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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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einschleichen! „Was denn, edler Herr?" spottete sie. „Fürchtet Ihr Euch etwa vor einem kleinen Schwertkampf?"
    „Bei Gott, Madam", stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Hat Euch Euer Onkel kein Benehmen gelehrt?"
    „Was wer mich gelehrt hat, wißt Ihr leider schon."
    Guy fluchte leise. Eine Weibsperson wie diese war ihm noch nie begegnet; sie brauchte dringend eine starke Hand. Hätte er die Zeit dazu gehabt, wäre es ihm ein Vergnügen gewesen, sie ein wenig Respekt zu lehren. „Ihr weigert Euch also, mir einen Weg zuneigen?"
    Stolz hob sie das Kinn. „Ihr wärt ein Narr, wenn Ihr glaubtet, ich würde Euch helfen, die Burg zu erstürmen. Ashbury ist meine Heimstatt, Sir. Ich werde nicht bei ihrer Zerstörung helfen."
    Ihre verächtliche Gelassenheit war ihm unerträglich. Guy würde anders reagiert haben, hätte er nicht die Furcht in ihrem Blick erkannt. „Ich trachte keineswegs danach, diese Mauern zu stürmen, junge Dame. Ich will nur Euren Onkel."
    Kathryn zögerte. Konnte sie dem Earl trauen? Sie blickte ihn lange forschend an, fand jedoch keine Antwort in seiner Miene.
    In der trüben Dämmerung wirkte er nur dunkel, böse und sehr bedrohlich.
    Nein, ich kann ihm nicht trauen, dachte sie. An Richard lag ihr durchaus nichts, doch was sollte aus den anderen werden?
    Aus Elizabeth, aus der Köchin Aislinn, aus Ralph, dem früheren Vertrauten ihres Vaters, und aus den vielen anderen, die ihrer Familie gedient hatten, bevor Richard gekommen war?
    „Ich kann nicht länger warten." Stahl wurde zischend durch die Luft geschwungen, und eine blanke Dolchklinge blitzte im Mondlicht auf.
    Als der Earl einen Schritt vorwärts machte, erblaßte Kathryn.
    Er lächelte spöttisch, weil sie instinktiv zurückwich. Ein Wink mit seinem Dolch, und die Männer führten Roderick wieder heran. „Was meinst du, Hugh?" fragte er einen der Ritter. „Soll dieser tapfere Krieger heute nacht als erster sein Blut vergießen?" Zu ihrem Entsetzen sah Kathryn, wie er die Klinge an Rodericks Kehle setzte.
    „Es liegt ganz an Euch, Madam, ob Euer Geliebter am Leben bleibt oder stirbt", sagte er, ohne den Blick von Rodericks Gesicht zu wenden.
    Jetzt verstand Kathryn, was Elizabeth empfunden haben mußte, als sie den langsamen, gewaltsamen Tod ihrer Mutter hatte mit ansehen müssen.
    „Nein!" schrie sie. „Nicht! Bitte, tut das nicht!"
    Rodericks Gesicht war zu einer Maske erstarrt. „Hört nicht auf ihn, Kathryn! Ihr wollt doch nicht das Leben derer auf der Burg zerstören!"
    „Noble Worte für jemanden, der seine letzten Atemzüge tut", meinte Guy de Marche spöttisch und blickte dann kurz zu Kathryn hinüber.
    „Ich wiederhole, Madam: An Blutvergießen liegt mir nichts.
    Ich suche keinen Krieg. Ich will nur Euren Onkel."
    Kathryn zitterte. Wie sollte sie sich entscheiden? Wie sollte sie leben, wenn das Blut anderer an ihren Händen klebte? Der Mond trat hinter einer Wolke hervor. Die Dolchklinge drückte sich fester an Rodericks Hals. Ihre Spitze war dunkel von Blut.
    „Es liegt in Eurer Hand", wiederholte der Earl.
    Sie schrak zusammen, als sie eine Hand an ihrem Arm fühlte.
    Kathryn schaute hoch, der Ritter, den der Earl mit Hugh angere-det hatte, stand neben ihr und blickte sie zu ihrem Erstaunen mitfühlend an.
    „Madam", sagte er sanft, „mein Herr hält sich stets an sein Wort. Es ist nicht seine Art, andere Menschen unnötig sterben zu lassen."
    Kathryn schloß die Augen. Sie vertraute dem Wort eines Mannes nicht - keines Mannes. Dennoch blieb ihr keine Wahl.
    „Dann soll er mir sein Wort geben", flüsterte sie. „Er soll einen heiligen Schwur leisten, daß es keinen Mord auf Ashbury geben wird."
    „Kathryn, nein! Vertraut ihm nicht!"
    Sie öffnete die Augen und blickte Roderick an. „Meine Schwester hat unsere Mutter sterben sehen. Ich werde nicht dabeistehen und zuschauen, wie Elizabeth stirbt - oder Ihr, Roderick."
    „Ich gebe Euch also mein Wort", erklärte der Guy de Marche.
    „Euren heiligen Schwur, Sir", verlangte sie mit Nachdruck, obgleich sie den Tränen nahe war. „Ich verlange, daß Ihr schwört."
    Diese Frau hätte als Mann auf die Welt kommen sollen, dachte Guy erbittert, und eine Ewigkeit schien zu vergehen, bevor er wieder sprach.
    „Bei allem, was heilig ist - ich schwöre, hier wird kein Mord geschehen. Und was Richard of Ashbury, Euren Onkel, betrifft, so wird er sich im Gefecht verteidigen können. Mehr verspreche ich nicht."
    Erleichtert atmete Kathryn auf. Ihrer

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