Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Stunden später in die große Halle kam, war weder ihr Gatte noch ihr Gast in Sicht. Überhaupt war es ungewöhnlich still im Saal. Sie befragte die erste Magd, die ihr über den Weg lief und erfuhr, daß Sir Roderick heute am frühen Morgen abgereist war.
    „Und der Earl?" erkundigte sie sich. „Ist er hier?" Sie be-fürchtete beinahe, Guy könnte Roderick mit gezogenem Schwert von Sedgewick gejagt haben.
    „Nein, Herrin. Ich hörte, wie er zu Sir Edward sagte, er wolle heute morgen zur Jagd ausreiten."
    Das Mittagsmahl ging ohne den Earl vorüber. Ärgerlich kehrte Kathryn danach in ihr Gemach zurück und beschäftigte sich mit ihrer Näharbeit. Am frühen Nachmittag erschien Guy. Sie ignorierte ihn.
    Er spürte sofort ihre eisige Stimmung; natürlich hatte Kathryn sein Eintreten bemerkt, doch sie hob weder den Blick, noch sagte sie ein einziges Wort. Zu einer anderen Zeit hätte ihn das vielleicht erheitert. Nicht so heute.
    Er trat auf sie zu, zog ihr die Nadelarbeit aus den Händen und warf sie zur Seite. Wütend hob Kathryn den Kopf, preßte die Lippen zusammen und starrte Guy an. Ihre Augen sprühten grünes Feuer.
    „Euer Hochmut ist mir nicht entgangen, Madam. Seid Ihr so ungehalten, weil Euer verwundeter Ritter abgereist ist?"
    Kathryn fand diese Frage so abwegig, daß sie sie nicht mit einer Antwort würdigte. Ihre Verärgerung verhehlte sie allerdings nicht. „Ihr habt Roderick von Sedgewick fortbefohlen, nicht wahr?"
    „Das hätte ich gewiß getan, nur war das gar nicht nötig, denn unser Gast hatte sich heute morgen bereits selbst zum soforti-gen Aufbruch entschlossen."
    „Zweifellos mit Hilfe eines gerüttelten Maßes an Nachdruck von Eurer Seite."
    Guy faßte sie beim Ellbogen und zog sie aus ihrem Sessel hoch. „Seid Ihr so böse, daß Ihr mich einen Lügner nennt, Liebste?"
    Sie bemerkte sehr wohl das gefährliche Glimmen in seinen Augen. „Falls ich böse bin", erklärte sie entschlossen, „dann deswegen, weil Ihr so wenig Mitgefühl gezeigt habt."
    „Mitgefühl? Ha! Wie weit würde Euer nobler Roderick wohl gehen, um mich aus dem Weg zu räumen? Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch erzählte, daß ich selbst nur knapp einem vorzei-tigen Tod entronnen bin?" Er beobachtete sie genau und prü-
    fend, denn ein unschöner Verdacht hatte ihn beschlichen.
    „Was meint Ihr damit?" Bestürzt und verwirrt schaute sie ihn an. „Daß Roderick die Absicht hatte, Euch zu ermorden?"
    „Jedenfalls versuchte jemand gestern im Wald, mein Herz mit einem Pfeil zu durchbohren. In Anbetracht der Tatsache, daß ich in der letzten Zeit keine weiteren Angriffe auf mein Leben zu verzeichnen hatte, wird Euch doch sicherlich verständlich sein, daß ich unwillkürlich an Sir Roderick denken mußte", meinte er spöttisch.
    „Guy, während Ihr und Michael auf der Beiz wart, befand sich Roderick hier. . . "
    „Bei Euch?"
    Zu spät merkte sie, auf welchen Pfad sie sich da begeben hatte. Sie nickte schwach.
    „Das spricht ihn kaum von Schuld frei, Kathryn." Sein Blick wurde mörderisch. „Zweifellos lag Euch an einer diskreten Liaison, fern von neugierigen Augen, die Euch vielleicht hätten beobachten können. . . "
    Es dauerte einen Moment, bis sie die Bedeutung dieser Worte erfaßte, und dann erstarrte sie zu Eis.
    Guy schnaubte verächtlich und wollte dann gehen, doch sie hielt ihn am Arm fest. „Guy, es war nicht so, wie Ihr denkt. Wir haben uns nur unterhalten - über Ashbury und Elizabeth. Das schwöre ich."
    „Sei es, wie es wolle, doch ich frage Euch: Habt Ihr Euch mit ihm gegen mich verschworen?"
    Diese Frage drang ihr wie ein Dolchstich ins Herz. Kathryn wußte ja, daß Guy sie nicht liebte, doch verband ihn tatsächlich so wenig mit ihr, daß er denken konnte, sie würde ihn betrügen?
    Tränen traten ihr in die Augen. „Glaubt Ihr das wirklich?" fragte sie, und ihrer Stimme waren ihre Seelenqualen anzuhören.
    Guy fuhr sich ungehalten mit der Hand durchs Haar. „Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll!" rief er. „Ihr habt mich seit Monaten soweit gebracht, daß ich überhaupt nichts mehr weiß. Und Euer Roderick hat niemals aufgehört, Euch zu begehren, Kathryn."
    „Ich gebe nicht vor, Rodericks Gedanken zu kennen." Mit ihrem Blick flehte sie Guy an, sie doch bitte zu verstehen. Weshalb sah er denn nicht, daß sie nur ihn liebte? Daß sie nie einen anderen Mann geliebt hatte?
    „Ihr seid mein Gemahl", beteuerte sie. „Ich habe mein Ehegelübde vor Gott gesprochen, und ich werde es niemals

Weitere Kostenlose Bücher