sehr für das Angebot, doch ich muß es leider ablehnen. Schon zu lange bin ich von Sedgewick fort und kann es nicht erwarten, wieder daheim zu sein." Er zögerte ein wenig. „Ich muß dich um einen Gefallen bitten, mein Freund."
„Ihr braucht es nur zu sagen, Guy."
„Ich möchte, daß jedermann erfährt, daß Kathryn jetzt meine Gattin ist." Er lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. „Sir Roderick könnte das ganz besonders interessant finden."
Die zwei Freunde blickten einander verständnisinnig an.
Die beiden Schwestern traten aus dem Klostergebäude.
Kathryn schien es nicht übermäßig zu verwundern, als der Earl ihr mitteilte, daß sie sofort nach Sedgewick aufbrechen würden.
Ob sie enttäuscht oder erleichtert war, konnte Guy ihr nicht ansehen, oder vielleicht wollte er es auch nicht. Er vermochte seine Gewissensbisse nicht ganz zu verdrängen, als er beobachtete, wie Kathryn und Elizabeth sich voneinander verabschie-deten. Die beiden umarmten sich; Elizabeth lachte und weinte zugleich.
„Ach Kathryn", rief sie, „ich hätte nie gedacht, daß ich diesen Tag einmal erleben würde! Du und der Earl - ein Ehepaar! Ist dir klar, daß du jetzt seine Countess bist?"
Was Kathryn darauf antwortete, konnte er nicht verstehen.
Er sah nur, daß ihr die Tränen kamen. Tränen des Glücks? Trä-
nen der Erleichterung? Oder waren es Tränen der Verzweiflung?
Zweifel schlichen sich in sein Herz.
Er trat zu ihr und nahm ihren Ellbogen. „Wir müssen uns auf den Weg machen, Kathryn. Wir haben eine weite Reise vor uns.
Zu spät merkte er, daß er barscher als beabsichtigt gesprochen i hatte, denn er sah Kathryns verletzten Blick.
Vielleicht war es tatsächlich nicht die beste Art und Weise, ein Eheleben zu beginnen, doch es verhielt sich so, wie er es Hugh gesagt hatte: Er war voller Ungeduld darauf bedacht, nach Sedgewick zurückzukehren.
Ihre Hochzeitsnacht verbrachten die Frischvermählten auf dem harten und kalten Erdboden umgeben von einer kleinen Kriegertruppe, die Guy von Ashbury mitgenommen hatte. Mit diesen Männern wechselte er sich bei der Wache ab, denn es hatte Berichte gegeben über verschiedene Banden Vogelfreier, die in der letzten Zeit Reisende überfielen.
In dem dürftigen Schutz ihres Zelts rollte sich Kathryn frierend unter einem Stapel von Fellen zusammen. Sie fühlte sich elend und sehr, sehr allein. Erst spät in der Nacht kam auch Guy ins Zelt gekrochen. Er legte den Arm um Kathryn, und Minuten später sagte ihr sein tiefes und gleichmäßiges Atmen, daß er eingeschlafen war.
Ihre Gedanken gaben lange keine Ruhe. Wie mochte Guy wohl die Hochzeitsnacht mit Elaine verbracht haben? Elaine war die Braut gewesen, die er geliebt hatte. Und sie, Kathryn war die Braut, die er haßte und verachtete, die Braut, die er überhaupt nicht hatte haben wollen . . .
Als die Reisenden auf Sedgewick eintrafen, war Kathryn restlos erschöpft, und zwar körperlich als auch seelisch.
Einer der Männer war vorausgeritten und hatte die Ankunft angekündigt, so daß sich im Burghof jetzt die Ritter und das Gesinde drängten. Hochrufe erhoben sich, und die Leute sprangen beiseite, um Platz für die Pferde zu machen.
Bei der Treppe zur großen Halle saß Guy ab und hob Kathryn aus dem Sattel. Hand in Hand stieg er mit ihr so rasch die Stufen hinauf, daß sie oben um Luft rang.
Der Earl hob seine und ihre Hand in die Höhe. „Hiermit stelle ich euch allen die Lady de Marche, Countess of Sedgewick vor!"
Das Jubelgeschrei war ohrenbetäubend. Verblüfft über einen solchen Willkomm, mußte Kathryn erst ein wenig, und dann strahlend lächeln. Ehe sie wußte, wie ihr geschah, schlang Guy einen Arm um sie und zog sie zu sich heran.
Fest drückte er sie an seinen starken, harten Körper. Bevor sie sich von ihrer Überraschung erholen konnte, küßte er sie tief, langsam und so erregend, daß
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