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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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angstvoll gespannt, ob Guy de Marche sie als Freundin oder als Feindin vorstellen würde. Sein Blick war jedenfalls kalt und gnadenlos.
    „Sir Edward, ich darf Euch mit der Nichte des Richard of Ashbury bekannt machen, der Lady Kathryn. Da ich erwarte, die Vormundschaft über sie von König Heinrich übertragen zu erhalten, wird die Dame eine Weile hier bei uns auf Sedgewick bleiben."
    Er hatte so laut gesprochen, daß es jeder hören konnte. Demü-
    tigen und verletzen will er mich, dachte Kathryn, und tatsächlich herrschte nach seinen Worten auch betretenes Schweigen in der großen Halle. Die zuvor neugierigen Blicke verwandelten sich in mißbilligende, ablehnende, und das traf auf die Ritter wie auf das Gesinde gleichermaßen zu.
    Und alles nur deswegen, weil sie Richards Nichte war! Sogar aus dem Grab heraus verfügte ihr Onkel noch über die Macht, ihr zu schaden. Kathryn senkte den Blick. Vor Scham vermochte sie nur auf den mit Binsenstreu bedeckten Boden zu schauen.
    Sie hörte es kaum, daß der Earl eine Magd heranrief.
    „Führe Lady Kathryn zu ihrem Gemach", befahl er.
    Hinter dem Mädchen her stieg Kathryn bedrückt die Treppe hinauf und verbrachte dann den Rest des Abends in ihrem neuen Quartier.
    In dieser Nacht lag sie noch lange wach. Immer wieder sah sie das harte Gesicht des Earls vor sich. Wollte er durch sie seine Rache an Richard of Ashbury doch noch erreichen? Sie dachte an seine dunklen, starken Hände. Es wäre so einfach für ihn. Er brauchte seine Finger ja nur um ihren Hals zu legen . . . oder ein einziger Schlag . . . Er konnte sie umbringen, und sie war dagegen machtlos.
    Sie dachte an Flucht, verwarf den Gedanken freilich gleich wieder; Guy de Marche hatte sie schließlich schon einmal wie-dereingefangen. Ashbury .. . und Elizabeth, die liebe, gute Elizabeth . . . Würde sie sie jemals wiedersehen? Kathryn wünschte, sie könnte jetzt weinen, doch ihr Schmerz und ihre Tränen blieben in ihrem Inneren verschlossen.
    Nur sehr langsam tauchte Kathryn aus den Tiefen ihres Schlummers auf. Irgend etwas ist so anders, dachte sie an der Grenze zwischen Schlaf und Bewußtsein. Wenn sie sonst morgens erwachte, hörte sie den Wind um die Burgtürme pfeifen.
    Und wo war das endlose Rauschen der Brandung?
    Die Erinnerung kehrte zurück, und sofort war Kathryn hell-wach. Sie befand sich nicht in ihrem Bett auf Ashbury; dies hier war Sedgewick. Seufzend drehte sie sich auf die Seite - und schaute in ein Augenpaar, das so strahlend und so blau war wie der Morgenhimmel.
    Diese Augen gehörten zu einem kleinen Engelsgesicht mit seidigen schwarzen Locken, dicken rosa Bäckchen, einer Stupsnase und einem Kinn, das schon jetzt ein wenig arrogant wirkte.
    Kathryn erkannte sofort, wer dieser Knabe war: der Sohn des Earls of Sedgewick.
    Sie zog sich die Felldecke hoch über die Brust, setzte sich im Bett auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Der kleine Junge zeigte keinerlei Scheu, sondern betrachtete sie nur neugierig.
    „Guten Morgen." Lächelnd klopfte sie auf das Bettpolster neben sich. „Komm, setz dich", forderte sie ihn auf.
    Das Kind folgte der Einladung, kletterte aufs Bett, setzte sich mit untergeschlagenen Beinen hin und schaute Kathryn weiterhin stumm an.
    Sie neigte den Kopf zur Seite. „Mein Name ist Kathryn, und wie heißt du?"
    Er schwieg, biß sich auf die Lippe und schien nun doch ein wenig schüchtern.
    „Ja, dann werde ich wohl raten müssen", meinte sie. „Heißt du vielleicht Eugene?"
    Er schüttelte den Kopf.
    „William? Duncan?"
    Wieder schüttelte er den Kopf, doch in seinen Augen tanzte das
    Lachen.
    „Ah, ich weiß. Du heißt Wickham!"
    Jetzt grinste der kleine Bursche belustigt. Dieser Anblick war Arznei für ihr wundes Herz. Sie zählte einen Namen nach dem anderen auf, einer immer lachhafter als der andere, bis der Junge schließlich laut kicherte.
    Daß unterdessen an der Tür geklopft wurde, hörte weder Kathryn noch ihr kleiner Besucher. Einen Moment später wurde die Tür geöffnet.
    „Peter, da bist du ja, du kleiner Spitzbube!"
    Eine junge Dienstmagd mit kastanienbraunem Haar und gro-
    ßen dunklen Augen kam herein und riß den Kleinen vom Bett.
    Kathryn wurde ganz still. Sie hatte plötzlich das Gefühl, eben etwas sehr Ungehöriges getan zu haben.
    „Bitte, vergebt Peters Eindringen, Herrin", sagte das Mädchen rasch. „Und verzeiht mir, daß ich so nachlässig war und ihn so weit habe fortlaufen lassen."
    Kathryn lächelte der Magd zu. „Er hat mich

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